Am 8. September 2022 hat die Kanzlei Raue das nunmehr fünfte Verfahren zum Abstammungsrecht vor das Bundesverfassungsgericht gebracht.
Das Verfahren betrifft die rechtliche Eltern-Kind-Zuordnung in queeren Familienkonstellationen. Zwei miteinander verheiratete Frauen hatten mittels einer privaten Samenspende ein gemeinsames Kind bekommen. Anders als bei einem heterosexuellen Paar wurde die Ehefrau der gebärenden Mutter jedoch nicht automatisch als zweiter rechtlicher Elternteil des Kindes zugeordnet. So gilt das eheliche geborene Kind bis heute als Kind einer Alleinerziehenden. Der Antrag, mit dem die Familie die Elternschaft der Mit-Mutter gerichtlich feststellen lassen wollte, blieb durch alle Instanzen hinweg erfolglos.
Die Verfassungsbeschwerde hat Rechtsanwältin Lucy Chebout in Zusammenarbeit mit der Familienrechtsprofessorin Dr. Anne Sanders, M.Jur. (Oxford) und der Verfassungsrechtsexpertin Dr. Dana-Sophia Valentiner verfasst. Sie soll zur grundsätzlichen Klärung beitragen, dass die aktuellen Regelungen im Abstammungsrecht verfassungswidrig sind, weil sie unter anderem das Grundrecht des Kindes auf staatliche Gewährleistung elterlicher Pflege und Erziehung sowie die Grundrechte des Kindes und seiner beiden Mütter auf Gleichbehandlung verletzen.
In vier Verfahren, die die Kanzlei Raue vertritt, sind Familiengerichte von der Verfassungswidrigkeit des geltenden Abstammungsrechts überzeugt. Sie haben die Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht konkrete Normenkontrollanträge vorgelegt (vgl. KG, Beschluss vom 24. März 2021 – 3 UF 1122/20; OLG Celle, Beschluss vom 24. März 2021 – 21 UF 146/20; AG Brandenburg an der Havel, Beschluss vom 27. September 2021 – 41 F 132/21 und AG München, Beschluss vom 11. November 2021 – 542 F 6701/21).
(12. September 2022)