Auswirkungen der Covid-19-Pandemie für Verwertungs­gesellschaften

Die kollektive Rechtewahrnehmung durch Verwertungsgesellschaften steht vor großen Herausforderungen durch die Covid-19-Pandemie. Die Berechtigten sind auf Liquidität angewiesen. Gleichzeitig können viele Nutzungen (z.B. Konzerte) nicht mehr stattfinden, was zu einem Wegfall wichtiger Einnahmen führt. Mitgliederversammlungen der Verwertungsgesellschaften müssen verschoben werden, was vereinsrechtliche Fragen aufwirft.

1. Live-Streams statt Live-Konzerte

Da Live-Konzerte und sonstige Veranstaltungen auf absehbare Zeit nicht stattfinden werden, verlagern sich Nutzungen ins Internet. Hier stellt sich die Frage, wie mit kostenlosen Online-Streaming Angeboten von GEMA-pflichtigem Repertoire umzugehen ist. Die GEMA weist hierfür auf folgendes hin: Bei bestehenden Pauschal- oder Einzellizenzverträgen gilt der Live-Stream auch auf Social-Media-Kanälen als Ersatz der Veranstaltung gilt, so dass er bereits von der Lizenz abgedeckt ist. Für sonstige Nutzungen ist ggf. ein eigener Lizenzvertrag abzuschließen.

2. Jährliche Mitgliederversammlungen

Verwertungsgesellschaften haben jährlich eine Mitgliederversammlung einzuberufen. Angesichts der geltenden Versammlungsverbote durch die Länder (in Berlin etwa durch die Verordnung zur Eindämmung des Coronavirus in Berlin) ist das Abhalten einer Mitgliederversammlung zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich. Damit stellt sich die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt die Verwertungsgesellschaft ihre Mitgliederversammlung noch abhalten kann, wenn die Satzung hierfür einen bestimmten Zeitraum vorsieht, und ob es möglich ist, die Mitgliederversammlung rein virtuell abzuhalten.

Das am 25. März 2020 verabschiedete Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht sieht eine in diesem Zusammenhang relevante Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen vor. Das darin enthaltene „Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie“ trifft, vorläufig befristet bis zum Ende des Jahres 2020, neue Regeln für die Mitgliederversammlung von Vereinen vor:

  • Vereine sollen danach Mitgliederversammlungen unabhängig von der Satzung rein virtuell abhalten können. Nach dem Gesetz soll der Vorstand den Mitgliedern insbesondere ermöglichen können, an der Mitgliederversammlung ohne Anwesenheit am Versammlungsort teilzunehmen und Mitgliederrechte im Wege der elektronischen Kommunikation auszuüben.
  • Der Entwurf erleichtert zudem die Beschlussfassung außerhalb der Mitgliederversammlung erheblich. So soll ohne Einberufen einer Mitgliederversammlung ein Beschluss der Mitglieder gültig sein, wenn alle Mitglieder beteiligt wurden, bis zu dem vom Verein gesetzten Termin mindestens die Hälfte der Mitglieder ihre Stimmen in Textform abgegeben haben und der Beschluss mit der erforderlichen Mehrheit gefasst wurde. Zuvor war ein solcher Beschluss nur bei schriftlicher Zustimmung aller Mitglieder möglich, so dass schon die Enthaltung eines einzelnen Mitglieds dessen Zustandekommen verhinderte – eine faktisch beinahe unüberwindbare Hürde.

Es bleibt abzuwarten, ob und inwieweit Verwertungsgesellschaften von diesen neuen Regelungen Gebrauch machen wollen und ob sie sich als praktisch gangbare Option darstellen.

3. Hilfe für Mitglieder und Berechtigte

Ein Teil der Verwertungsgesellschaften hat bereits Hilfe für ihre Berechtigten angekündigt. Diese stehen als Musiker, Künstler, Fotografen etc. unter großem wirtschaftlichem Druck, da infolge der Covid-19-Pandemie ein Großteil der Einnahmen wegbrechen wird. So sind Live-Konzerte bundesweit untersagt, Galerien und Museen sind weitgehend geschlossen etc. (siehe insofern auch unseren Beitrag zu „Covid-19 und die Künste – Absage von Veranstaltungen und Nothilfen für Künstler“).

Die Verwertungsgesellschaften versuchen, diesen Druck im Rahmen ihrer Möglichkeiten durch Hilfsmaßnahmen abzufedern:

  • So hat die VG Bild-Kunst angekündigt, in den nächsten Tagen eine Sonderausschüttung an über 30.000 Mitglieder über EUR 11 Mio. anzuweisen.
  • Die GEMA hat auf ihrer Internetseite ein bis zu 40 Millionen Euro starkes Nothilfe-Programm für Mitglieder angekündigt.
  • Die VG Wort verweist aus aktuellem Anlass auf ihren Sozialfonds für in Not geratene Autoren.
  • Die GVL hat für Berechtigte ebenfalls ein Nothilfe-Programm aufgelegt, das für einzelne Mitglieder Einmalzahlungen in Höhe von 250 Euro vorsieht.

4. Erleichterungen für Nutzer

Auch Nutzern kommen die Verwertungsgesellschaften entgegen. So hat die GEMA angekündigt, Verträge mit Lizenznehmern, die von angeordneten Schließungen betroffen sind, ruhen zu lassen. Während dieses Zeitraums sollen also die GEMA-Vergütungen entfallen. Auch Veranstaltern will die GEMA nach eigener Auskunft bei Absage der Veranstaltungen entgegenkommen.

(26. März 2020)