Reform der HOAI zum 1. Januar 2021

Zum 1. Januar 2021 ist die neue Fassung der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure („HOAI“) in Kraft getreten. Den Volltext der neuen Verordnung finden Sie hier.

Hintergrund der Reform ist das Urteil des Europäischen Gerichtshofs („EuGH“) vom 4. Juli 2020 in der Rechtssache C-377/17. Dort hatte der EuGH entschieden, dass die Mindest- und Höchstsätze der HOAI nicht mit dem Europarecht vereinbar sind; wir haben seinerzeit darüber berichtet. Die neue Fassung der HOAI behebt den Verstoß gegen das Europarecht, indem die vormals verbindlichen Mindest- und Höchstsätze ersatzlos gestrichen werden. Das findet auch in der Terminologie der Verordnung Ausdruck: Anstelle des früheren (verbindlichen) Mindestsatzes ist dort nunmehr von dem (nicht verbindlichen) „Basishonorar“ die Rede. Fortan kann das Honorar für die der HOAI unterfallenden Leistungen also frei vereinbart werden; eine (gerichtliche) Preiskontrolle findet nicht mehr statt. Die nach altem Recht oft aufgeworfene Frage, ob eine Honorarvereinbarung etwa unwirksam ist, weil sie die Mindestsätze unterschreitet – mit allen Detailproblemen, die sich bei der richtigen Berechnung des Mindestsatzes auch noch ergaben –, stellt sich also nicht mehr. Allerdings: Handelt es sich bei dem Auftraggeber um einen Verbraucher, muss der Architekt ihn darauf hinweisen, dass Honorare über- und unterhalb des Basishonorars vereinbart werden können. Weist der Architekt darauf nicht oder nicht rechtzeitig hin, gilt das Basishonorar als vereinbart.

Darüber hinaus unterliegt die Honorarvereinbarung auch weiterhin einer formellen Wirksamkeitsvoraussetzung, die allerdings vereinfacht worden ist. Anders als früher kommt es nicht mehr auf die Schriftform (d.h. eine eigenhändig unterschriebene Erklärung) an, sondern es genügt die sog. Textform. Dafür reicht jede lesbare Erklärung, die die Person des Erklärenden nennt und auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben wird. Anders als bisher können Honorarvereinbarungen nunmehr also z.B. per E-Mail, Fax oder sogar SMS getroffen werden. Wenn es auch daran fehlt, bleibt es bei der formellen Unwirksamkeit der Honorarvereinbarung; es gilt dann das nach den Honorarparametern der HOAI zu ermittelnde Honorar.

Neben der Abschaffung der verbindlichen Höchst- und Mindestsätze enthält die Reform der HOAI aber auch einige weiterer Änderungen. Insbesondere entfallen die besonderen Regelungen zur Fälligkeit des Honorars und zum Anspruch auf Abschlagszahlungen. Insofern verweist die HOAI nunmehr auf § 650g Abs. 4 BGB bzw. § 632a BGB. Diese Vorschriften entsprechen weitestgehend den Regelungen der früheren HOAI; grundlegende Änderungen gibt es insofern nicht, allenfalls im Detail: Zum Beispiel begründet § 650g Abs. 4 Satz 3 BGB jetzt eine gesetzliche Vermutung, eine Schlussrechnung sei prüffähig, wenn der Auftraggeber nicht innerhalb von 30 Tagen begründet widerspricht. Eine entsprechende Regelung kannte die HOAI 2013 nicht, die Rechtsprechung hatte eine Zweimonatsfrist eingeführt.

Die neue Fassung der HOAI gilt für Verträge, die ab dem 1. Januar 2021 geschlossen werden. Für vorher abgeschlossene Verträge gilt weiterhin die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses jeweils geltende Fassung des HOAI. Deshalb stellt sich auch nach wie vor die Frage, ob für solche „Alt“-Verträge trotz des o.g. Urteils des EuGH vom 4. Juli 2019 weiterhin die verbindlichen Höchst- und Mindestsätze anzuwenden sind, vgl. dazu unsere Stellungnahme hier.

(22. Januar 2021)