Änderungen des Postgesetzes zum Nachteil der Postkunden: Briefporti werden weiter steigen

Die Entgelte  für die Beförderung von Briefsendungen der marktbeherrschenden Deutsche Post AG (DPAG) unterliegen der sektorspezifischen Regulierung. Dadurch soll eigentlich sichergestellt werden, dass Kunden postalische Dienstleistungen zu wettbewerbsanalogen Preisen in Anspruch nehmen können, die an den Kosten eines effizient arbeitenden Unternehmens orientiert sind.

Der Gesetzgeber weicht diesen Grundsatz nun weiter auf. Im Anschluss an den Deutschen Bundestag hat der Bundesrat einer Änderung postrechtlicher Vorschriften zugestimmt. Damit werden u.a. die entgeltregulatorischen Vorschriften gem. §§ 20, 21 Postgesetz (PostG) sowie § 3 Post-Entgeltregu­lierungsverordnung (PEntgV) teils neu gefasst (Link). Sie geben u.a. die Berechnung der Briefporti für den sog. Standardbrief vor, die gegenwärtig 80 Cent betragen. Die Gesetzesänderung wird am Ende dazu führen, dass die Preise noch weiter steigen.

I. Hintergrund

Der Gesetzesinitiative ging ein Urteil des BVerwG vom 27. Mai 2020 voraus (Az. 6 C 1.19). Der Senat entschied, dass die Entgeltgenehmigung für den Standardbrief 2015 rechtswidrig gewesen ist, weil die Bundesnetzagentur den Gewinnzuschlag der Deutsche Post AG gem. § 3 Abs. 2 Satz 2 PEntgV-2015 insbesondere anhand der Gewinnmargen vergleichbarer europäischer Postunternehmen ermittelt hat. Dadurch wich die Verordnung von dem Effizienzkostenmaßstab ab, wie wir in einem früheren Beitrag aufgezeigt haben. Im Anschluss an das BVerwG hat das Verwaltungsgericht Köln mit Eilrechtsbeschluss vom 4. Januar 2021 entschieden, dass auch die weitere Erhöhung durch die Entgelterhöhung 2019 voraussichtlich rechtswidrig ist (Az. 21 L 2082/20).

II. Änderungen postrechtlicher Vorschriften

Die nun verabschiedete Gesetzesänderung – vorgezogen aus einer geplanten, aber auf unbestimmte Zeit verschobenen PostG-Novelle – soll den Boden bereiten für die anstehende Entscheidung der Bundesnetzagentur über das Briefporto für den Standardbrief ab 2022. Der Gesetzgeber versucht, die gerichtlich festgestellten Verstöße zu beheben, indem er die bisherigen Verordnungsinhalte in das Postgesetz „verschiebt“, d.h. den – wörtlich unveränderten – früheren Verordnungstext mit Gesetzesrang ausstattet. Dem liegt die Auffassung zugrunde, die Entscheidungen der Bundesnetzagentur seien rein aus formalen Gründen aufgehoben worden und bedürften nur einer gesetzlichen anstelle der verordnungsrechtlichen Verankerung.

III. Ausblick

Tatsächlich verstößt die nun in den Gesetzrang erhobene Vergleichsmarktbetrachtung gegen das – materielle – unionsrechtliche Gebot der Kostenorientierung, wie wir in einem Aufsatz (N&R 2021, S. 2 ff.) dargelegt haben. Darin ist insbesondere auch dargelegt, dass sich der Gewinn der DPAG im Briefbereich durch die Vergleichsbetrachtung um ein Vielfaches erhöht hat. Weil der bisherige Rechenweg beibehalten wird, ist auch in Zukunft von einer ungerechtfertigten Steigerung des Briefportos auszugehen. Es ist zu erwarten, dass auf dieser Rechtsgrundlage verabschiedete Entgeltgenehmigungen von nationalen oder europäischen Gerichten beanstandet werden.

Die nun verabschiedete Gesetzesänderung verkehrt die Ziele der Entgeltregulierung in ihr Gegenteil. Statt einer marginalen „Anpassung … zu Gunsten der Verbraucherinnen und Verbraucher“ (laut Pressemitteilung des Bundesministeriums für Wirtschaft, BMWi) handelt es sich um einen erheblichen Eingriff in die Maßstäbe der Entgeltregulierung, die allein den Interessen der DPAG dienen und bevorstehende weitere Portoerhöhungen ermöglichen sollen. Die Änderung wurde nur vorgezogen, um die Genehmigung der nächsten kräftigen Portoerhöhung schon zum 1. Januar 2022 durch die Bundesnetzagentur abzusichern, damit die DPAG im Briefbereich weiterhin Überrenditen zu Lasten der Postkunden – Verbraucher wie Unternehmen – erwirtschaften kann. Dabei sind die Briefporti schon seit 2016 sprunghaft angestiegen.

(8. März 2021)