Update Wasserstoff: EEG-Umlagebefreiung und Eckpunkte zur Netzregulierung

Mit der Nationalen Wasserstoffstrategie (NWS) der Bundesregierung ist der Markthochlauf von Wasserstoff bereits beschlossene Sache. Nun nimmt auch der begleitende energiewirtschaftliche Rechts- und Regulierungsrahmen Konturen an. Das novellierte EEG 2021 bringt die erwartete Befreiung Grünen Wasserstoffs von der EEG-Umlage und weitere Kostenerleichterungen mit sich. Erste Antworten auf die drängende Frage nach der passenden Regulierung von Wasserstoffnetzen liefert der Eckpunkte-Entwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) zur „Übergangsregulierung für Wasserstoffnetze“.

Umlagebefreiung für Grünen Wasserstoff und weitere Privilegierungen im EEG 2021

Für die Wirtschaftlichkeit der Wasserstofferzeugung war die Kostenlast durch staatliche Umlagen ein zentraler Hemmschuh. Das zum 1. Januar 2021 in Kraft getretene novellierte EEG 2021 sieht zur Abmilderung finanzieller Belastungen mehrere Privilegierungen vor.

Zunächst gilt für die Herstellung Grünen Wasserstoffs eine Vollbefreiung von der EEG-Umlage. Nach § 69b Abs. 1 Satz 1 EEG 2021 reduziert sich die EEG-Umlage für Strom, der von einem Unternehmen zur Herstellung von Grünem Wasserstoff unabhängig von dessen Verwendungszweck verbraucht wird, auf null. In den Genuss einer vollständigen Umlagebefreiung kommt aber nur „Grüner“, d.h. ausschließlich aus erneuerbaren Energien erzeugter Wasserstoff. Zur Regelung der Mindestanforderungen an die Herstellung Grünen Wasserstoffs sieht § 93 EEG 2021 eine gesonderte Verordnungsermächtigung vor. Nach § 69b Abs. 2 EEG 2021 findet die Umlagebefreiung erst nach Erlass dieser Verordnung und nur auf vor dem 1. Januar 2030 in Betrieb genommene Anlagen Anwendung.

Ein weiteres zentrales Ziel der NWS ist der Aufbau einer international führenden und wettbewerbsfähigen nationalen Wasserstoffwirtschaft. Zu diesem Zweck sieht § 64a Abs. 2 Nr. 1 EEG 2021 als weitere Privilegierung eine Ergänzung der Besonderen Ausgleichsregelung vor. Für stromkostenintensive Unternehmen wird die EEG-Umlage auf Antrag auf 15 Prozent begrenzt, sofern die elektrochemische Herstellung des Wasserstoffs den größten Beitrag zur gesamten Wertschöpfung des Unternehmens ausmacht. Im Gegensatz zur vollständigen Umlagebefreiung ist diese industriepolitisch motivierte Umlagereduzierung nicht auf die Herstellung Grünen Wasserstoffs begrenzt. Eine gleichzeitige Inanspruchnahme beider Privilegierungen (Vollbefreiung und Reduzierung) schließt der Gesetzgeber explizit aus (vgl. § 69b Abs. 1 Satz 2 EEG 2021). Den Unternehmen steht insoweit ein kalenderjährliches Wahlrecht zu.

Die Privilegierungen der EEG-Novelle beschränken sich keineswegs auf die EEG-Umlage. Parallele Tatbestände zur Umlagereduzierung bzw. -befreiung enthalten die §§ 27 Abs. 1, 27d KWKG 2021 für die KWK-Umlage. Über den Verweis in § 17f Abs. 5 Satz 2 EnWG erfasst die Reduzierung auch die Offshore-Netzumlage.

Eckpunkte einer „Übergangsregulierung für Wasserstoffnetze“ im EnWG

Nachdem die Bundesnetzagentur (BNetzA) mit einer Marktkonsultation die Suche nach der passenden Regulierung für Wasserstoffnetze eröffnet hatte, hat sich nun auch das BMWi positioniert. In seinem Entwurf eines Eckpunkte-Papiers spricht sich das BMWi für eine Übergangsregelung bis zur Umsetzung künftiger EU-Richtlinien für Gas bzw. Wasserstoff aus. Der bloßen Ausweitung des EnWG-Gasbegriffes auf Wasserstoff erteilt das BMWi eine klare Absage. Auch eine Querfinanzierung der Wasserstoffinfrastruktur über die allgemeinen Netzentgelte für Gas lasse das Unionsrecht nach derzeitigem Stand nicht zu.

Stattdessen sollen Wasserstoffnetze übergangsweise einer eigenständigen Regulierung unterworfen werden und das „Wasserstoffnetz“ als Netz der allgemeinen Versorgung eine eigenständige Begriffsdefinition im Katalog des § 3 EnWG erhalten. Eine Differenzierung zwischen Fernleitungs- und Verteilnetzbetreibern ist nicht vorgesehen. Betriebsnotwendige (Wasserstoff-)Speicher werden wie (Wasserstoff-)Netze behandelt.

Jedoch sollen die Betreiber von reinen Wasserstoffleitungen in einer Übergangsphase selbst darüber entscheiden dürfen, ob sie sich einer übergangsweisen Netzregulierung nach dem EnWG unterwerfen wollen (Opt-in-Regelung). Diese freiwillige Opt-in-Regelung lässt eine Bestandsschutzregelung für bestehende private Wasserstoffnetze obsolet werden. An einen solchen Opt-in knüpfen weitere Rechtsfolgen an:

  • Grundsätzliche Finanzierung der Netzinfrastruktur durch die Wasserstoffnetznutzer und flankierend durch öffentliche Zuschüsse;
  • Trennung von Netzbetrieb und Erzeugung durch Entflechtungs-Vorgaben (vgl. §§ 6 ff. EnWG), d.h. dass Betreiber von Wasserstoffnetzen nicht an Anlagen oder Prozessen der Wasserstofferzeugung bzw. Speicherung beteiligt sein dürfen;
  • Kostenregulierung in Anlehnung an den jährlichen Kostenabgleich gemäß GasNEV (hingegen keine Anwendung der ARegV);
  • Überprüfung des diskriminierungsfreien Netzzugangs durch die BNetzA als zuständiger Regulierungsbehörde.

Ungeachtet eines Opt-ins müssen reine Wasserstoffnetze die allgemeinen Sicherheitsanforderungen für Energieanlagen (§ 49 EnWG) erfüllen. Ebenfalls regulierungsunabhängig seien für den Fall der Umwidmung von Erdgasleitungen gesetzliche Klarstellungen zum Umgang mit bestehenden Wegenutzungsverträgen und zum Fortbestand notwendiger öffentlich-rechtlicher Genehmigungen (EnWG, BImSchG, Baurecht) zu regeln. Der Rechtsrahmen für den Neubau reiner Wasserstoffleitungen sollte dem bestehenden Rechtsrahmen für Gasleitungen entsprechen.

Die Möglichkeit zur Einspeisung und Beimischung von Wasserstoff in das Erdgasnetz bleibt innerhalb des bestehenden Rechtsrahmens erhalten.

Das BMWi spricht sich für ein verhandeltes, brancheneinheitliches Netzzugangs- und Anschlussregime aus. Einen gesetzlich verpflichtenden Netzzugang und Netzanschluss (vgl. §§ 17 ff. EnWG) hält es für nicht erforderlich. Konkrete Vorgaben der BNetzA zur Netzentgeltsystematik seinen ebenfalls nicht notwendig. Es gelte insoweit das allgemeine (kartellrechtliche) Diskriminierungsverbot sowie die Missbrauchsaufsicht über die Preisstruktur. Die Aufstellung eines eigenen Netzentwicklungsplan (NEP) sei für Betreiber von Wasserstoffnetzen vor dem Jahr 2024 nicht sinnvoll. Um gleichwohl Transparenz zu schaffen, soll eine Transparenzplattform für die Wasserstoff-Netzentwicklungsplanung geschaffen werden.

Insgesamt ist der eher zurückhaltende, adaptive Ansatz des Eckpunktepapiers begrüßenswert und das Abwarten der Legislativmaßnahmen des EU-Gesetzgebers sachgerecht. Die Opt-in-Regelung bietet in der Anfangsphase Flexibilität und unterwirft bestehende Wasserstoffnetze nicht einer komplexen Zwangsregulierung. Die klare Absage an eine Netzentgeltfinanzierung trifft vor allem die Fernnetzbetreiber (FNB) hart, die eine solche Quersubventionierung befürwortet hatten.

(14. Dezember 2020 – Update vom 7. Januar 2021)