Doppelstockmo­dell bei Startups – Königsweg oder Steuerfalle?

Die Wahl der richtigen Rechtsform ist bei Startup-Unternehmen auf zwei Ebenen von Bedeutung. Ist die Entscheidung für die Rechtsform des operativen Unternehmens gefallen, stellt sich zusätzlich die Frage, in welcher Form die Beteiligung am operativen Unternehmen gehalten werden soll.

Eine derzeit unter Gründern und Investoren weit verbreitete Variante ist das sog. Doppelstockmodell, bei dem die jeweiligen Gründer/Investoren ihre Anteile an der operativen Kapitalgesellschaft (UG oder GmbH) nicht unmittelbar, sondern mittelbar über eine Holding (UG oder GmbH) halten.

Struktur Doppelstockmodell:

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Vorteile des Doppelstockmodells

Das Doppelstockmodell wird vor allem aus steuerlichen Gründen gewählt. Auf Ebene der Holdinggesellschaften sind Gewinne aus einem Verkauf der Anteile an der operativen Gesellschaft zu 95% von der Steuer befreit. Das gilt gleichfalls für Dividenden, seit März 2013 allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die Holding mit mindestens zehn Prozent an der operativen Gesellschaft beteiligt ist (keine sog. Streubesitzbeteiligung). Ein unmittelbar beteiligter Gründer/Investor müsste dagegen auf einen Veräußerungsgewinn im Rahmen des sog. Teileinkünfteverfahrens eine Steuer in Höhe von bis zu 27% (+ Soli und ggf. Kirchensteuer) und auf Dividenden die Kapitalertragsteuer in Höhe von 25% (+ Soli und ggf. Kirchensteuer) zahlen.

Dennoch ist das Doppelstockmodell nicht in jeder Situation zu empfehlen. Bei der Entscheidung für oder gegen die Gründung einer Zwischenholding sollte sich der Gründer/Investor zwei Fragen stellen:

  1. Will ich die Gewinne reinvestieren?

Das Doppelstockmodell ist nur sinnvoll, wenn der Gründer/Investor die Gewinne reinvestieren und nicht anderweitig für sich verbrauchen will. Denn beim Doppelstockmodell kommen Erlöse aus der Veräußerung der Beteiligung oder Dividenden zunächst nur bei der Holding an. Auf dieser Ebene sind sie auch zu versteuern, aber – mit Ausnahme von Dividenden auf Streubesitzbeteiligungen – zu 95% steuerbefreit (s.o.). Die Gewinne können also von der Holding weitestgehend ohne Steuerabzug reinvestiert werden.

Sollen die Erlöse dagegen nicht reinvestiert, sondern an den Gründer/Investor weitergereicht werden, muss die Holding sie ihrerseits in Form einer Dividende an den Gründer/Investor ausschütten. Diese anschließende Gewinnausschüttung der Holding an den Gründer/Investor löst dann erneut Steuern aus (sog. Kaskadeneffekt), allerdings, da es sich bei dem Gründer/Investor um eine natürliche Person handelt, ohne die 95%-ige Steuerbefreiung. D.h. auf Ebene des Gründers/Investors unterliegt die Dividendenausschüttung 25% Kapitalertragsteuer (+ Soli und ggf. Kirchensteuer). Das Doppelstockmodell ist im Ergebnis insoweit nur ein Steuerstundungsmodell und kein Steuervermeidungsmodell.

Neben dem zusätzlichen Aufwand für die Gründung und Verwaltung der Holdinggesellschaft kann es aufgrund des Doppelstockmodells also zu einer Mehrfachbesteuerung kommen (zunächst auf Ebene der Holding, dann auf Ebene des Gründers/Investors), die sich vor allem dann negativ auswirkt, wenn die 95%-ige Steuerbefreiung auf Ebene der Holding ausnahmsweise nicht greift (Dividenden auf Streubesitzbeteiligung).

2. Liegt der Fokus auf einem Exit-Erlös oder auf der Dividende?

Gerade bei jungen Startup-Unternehmen, die zunächst geringe oder gar keine Gewinne erwirtschaften, steht bei einer Beteiligung meist im Vordergrund, aus einer späteren Veräußerung derselben (Exit) Gewinne zu erzielen. Hier kommt der Vorteil des Doppelstockmodells zum Tragen, da nach derzeitiger Rechtslage der Exit-Erlös auf Ebene der Holding unabhängig von der Beteiligungshöhe stets zu 95% steuerbefreit ist. Wird mit der Beteiligung dagegen hauptsächlich das Ziel verfolgt, Dividenden zu erhalten, ist zu differenzieren. Nur bei einer Beteiligung in Höhe von mindestens 10% greift die Steuerbefreiung. Eine Dividende auf eine Streubesitzbeteiligung ist dagegen auch auf Ebene der Holding voll zu versteuern. Im letzteren Fall lohnt sich der zusätzliche Aufwand der Gründung und Verwaltung einer Zwischenholding also nicht und dem Gründer/Investor ist eine unmittelbare Beteiligung zu empfehlen. Bei der Abwägung ist auch zu bedenken, dass eine zunächst über 10% liegende Beteiligung durch Verwässerung im Rahmen weiterer Finanzierungsrunden unter diesen Wert fallen kann.

Aktuelle Entwicklungen

Mit der Begründung, eine steuerliche Gleichbehandlung von Dividenden und Veräußerungserlösen erreichen zu wollen, hat das Bundesfinanzministerium im Diskussionsentwurf zur Reform der Investmentbesteuerung vom 21. Juli 2015 eine Änderung des Körperschaftssteuergesetzes angeregt, nach der (unter anderem) die 95%-ige Befreiung auf Veräußerungserlöse aus einer Beteiligung im Streubesitz mit Wirkung zum 1. Januar 2018 gestrichen werden sollte. Dividenden und Veräußerungserlöse sollten demnach gleich schlecht gestellt werden.

Wäre die Gesetzesänderung tatsächlich so verabschiedet worden, wäre das Doppelstockmodell für Gründer oder Investoren, deren Beteiligung bereits aktuell oder in absehbarer Zeit (etwa durch zu erwartende Verwässerung) unterhalb der Schwelle von 10% liegt, nicht mehr zu empfehlen gewesen.

Aufgrund anhaltender Kritik an dem Diskussionsentwurf hat das Bundesfinanzministerium diesen Plan jedoch (vorerst) auf Eis gelegt. Der am 16. Dezember 2015 vorgelegte Referentenentwurf zur Reform der Investmentbesteuerung sieht keine entsprechenden Änderungen am Körperschaftssteuergesetz mehr vor. Ob der Vorschlag damit endgültig vom Tisch ist, bleibt aber abzuwarten. Die weitere Entwicklung sollte im Auge behalten werden, um gegebenenfalls rechtzeitig reagieren zu können. Hier ist in besonderer Weise zu berücksichtigen, dass ein einmal etabliertes Doppelstockmodell nicht aufgelöst werden kann, ohne dass wiederum – etwa durch die Übertragung der gehaltenen Beteiligung – steuerliche Konsequenzen zu beachten sind.

Fazit

Das Doppelstockmodell bietet für Gründer/Investoren nach wie vor einen Steuervorteil, soweit der Exit-Gewinn bei der Strukturierung des Investments im Vordergrund steht und die Gesellschafter daran interessiert sind, diesen auf Ebene der Holding UG entstehenden Gewinn zu reinvestieren. Wenn und soweit der aus der operativen Gesellschaft entstehende Gewinn aber ohnehin sofort oder relativ kurzfristig an die Gesellschafter ausgeschüttet werden soll, ergibt die Zwischenschaltung einer Holding keinen Sinn. Dann sollte der Gründer/Investor die Beteiligung unmittelbar halten.

Nutzen Doppelstockmodell (DSM)

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(15. Juni 2016)