EEG Novelle 2021: Die Neuregelungen auf einen Blick

Zum 1. Januar 2021 ist das novellierte Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2021) in Kraft getreten. Mit der EEG-Novelle will die Bundesregierung den Ausbau Erneuerbarer Energien weiter vorantreiben. Erstmals wird das Ziel der Treibhausgasneutralität noch vor dem Jahr 2050 in der Stromversorgung gesetzlich verankert. Die Gesetzesnovelle enthält ein ganzes Bündel an Einzelmaßnahmen – von der Möglichkeit einer finanziellen Beteiligung der Kommunen beim Ausbau der Windenergie an Land, über Erleichterungen bei der Eigenversorgung bis hin zur Regelung der Smart-Meter-Gateway Pflicht.

Schon jetzt ist absehbar, dass es noch im Laufe dieses Jahres Nachjustierungen am EEG 2021 geben wird. In dem Entschließungsantrag der Regierungsfraktionen vom 15. Dezember 2020 wurde u.a. festgehalten, dass im ersten Quartal 2021 ein weitergehender Ausbaupfad der Erneuerbaren Energien definiert werden soll, der dem europäischen Klimaziel von 55 % bis 2030 hinreichend Rechnung trägt. Auch die weitergehende Stärkung von langfristigen Stromabnahmeverträgen („Power Purchase Agreements“ oder kurz „PPA“) bleibt einer künftigen EEG Novelle vorbehalten.

Anschlussförderung für Bestandsanlagen

In letzter Minute konnten sich die Regierungsfraktionen auf eine Anschlussregelung für die Förderung von Windenergiebestandsanlagen in § 23b EEG 2021 einigen. Ausgeförderte Anlagen mit einer installierten Leistung von bis zu 100 kW, die keine Windenergieanlagen an Land sind, erhalten weiterhin eine feste Einspeisevergütung, wobei als anzulegender Wert für die Höhe des Anspruchs der jeweilige Jahresmarktwert zugrunde zu legen ist. Bei ausgeförderten Windenergieanlagen an Land, bei denen der ursprüngliche Anspruch auf Zahlung nach der für die Anlage maßgeblichen Fassung des EEG am 31. Dezember 2020 oder 31. Dezember 2021 beendet ist, ermittelt die BNetzA durch Ausschreibungen die Anspruchsberechtigten und den anzulegenden Wert für die Höhe des Anspruchs auf die Einspeisevergütung. Bei ausgeförderten Windenergieanlagen an Land, deren Förderung am 31. Dezember 2020 beendet ist, ist im Jahr 2021 in den Monaten, in denen kein Zuschlag in einer Ausschreibung wirksam ist, als anzulegender Wert der Monatsmarktwert für Windenergie an Land, zuzüglich 1,0 Cent pro Kilowattstunde für Strom, der vor dem 1. Juli 2021, 0,5 Cent pro Kilowattstunde für Strom der nach dem 30. Juni 2021 und vor dem 1. Oktober 2021, und 0,25 Cent pro Kilowattstunde für Strom, der nach dem 30. September 2021 und vor dem 1. Januar 2022 erzeugt worden ist anzuwenden.

Ausschreibungsvolumen für Windenergie an Land

Mit der Anpassung der Ausschreibungsvolumina für Windenergieanlagen an Land kommt in § 28 Absatz 6 EEG 2021 eine weitere wesentliche Neuerung. Nach dieser Vorschrift muss die BNetzA das Volumen einer Windkraft-Ausschreibung reduzieren, wenn zu erwarten ist, dass die ausgeschriebene Menge größer als die eingereichte Gebotsmenge sein wird (drohende Unterzeichnung). Diese nachträgliche Verknappung der Auktionsmenge wird auch „endogene Rationierung“ genannt und könnte zu einer Abwärtsspirale beim Angebot von Windenergie führen, da die genaue Zuschlagsmenge aufgrund der oben beschriebenen Verknappungsmöglichkeit ungewiss ist.

Trennung der Ausschreibungsverfahren von Photovoltaik-Freiflächenanlagen und -Dachanlagen

Eine weitere wesentliche Veränderung liegt in der künftigen Trennung der Ausschreibungsverfahren von Photovoltaik-Freiflächenanlagen (Solaranlagen des ersten Segments) und -Dachanlagen (Solaranlagen des zweiten Segments) durch § 28a EEG 2021. Die maximale Anlagengebotsgröße für Freiflächenanlagen wird auf 20 MW erhöht. Photovoltaik-Dachanlagen mit einer installierten Leistung von 300 und 750 kW erhalten durch die EEG Novelle 2021 die Wahlmöglichkeit, entweder an Ausschreibungen teilzunehmen oder eine Festvergütung in Anspruch zu nehmen und einen Teil ihres Stroms selbst zu verbrauchen, § 22 Absatz 3 Satz 2, Absatz 6 Satz 2 EEG 2021 und § 48 Absatz 5 EEG 2021. Diese Festvergütung wird jedoch nur für 50 % der erzeugten Strommenge gewährt. Verpflichtend ist die Teilnahme an Ausschreibungen für Photovoltaik-Dachanlagen erst ab einer installierten Leistung von mindestens 750 kW.

EEG-Umlagebefreiung für Photovoltaik-Dachanlagen bis 30 kW

Auch für Photovoltaik-Dachanlagen, die eine Einspeisevergütung erhalten, bringt die EEG-Novelle Änderungen mit sich. So werden in § 61b Absatz 2 EEG 2021 Solaranlagen mit einer installierten Leistung von nunmehr bis zu 30 kW im Umfang von 30 MWh komplett von der EEG-Umlage befreit. Auch gibt es moderate Änderungen am sogenannten Atmenden Deckel.

Finanzielle Beteiligungsmöglichkeit für Kommunen

Um die Akzeptanz des Ausbaus Erneuerbarer Energien zu erhalten und weiter zu fördern, sieht die EEG Novelle im neu eingeführten § 36k EEG 2021 eine freiwillige finanzielle Beteiligung der Kommunen an den Einnahmen von Windparks vor. Betreiber von Windenergieanlagen an Land, die einen Zuschlag für ihre Anlage erhalten haben, dürfen den von der Anlage betroffenen Gemeinden Beträge von insgesamt 0,2 Cent pro Kilowattstunde für die tatsächlich eingespeiste Strommenge und für die fiktive Strommenge nach Nummer 7.2 der Anlage 2 EEG 2021 anbieten. Der Kreis der betroffenen Gemeinden wird klar definiert, indem Gemeinden, deren Gemeindegebiert sich nicht im Umkreis von 2,5 km um die Anlage befindet, nicht als betroffen gelten. Zudem wird klargestellt, dass Vereinbarungen zwischen der Kommune und dem Anlagenbetreiber bereits vor Erteilung der BImSchG-Genehmigung möglich sind und nicht als Vorteil im Sinne der §§ 331-334 StGB gelten (§ 36k Absatz 2 EEG 2021). Die Betreiber bekommen die Zahlungen vom Netzbetreiber erstattet (§ 36k Absatz 3 EEG 2021).

Maßnahmen zur Verbesserung der Mieterstromförderung

Änderungen gibt es außerdem im Bereich des Mieterstroms. So implementiert § 21 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 EEG 2021 den sogenannten Quartiersansatz. Der Anspruch auf die Zahlung des Mieterstromzuschlags nach § 19 Absatz 1 Nummer 3 EEG 2021 besteht nunmehr dann, wenn der Letztverbraucher des sogenannten Mieterstroms in demselben Quartier, in dem auch das mit der Solaranlage versehene Gebäude liegt, ansässig ist. Ferner modifiziert § 24 Absatz 1 Satz 4 EEG 2021 die Regelung zur Zusammenfassung von Solaranlagen. Solaranlagen, die nicht an demselben Anschlusspunkt betrieben werden, werden zum Zweck der Ermittlung des Anspruchs auf einen Mieterstromzuschlag nicht zusammengefasst.

Einführung der Smart-Meter-Pflicht

Die sogenannte Smart-Meter-Pflicht wurde ebenfalls gesetzlich festgelegt. Nach dem neu gefassten § 9 Absatz 1 EEG 2021 müssen Anlagen ab einer installierten Leistung von mehr als 25 kW technische Einrichtungen vorhalten, mit denen über ein Smart-Meter-Gateway jederzeit die Ist-Einspeisung abgerufen werden und die stufenlose bzw. stufenweise Steuerung der Einspeiseleistung gewährleistet werden kann. Anlagen mit einer installierten Leistung von mehr als 7 kW bis einschließlich 25 kW müssen technische Vorrichtungen vorhalten, mit denen über ein Smart Meter Gateway jederzeit die Ist-Einspeisung abgerufen werden kann, § 9 Absatz 1a EEG 2021 Beide Vorgaben gelten jeweils ab Markterklärung des BSI. Für Bestandsanlagen mit Inbetriebnahme vor 2021 (§ 100 Absatz 1 EEG 2021) gelten die o.g. Verpflichtungen, sobald diese tatsächlich mit einem intelligenten Messsystem ausgestattet werden, vgl. § 100 Absatz 4, 4a EEG 2021

Innovationsförderung im EEG 2021

Auch im Bereich der Innovationsausschreibungen wurden Neuerungen beschlossen, indem u.a. Agri-Photovoltaikanlagen und Floating-Photovoltaikanlagen sowie Parkplatz-Photovoltaikanlagen in die Innovationsausschreibungen aufgenommen werden.

Wasserstoff

Die EEG-Novelle enthält weiterhin eine Regelung zur Förderung der Herstellung von Wasserstoff. Nach dem neu eingeführten § 69b EEG 2021 muss auf den Strom, der zur Herstellung Grünen Wasserstoffs verbraucht wird, unabhängig vom Verwendungszweck des hergestellten Wasserstoffs keine EEG-Umlage gezahlt werden. Bei einem stromkostenintensiven Unternehmen, bei dem die elektrochemische Herstellung von Wasserstoff den größten Beitrag zur gesamten Wertschöpfung des Unternehmens leistet, erfolgt ebenfalls eine Begrenzung der EEG-Umlage unabhängig vom Verwendungszweck des hergestellten Wasserstoffs auf Antrag des Unternehmens nach Maßgabe des § 64a EEG 2021. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass das Unternehmen nachweist, dass es ein zertifiziertes Energie- oder Umweltmanagementsystem oder, bei Kleinunternehmen, ein alternatives System zur Verbesserung der Energieeffizienz betreibt. Genauere Details zu den Neuregelungen hinsichtlich der Wasserstoffförderung im EEG finden Sie hier .

Vergleichslösung für Scheibenpachtmodelle

Für Scheibenpachtmodelle normiert § 104 Absatz 5 EEG 2021 ferner einen Anspruch gegen den Übertragungsnetzbetreiber auf Abschluss eines Vergleichs zur Beilegung eines Streits über die Voraussetzungen des Bestehens eines Leistungsverweigerungsrechts nach § 104 Abs. 4 EEG, sofern bislang keine rechtskräftige Gerichtsentscheidung hierzu vorliegt. Hintergrund für diese Regelung ist die bereits rollende Klagewelle der Übertragungsnetzbetreiber gegen die Parteien von Nutzungsverträgen über Kraftwerkskapazitäten(sog. Scheibenpachtverträge). Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Eigenerzeugungsprivilegs werden nun von den Übertragungsnetzbetreibern auf Druck der Bundesnetzagentur in vielen Fällen bestritten, teilweise sind schon Klagen anhängig. Inhaltlich muss der Vergleich regeln, dass für streitbefangene Strommengen entsprechend einer Mitteilung nach § 104 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EEG keine EEG-Umlage gezahlt werden muss, jedoch für die Strommengen, die nach dem 31. Dezember 2020 erzeugt und von dem Scheibenpächter bezogen werden. Der Anspruch auf Abschluss des Vergleichs muss bis zum 30. Juni 2022 geltend gemacht werden.

Weitergehende Forderungen im Entschließungsantrag für künftige EEG Novelle

Das Wirtschaftsministerium hat bereits die nächste Novelle angekündigt. Im Entschließungsantrag der Regierungsfraktionen wird die Bundesregierung aufgefordert, ein Konzept zur schrittweisen Absenkung der EEG-Umlage mittels eines alternativen, haushaltsneutralen Finanzierungsmodells zu erarbeiten. Weiterhin soll im ersten Quartal 2021 ein weitergehender Ausbaupfad der Erneuerbaren Energien definiert werden, der die Kompatibilität mit den Europäischen Klimazielen gewährleistet. Das Instrument der Innovationsausschreibungen soll umfassend weiterentwickelt (u.a. länder- und sektorübergreifend, Speicher, Flexibilisierung) und entsprechend der Ausbaupfade ausgeweitet werden. Auch sollen im Zusammenhang mit der Ausgestaltung einer beschleunigten Planung und Genehmigung von Vorhaben, insbesondere mit Blick auf Repowering, weitere Verbesserungen erfolgen, zum Beispiel durch die Aufnahme des Repowerings als Grundsatz der Raumordnung in § 2 ROG oder der Schaffung verbesserter Rahmenbedingungen für immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigungen. Im Zuge einer möglichen Erhöhung der Ausbaumengen soll in einer künftigen Gesetzesnovelle auch ein weiteres Absenken der Vier-Stunden-Regelung bei negativen Preisen vorgesehen werden. Zentral ist die Forderung des Entschließungsantrags, in den weiteren Planungen des Ausbaus der Erneuerbaren Energien zu berücksichtigen, dass Geschäftsmodelle ohne EEG-Förderung durch PPA einen zentralen Beitrag zur Energiewende leisten werden. Zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für PPA wird die Bundesregierung aufgefordert, verschiedene Instrumente zu prüfen, wie beispielsweise zinsgünstige (KfW-)Kredite, Abnahmegarantien im Falle der Insolvenz des Strombeziehers, die Strompreiskompensation auch für den PPA-Verbrauch für industrielle Verbraucher sowie steuerliche Anreize. Der Entschließungsantrag fordert außerdem, weitere Möglichkeiten der kommunalen Beteiligung sowie eine fortgeführte Regelung zur Bürgerenergie zu entwickeln. Auch die Anpassung der Gewerbesteuerzerlegung, wonach 90 % der Gewerbesteuer bei der Standortgemeinde einer Anlage und nur 10 % bei der Sitzgemeinde der Betreiberunternehmen anfällt, soll einer weiteren EEG Novelle vorbehalten bleiben. Die Bundesregierung wird ferner aufgefordert, unverzüglich einen Regelungsvorschlag vorzulegen, nach dem Wohnungsunternehmen die erweiterte Kürzung bei der Gewerbesteuer nicht verlieren, wenn sie unter anderem Mieterstrom über Solaranlagen auf ihren Gebäuden erzeugen und veräußern. Nicht zuletzt soll geprüft werden, inwieweit beim Eigenstromprivileg Modelle für die Einbeziehung von Energiedienstleistern sowie für Energiegemeinschaften möglich sind.

Es bleibt also spannend. Es gilt die Sepp Herberger-Weisheit: Nach der EEG Novelle ist vor der EEG-Novelle.

(7. Januar 2021)