Digitale urheberrechtlich geschützte Inhalte fortan EU-weit verfügbar

Eine weitere EU-Verordnung gegen Geoblocking

Am 1. April 2018 ist eine weitere EU-Verordnung gegen Geoblocking in Kraft getreten. Fortan können Abonnenten kostenpflichtige Online-Inhalte wie E-Books, Musik, Filme und Videospiele auch bei einem vorübergehenden Aufenthalt in einem anderen Mitgliedsstaat ohne Zahlung eines zusätzlichen Entgeltes abrufen (den vollständigen Verordnungstext finden Sie hier).   Die EU reagiert damit auf den Wunsch von Verbrauchern, die neuen Technologien auch grenzüberschreitend nutzen zu können.

Bereits im Februar 2018 endete das Gesetzgebungsverfahren über einen Verordnungsentwurf zum Verbot des Geoblockings bezüglich von Waren und Dienstleistungen im E-Commerce-Handel (Raue berichtete hier). Von dem Anwendungsbereich dieser Verordnung waren digitale urheberrechtlich geschützte Inhalte ausdrücklich ausgenommen. Die neue Verordnung schließt damit eine Lücke im EU-Feldzug gegen Geoblocking.

Wem nützt die neue Verordnung?

In der EU wohnhafte Verbraucher können dank der Verordnung auch bei einem vorübergehend Aufenthalt in einem anderen Mitgliedsstaat auf ihre abonnierten Filme, Sportveranstaltungen, E-Bücher etc. zugreifen, ohne hierfür ein Aufgeld zahlen zu müssen. In den Genuss der Verordnung kommen damit nur diejenigen Abonnenten, die die digitalen Inhalte zu privaten Zwecken nutzen möchten. Unter einem nur „vorübergehenden Aufenthalt“ sind vor allem Urlaubs- und Geschäftsreisen sowie das tägliche Pendeln zum Arbeitsort in einem anderen Mitgliedsstaat gemeint.

Auch die Anbieter digitaler urheberrechtlich geschützter Inhalte profitieren von der Verordnung. Sie können ihren Abonnenten die Inhalte EU-weit anbieten, ohne dafür Lizenzen für die anderen Gebiete einholen zu müssen.

Was müssen Anbieter digitaler Inhalte beachten?

Die Verordnung richtet sich primär an Anbieter kostenpflichtiger digitaler urheberrechtlich geschützter Inhalte.

Diese sind verpflichtet, einem Abonnenten die gleichen digitalen Inhalte im EU-Ausland zur Verfügung zu stellen, die der Abonnent auch im seinem Wohnsitzmitgliedsstaat abrufen kann. Hierfür dürfen sie kein zusätzliches Entgelt verlangen. Ihnen steht es frei, weitere digitale Inhalte, die bislang nur im EU-Ausland verfügbar sind, für den Abonnenten zusätzlich mit oder gegen Aufpreis bereitzustellen.

Die Anbieter sind verpflichtet, den Wohnsitzmitgliedsstaat des Abonnenten bei Vertragsschluss bzw. Vertragsverlängerung zu überprüfen. Dazu dürfen sie höchstens zwei der in der Verordnung erschöpfend aufgeführten Überprüfungsmittel wie etwa Personalausweis, Zahlungsangaben, Wählerliste und Entrichtung von Rundfunkgebühren verwenden. Die so erlangten Daten müssen sie im Einklang mit der ab dem 25. Mai 2018 geltenden EU-Datenschutz-Grundverordnung verwahren. Der Wohnsitz bereits bestehender Abonnenten muss von den Anbietern bis zum Stichtag des 21. Mai 2018 überprüft werden.

Die Verordnung selbst sieht keine Sanktionen im Falle eines Verstoßes gegen die neuen Regelungen vor. In Betracht kommen jedoch nationalrechtliche Sanktionsmechanismen, wie Abmahnungen durch Verbraucherverbände oder Wettbewerber.

Für Anbieter, die ihre Inhalte gratis zur Verfügung stellen, gelten die Vorgaben der Verordnung nicht zwingend. Sie können sich freiwillig den Regeln der Verordnung unterwerfen. Erst dann gelten für sie im Wesentlichen die gleichen Regeln wie für Anbieter kostenpflichtiger Inhalte. Die Entscheidung für eine Anwendbarkeit der Verordnung müssen die Anbieter den Abonnenten mitteilen, bevor sie ihnen ihre Inhalte bereitstellen.

Was ist Urhebern und Inhabern verwandter Schutzrechte zu empfehlen?

Rechteinhaber können sich nicht auf Vertragsbestimmungen mit den Anbietern digitaler Inhalte berufen, die der Verordnung zuwiderlaufen, wie etwa Bestimmungen, die die Bereitstellung der Inhalte auf einen Mitgliedsstaat beschränken oder zeitlich limitieren. Diese Bestimmungen sind fortan nicht mehr durchsetzbar. Rechteinhabern bleibt damit nur die Möglichkeit, beim Abschluss von Neuverträgen die nunmehr EU-weite Verfügbarkeit ihrer Inhalte lizenzgebührerhöhend zu berücksichtigen. Sie können ferner bestimmen, dass ihre Inhalte auch ohne vorherige Überprüfung des Wohnsitzes der Abonnenten EU-weit abrufbar sein können.

(5. April 2018)