Bereits seit 1995 verpflichtet das Nachweisgesetz Arbeitgeber*innen zur schriftlichen Information ihrer Arbeitnehmer*innen über wesentliche Arbeitsbedingungen. Das Gesetz wurde wenig beachtet und war ein zahnloser Tiger. Es sah keine ausdrücklichen Sanktionen für Verletzungen der Nachweispflicht vor.
Das ändert sich jetzt grundlegend. Anlass ist die schon am 20. Juni 2019 erlassene EU-Richtlinie 2019/1152 („Arbeitsbedingungenrichtlinie“). Erklärtes Ziel der bis zum 1. August 2022 umzusetzenden Richtlinie ist es unter anderem, die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer*innen durch die Förderung einer transparenteren und vorhersehbareren Beschäftigung zu verbessern. Kurz vor Ablauf der Umsetzungsfrist wartete die Bundesregierung mit einem Gesetzesentwurf auf, dessen Herzstück tiefgreifende Veränderungen des Nachweisgesetzes unter Einschluss der Einführung von Bußgeldern bei einer Verletzung der Nachweispflicht sind.
Die Uhr tickt also. Die entscheidende Abstimmung im Bundestag ist für den 23. Juni 2022 geplant. Kurz zuvor, am 20. Juni 2022, erfolgt noch eine öffentliche Anhörung von Sachverständigen. Tiefgreifende Veränderungen werden jedoch nicht erwartet. Die Stellungnahmen der Sachverständigen werden dieser Tage fortlaufend veröffentlicht. Sie überraschen wenig. Gewerkschaften und gewerkschaftsnahe Sachverständige begrüßen die geplante Regelung und fordern zugleich eine Ausweitung der Informationspflichten und eine Verschärfung der vorgesehenen Sanktionen. Arbeitgeberverbände und wirtschaftsnahe Sachverständige bemängeln die unzureichende Nutzung von Erleichterungen wie etwa des Nachweises in elektronischer Form, der nach der Richtlinie zulässig wäre, sowie allgemein weiteren bürokratischen Aufwand. Letztere müssen sich allerdings – wie so oft – die Frage gefallen lassen, warum grundsätzliche Bedenken erst deutlich formuliert werden, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. Denn der wesentliche Inhalt des Gesetzes ist durch die Arbeitsbedingungenrichtlinie auf europäischer Ebene vorgegeben.
Das Gesetz soll am 1. August 2022 in Kraft treten. Das Wesentliche der geplanten Neuregelung im Überblick:
Warum gibt es unmittelbaren Handlungsbedarf?
Wie bereits angedeutet: Auch bislang besteht nach dem Nachweisgesetz die Verpflichtung der Arbeitsgeber*innen, ihren Arbeitnehmer*innen die wesentlichen Bedingungen ihres Arbeitsverhältnisses schriftlich zusammenzufassen und ihnen diesen Nachweis auszuhändigen. Über etliche Jahre fand diese Verpflichtung in der Praxis jedoch nur stiefmütterliche Beachtung und wurde in den Personalabteilungen weitgehend ignoriert. Warum? Zunächst waren Arbeitgeber*innen allein aus Fragen der Beweislast auch bislang gut beraten, die wichtigsten Vertragsbedingungen in einer beweisgeeigneten Form festzuhalten. Des Weiteren hatte ein Verstoß gegen das alte Nachweisgesetz keine unmittelbaren rechtlichen Konsequenzen. Dies wird sich nun ändern: Werden die Nachweispflichten nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig erfüllt, stellt dies eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße von bis zu 2.000 EUR pro Fall (bzw. Verstoß) geahndet werden kann. Allein dies ist Anlass genug, den geplanten Änderungen die notwendige Aufmerksamkeit zu schenken.
Welche Änderungen im Nachweisgesetz sind derzeit geplant?
Zwar können wir hier bislang nur über den vorliegenden Gesetzesentwurf sprechen, der noch im Gesetzgebungsverfahren steckt. Änderungen auf den letzten Metern sind demnach durchaus möglich. Das Grundgerüst steht aber durch die Vorgaben der Richtlinie. Des Weiteren empfehlen wir, nicht nur den Blick auf die Neuerungen zu richten, sondern diese Gelegenheit zu nutzen, sich mit dem Nachweisgesetz insgesamt – also auch den nicht abgeänderten Passagen – intensiver auseinanderzusetzen. Zu diesem Zwecke haben wir Ihnen hier basierend auf dem aktuellen Gesetzesentwurf eine vergleichende Version des geltenden und des neuen, geplanten Nachweisgesetzes erstellt.
Zu den wichtigsten Änderungen:
- Die bereits bestehenden Nachweispflichten wurden zum Teil abgeändert, zum Teil aber auch durch weitere Nachweispflichten gravierend verschärft. Hervorzuheben im neuen Katalog der von Arbeitgeber*innen schriftlich niederzulegenden wesentlichen Arbeitsbedingungen sind u.a. (zur vollständigen Auflistung siehe die vergleichende Version des Entwurfs des neuen Nachweisgesetzes):
- Die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Vergütung von Überstunden, der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts, die jeweils getrennt anzugeben sind, und deren Fälligkeit sowie die Art der Auszahlung.
- Die vereinbarte Arbeitszeit, vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und Voraussetzungen für Schichtänderungen.
- Sofern vereinbart, die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen.
- Das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses von Arbeitgeber*in und Arbeitnehmer*in einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage.
- Bei Arbeit auf Abruf: Vereinbarung, dass Arbeit entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen ist, Zahl der mindestens zu vergütenden Stunden, Zeitrahmen bestimmt durch Referenztage und Referenzstunden, der für die Erbringung der Arbeitsleistung festgelegt ist, Frist zur Mitteilung des Arbeitsanfalls in Voraus.
- Detaillierte Regelungen zum Auslandseinsatz.
Je nach Arbeitsbedingung sind die entsprechenden Niederschriften den Arbeitnehmer*innen entweder spätestens am ersten Tag der Arbeitsleistung, am siebten Kalendertag oder aber spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses auszuhändigen. Die nicht ordnungsgemäße Erfüllung der Nachweispflicht (nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig) ist zukünftig bußgeldbewehrt.
Was ergibt sich aus den geplanten Änderungen für die Praxis?
Einige der drängendsten Fragen wollen wir in kleinen FAQs für Sie abhandeln:
- Wer ist von dem neuen Nachweisgesetz betroffen?
- Das Gesetz gilt für alle Arbeitgeber*innen, die auch nur einen bzw. eine Arbeitnehmer*in beschäftigen. Die Niederschrift hat also für alle Arbeiter*innen, Angestellten und leitenden Angestellten, egal ob in der Privatwirtschaft oder im öffentlichen Dienst zu erfolgen. Auch Praktikant*innen sind erfasst (je nach Ausgestaltung des Praktikumsverhältnisses, vgl. § 22 Abs. 1 MiLoG oder aber über § 2 Abs. 1a NachwG mit den dort genannten besonderen Nachweispflichten). Die bisherige Privilegierung von Aushilfen (Arbeitsverhältnisse unter einem Monat) soll gestrichen werden, sodass auch diese erfasst sind.
- Aber: wer ist eigentlich Arbeitnehmer*in?
- Das ist eine spannende Frage. Der DGB hat in seiner Stellungnahme vom 14. Juni 2022 bemängelt, dass der Entwurf dies nicht klarstellt. Das geplante neue Nachweisgesetz dient der Umsetzung der Arbeitsbedingungenrichtlinie. Damit ist der unionsrechtliche Arbeitnehmer*innenbegriff maßgebend. Das Gesetz wird in diesem Sinne unionsrechtskonform auszulegen sein. Der unionsrechtliche Arbeitnehmer*innenbegriff ist weiter als der deutsche und umfasst insbesondere Fremdgeschäftsführer*innen einer GmbH, aber z.B. auch Beamte.
- Gibt es Formvorschriften für die Niederschrift der Arbeitsbedingungen?
- Das Gesetz ist hier eindeutig und sieht vor, dass die Nachweispflichten schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und jeweils den Arbeitnehmer*innen auszuhändigen ist. „Schriftlich“ und „unterzeichnen“ bedeutet also die strenge Schriftform des BGB (eigenhändige Unterschrift mit Übergabe des Originaldokuments). Der Nachweis in elektronischer Form ist ausdrücklich ausgeschlossen. Moderne Unterzeichnungsmethoden, die vor allem in der Pandemie an Bedeutung gewonnen haben, wie z.B. DocuSign oder die Übersendung als PDF per E-Mail sind nicht ausreichend, um die Schriftform zu wahren.
- Dieses wenig digitalisierungsfreudige und veraltet anmutende Vorgehen wird zu Recht im Gesetzgebungsverfahren von verschiedenen Stellen kritisiert. Wir hoffen, dass der Gesetzgeber noch den im Erwägungsgrund 24 der EU-Richtlinie vorgesehenen Vorschlag aufgrund des verstärkten Einsatzes von digitalen Kommunikationsmitteln, die Informationen auch auf elektronischem Weg zu übermitteln, berücksichtigt. Für die strenge Schriftform hat sich allerdings der DGB in seiner Stellungnahme ausgesprochen.
- Wann hat die Niederschrift der Arbeitsbedingungen zu erfolgen?
- Hier muss zum einen zwischen den einzelnen Nachweispflichten (vgl. den Katalog des § 2 Abs 1 S. 2 NachwG) selbst und zum anderen zwischen Alt- und Neubeschäftigten differenziert werden.
- Neubeschäftigte (ab dem 1. August 2022; Achtung: Auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses kommt es nach unserer Auffassung nicht an, sondern allein auf die Aufnahme der Tätigkeit.):
- Spätestens am ersten Tag der Arbeitsleistung:
- Informationen nach Nr. 1 (Name und Anschrift der Vertragsparteien), Nr. 7 (Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts und anderer Vergütungsbestandteile, ihre Fälligkeit und Art der Auszahlung, jeweils getrennt darzustellen) und Nr. 8 (vereinbarte Arbeitszeit, Ruhepausen, Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und Voraussetzungen für Schichtänderung)
- Sieben Tage nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses:
- Informationen nach Nr. 2 bis Nr. 6 (Beginn des Arbeitsverhältnisses, bei Befristung Enddatum oder voraussichtliche Dauer des Arbeitsverhältnisses, Arbeitsort, Beschäftigung an unterschiedlichen Orten oder Arbeitsort nach Wahl, Beschreibung der Tätigkeit, vereinbarte Dauer der Probezeit), Nr. 9 (Detailangaben zur Arbeit auf Abruf, die Zahl der mindestens zu vergütenden Arbeitsstunden, Referenztage und Referenzstunden, in denen die Arbeitsleistung festgelegt wird und einzuhaltende Frist für den Abruf der Arbeitsleistung) und Nr. 10 (Möglichkeit zur Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen)
- Spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses:
- Informationen nach Nr. 11 bis Nr. 15 (Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs, Anspruch auf von Arbeitgeber*innen bereitgestellte Fortbildung, Name und Anschrift des Versorgungsträgers bei Zusage einer betrieblichen Altersversorgung, Verfahren bei Kündigungen und Klagefrist, allgemeiner Hinweis auf geltende Tarifverträge, Dienst- oder Betriebsvereinbarungen bzw. kirchliche kollektivrechtliche Regelungen).
- Altbeschäftigte (bereits vor dem 1. August 2022 beschäftigt):
- Nur auf Verlangen der Arbeitnehmer*innen
- Spätestens sieben Tage nach dem Verlangen:
- Informationen nach Nr. 1 bis Nr. 10
- Spätestens nach einem Monat nach dem Verlangen:
- Informationen nach Nr. 11 bis Nr. 15
- Spätestens am ersten Tag der Arbeitsleistung:
- Was ist, wenn sich die wesentlichen Arbeitsbedingungen im laufenden Arbeitsverhältnis ändern?
- Jedwede Änderung der wesentlichen Vertragsbedingungen, ist den Arbeitnehmer*innen spätestens an dem Tag schriftlich mitzuteilen, an dem die Änderung wirksam wird.
- So kann sich also auch bei Altverträgen trotz des fehlenden Verlangens der Arbeitnehmer*innen auf Mitteilung der wesentlichen Arbeitsbedingungen ein akuter Handlungsbedarf (Informationspflicht) ergeben.
- Soweit sich die Änderungen nur daraus ergeben, dass sich das Gesetz oder die anzuwendenden kollektivrechtlichen Bestimmungen geändert haben, gilt die Mitteilungspflicht nicht.
- Wie erfolgt die Niederschrift der Arbeitsbedingungen in der Praxis?
- Je nach gewünschter Ausgestaltung können die geforderten Informationen in den schriftlichen Arbeitsverträgen selbst oder aber in einem separaten, den Arbeitnehmer*innen auszuhändigenden schriftlichen Dokument erfolgen.
- Die Diskussion über den richtigen Weg zur Umsetzung im Sinne eines möglichst sicheren Verfahrens läuft. Dabei könnte sich ein gespaltenes Verfahren durchsetzen. Tarifgebundene Arbeitgeber*innen müssen ohnehin arbeitsvertragliche Bezugnahmeklauseln (möglichst in Form von Gleichstellungsabreden) verwenden. Diese gehören also in die Arbeitsverträge. Andere Nachweispflichten könnten auch sinnvoll durch einen gesonderten und nicht vertraglich bindenden Nachweis erfüllt werden. Für einen gesonderten Nachweis sollten im Unternehmen abgestimmte Muster verwendet werden. Es besteht also Spielraum bei der Form der Umsetzung.
- Bei Altverträgen verursacht die Lösung über die Anpassung des Arbeitsvertrages in Kombination mit dem Schriftlichkeitsgebot des NachwG einen gewaltigen Aufwand. Zudem könnten sich unter Umständen Arbeitnehmer*innen weigern, ihren Vertrag „anzupassen“, wenngleich es sich vielleicht nur um die Verschriftlichung der ohnehin bestehenden Arbeitsbedingungen handelt. Wir empfehlen hier, ein gesondertes schriftliches Dokument zu erstellen, welches den Anforderungen des neuen NachwG genügt und dieses den Bestandsmitarbeiter*innen auf Anfrage binnen sieben Tagen auszuhändigen.
- Ich soll „bei befristeten Arbeitsverhältnissen das Enddatum oder die vorhersehbare Dauer des Arbeitsverhältnisses“ (vgl. Nr. 3) angeben. Was mache ich bei Zweckbefristungen, wenn ich noch kein Enddatum weiß?
- Sofern sich kein konkretes Enddatum eines befristeten Arbeitsvertrages angeben lässt (z.B. bei einer Vertretungsbefristung), ist es nach der Gesetzesbegründung bei zweckbefristeten Arbeitsverträgen, bei denen sich die Dauer aus Art, Zweck oder Beschaffenheit der Arbeitsleistung ergibt, ausreichend, dass eben dieser Zweck angegeben wird. Unabhängig davon empfehlen wir bei Zweckbefristungen die Kombination mit einer datumsmäßig bestimmten Höchstbefristung, die dann ebenfalls anzugeben ist.
- Inwieweit muss ich alle Arbeitnehmer*innen über die geltende Schichtarbeit und besondere Formen der Arbeit im Betrieb informieren (vgl. Nr. 8)?
- Völlig zutreffend weist der Bund der Richterinnen und Richter der Arbeitsgerichtsbarkeit in seiner Stellungnahme vom 16. Juni 2022 darauf hin, dass es ausreichen sollte, die Wochen- oder Monatsarbeitszeit anzugeben sowie ferner, ob in Schichtarbeit gearbeitet wird bzw. ob besondere Arbeitszeitformen wie Rufbereitschaft oder Bereitschaftsarbeit anfallen. Soweit aber Schichtarbeit vereinbart ist, haben sich die Informationen auf das geltende Schichtsystem (z.B. Früh- und Spätschicht, 3- oder Mehr-Schichtsystem) den Schichtrhythmus (z.B. vorwärts rollierende Schichtblöcke) und gegebenenfalls die die Voraussetzungen für Schichtänderungen zu beziehen. Über individuelle Schichtänderungen innerhalb des vereinbarten Schichtsystems muss dann nicht mehr informiert werden. Entsprechendes gilt für Rufbereitschaft und Bereitschaftsarbeit.
- Wie soll ich die Arbeitnehmer*innen über von mir bereitgestellte Fortbildung informieren (vgl. Nr. 12)?
- Einen allgemeinen gesetzlichen Anspruch auf Weiter- bzw. Fortbildung für Arbeitnehmer*innen gibt es nicht. Dies darf auch nicht mit dem Freistellungsanspruch für Bildungsurlaub (vgl. z.B. Berliner Bildungszeitgesetz) verwechselt werden. Ansprüche auf von Arbeitgeber*innen bereitgestellte Fortbildungen über die informiert werden muss, können sich aus individual- oder kollektivvertraglicher Vereinbarung (Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag) oder aus dem Gesetz (z.B. betriebliche Übung) ergeben. In Sonderfällen gibt es gesetzliche Fortbildungspflichten (z.B. bei Ärzt*innen und Fachanwält*innen).
- Wie soll ich die Arbeitnehmer*innen über das bei der „Kündigung des Arbeitsverhältnisses von Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltende Verfahren“ (vgl. Nr. 14) informieren?
- Kein Punkt bereitet der Praxis derzeit mehr Kopfzerbrechen. Das bei einer Kündigung einzuhaltende Verfahren lässt sich insbesondere vorab weder rechtssicher noch abschließend darstellen. Von der Anhörung eines Betriebsrats oder einer Schwerbehindertenvertretung bis hin zur Massenentlassungsanzeige – die denkbaren Verfahrensschritte im Rahmen einer Kündigung sind mannigfaltig.
- Bis zur endgültigen Klärung über hier vom Gesetz geforderte Informationen halten wir es für vertretbar, es lediglich bei den Mindestanforderungen laut Gesetzesentwurf zu belassen. Dies sieht auch der Bund der Richterinnen und Richter der Arbeitsgerichtsbarkeit in seiner sachverständigen Stellungnahme vom 16. Juni 2022 so. Anzugeben ist danach das Schriftformerfordernis der Kündigung, die Fristen für die Kündigung (soweit sich diese nach den gesetzlichen Regelungen richten, ist hier nach § 2 Abs. 4 S. 2 NachwG-E ein Verweis auf das Gesetz möglich), bei vereinbarter Probezeit die verkürzten Kündigungsfristen sowie die dreiwöchige Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage.
- Da auch die nicht richtige oder nicht vollständige Information über die wesentlichen Arbeitsbedingungen einen Ordnungswidrigkeitstatbestand darstellt, bedarf die Umsetzung der geplanten gesetzlichen Neuregelung besonderer Sorgfalt.
- Beruhigend ist, dass ein Verstoß gegen § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 14 NachwG-E wenigstens keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Kündigung hat.
Sollten sich im Gesetzgebungsverfahren noch Änderungen ergeben, werden wir Sie an dieser Stelle zeitnah hierüber informieren. Unabhängig davon empfehlen wir, bereits jetzt die Umsetzung der zu erwartenden Regelungen vorzubereiten. Welchen Anpassungsbedarf es für Arbeitgeber wirklich gibt und welche Form der Erfüllung der Nachweispflicht gewählt wird, lässt sich abschließend nur bei einer genauen Betrachtung der bislang im Betrieb geltenden Vertragsgestaltung beurteilen.
Über weitere geplante Gesetzesänderungen, wie bspw. des Teilzeit- und Befristungsgesetzes im Hinblick auf die Probezeit, werden wir noch einmal gesondert informieren, wenn das Gesetz tatsächlich verabschiedet worden ist.
(16. Juni 2022)