Das am 15. Mai 2024 in Kraft getretene „Solarpaket 1“ hat verschiedene Gesetzesänderungen zur Förderung der Solartechnologie in Deutschland mit sich gebracht. Neuerungen ergaben sich dabei auch bei der dezentralen Stromversorgung von Mehrparteienhäusern durch angeschlossene Photovoltaik-Anlagen („PV-Anlagen“). Neben einer Ausweitung des sog. Mieterstrommodells hat der Gesetzgeber die „Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung“ nach § 42b Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) geregelt. Es handelt sich um ein neues Versorgungsmodell, das eine bürokratiearme, gemeinsame Versorgung der Bewohner von Mehrparteienhäusern durch vor Ort erzeugten Strom gewährleisten soll.
„Gebäudestromanlage“
Zu diesem Zweck wird der neue gesetzliche Begriff der „Gebäudestromanlage“ eingeführt (§ 3 Nr. 20b EnWG). Hiermit ist eine PV-Anlage gemeint, die in, an oder auf einem Gebäude oder Nebenanlage installiert ist und deren erzeugter Strom von Bewohnern dieses Gebäudes auf Grundlage eines sog. Gebäudestromnutzungsvertrags nach § 42b Abs. 1 EnWG hinter dem Netzverknüpfungspunkt verbraucht wird. Die konkrete Nutzung des Gebäudes (Gewerbe- oder Wohnimmobilie) spielt ebenso wie bei der reformierten Mieterstromversorgung keine Rolle, jedoch muss der Stromverbrauch anders als beim Mieterstrom im selben Gebäude oder einer Nebenanlage erfolgen.
Keine Vollversorgungspflicht und Befreiung von Lieferantenpflichten
Der Hauptunterschied zum Mieterstrommodell besteht darin, dass der Anlagenbetreiber keine Vollversorgung der Bewohner sicherstellen muss (§ 42b Abs. 3 Satz 1 EnWG). Der Gebäudestromnutzungsvertrag bezieht sich nur auf den vor Ort erzeugten Strom. Dieser wird anhand eines vertraglich festzulegenden Verteilungsschlüssels auf die Bewohner aufgeteilt, was eine viertelstündliche Messung der Strombezugsmengen für jeden Letztverbraucher voraussetzt. Den zusätzlich nötigen Strombezug hat jeder Bewohner selbst sicherzustellen (z.B. durch Stromlieferverträge mit herkömmlichen Anbietern). Im Gegenzug wird der Anlagenbetreiber von wesentlichen Lieferantenpflichten der §§ 40 ff. EnWG freigestellt (§ 42b Abs. 4 Nr. 1 und 2 EnWG). Hierin liegt die Hauptvereinfachung durch das Modell. Allerdings kann für den lokal erzeugten und verbrauchten Strom im Gegensatz zum Mieterstrom keine staatliche Förderung in Anspruch genommen werden (§ 42b Abs. 1 Satz 2 EnWG). Lediglich für den in das Netz eingespeisten Überschussanteil kann je nach Vermarktungsmodell eine Einspeisevergütung oder Marktprämie geltend gemacht werden.
Verbraucher- bzw. Mieterschutz auch bei der Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung
Im Übrigen ähnelt die Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung dem Mieterstrommodell. Vor allem gelten wesentliche Verbraucher- bzw. Mieterschutzregelungen aus der Mieterstromversorgung auch bei der Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung (§ 42b Abs. 4 Nr. 3 EnWG). Konkret handelt es sich um das Recht auf freie Lieferantenwahl durch ein grundsätzliches Kopplungsverbot des Gebäudestromnutzungsvertrags mit einem Mietvertrag über Wohnräume und Vorgaben zu Vertragslaufzeit sowie Kündigungsfristen.
Sonderregelung für Wohnungseigentümergemeinschaften
Sondervorschriften gelten bei Wohnungseigentümergemeinschaften, die die Gebäudestromanlage selbst betreiben wollen. Hier sieht § 42b Abs. 6 EnWG vor, dass der ansonsten obligatorische Abschluss eines Gebäudestromnutzungsvertrages durch einen Beschluss nach dem Wohnungseigentumsgesetz ersetzt werden kann. Änderungen in der Sache, insbesondere hinsichtlich der Mieterschutzvorschriften, ergeben sich hierdurch jedoch nicht.
(19. Juli 2024)