BVerfG: Weitergabe einer unverpixelten Bildaufnahme an eine Presseredaktion ist straffrei möglich

Die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat mit dem am 8. Juli 2020 veröffentlichten Beschluss einer Verfassungsbeschwerde wegen Verletzung der Pressefreiheit stattgegeben, die sich gegen eine strafrechtliche Verurteilung wegen unbefugten Verbreitens eines Personenbildnisses richtet (Az. 1 BvR 1716/17).

Die Fotoaufnahme war ohne ausreichende Verpixelung von der BILD-Zeitung veröffentlicht worden. Die Strafgerichte verurteilten den Beschwerdeführer daraufhin wegen unbefugten Verbreitens eines Bildnisses gemäß §§ 33, 22 f. KunstUrhG zu einer Geldstrafe. Zwar handele es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte. Eine befugte Verwendung oder Verbreitung des Bildnisses hätte jedoch eine weitergehende Verfremdung und Unkenntlichmachung vorausgesetzt, zumal von der Veröffentlichung in Anbetracht der Darstellungsweise und der hohen Auflagenzahl eine besondere Prangerwirkung ausgegangen sei.

Die Kammer stellte klar, dass es Pressefotografen und Journalisten möglich sein muss, ohne Furcht vor Strafe unverpixeltes Bildmaterial an Redaktionen zu liefern. Eine strafrechtliche Verantwortlichkeit für Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch eine spätere Veröffentlichung besteht auch dann nicht, wenn die Zulieferer die Veröffentlichung aktiv anstreben. Anderes kann nur gelten, wenn im Zuge der Weitergabe Umstände verschwiegen werden, die für die von den Redaktionen zu verantwortende Entscheidung über eine Unkenntlichmachung erheblich sind.

Die vollständige Pressemitteilung des BVerfG finden Sie unter www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2020/bvg20-057.html

Berater Beschwerdeführer:
Dr. Simone Kämpfer (Freshfields, Strafrecht), Christoph Lepper (tdwe Rechtsanwälte, Strafrecht),  Prof. Dr. Jan Hegemann (Raue, Presse- und Äußerungsrecht)

(9. Juli 2020)