Bundesfinanzhof äußert sich zum Begriff des „Urhebers“ eines Kunstwerkes im Umsatzsteuerrecht

Das Umsatzsteuergesetz (UStG) wendet den ermäßigten Steuersatz von 7% auf Lieferungen von Kunstwerken nach der aktuell noch geltenden Fassung nur seitens des „Urhebers” sowie dessen „Rechtsnachfolger” an. Diese beiden Begriffe werden im Gesetz nicht näher bestimmt. Anders als etwa bei der Einräumung von Urheberrechten nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchs. c UStG findet hier auch kein Verweis auf das Urheberrechtsgesetz (UrhG) statt, sodass unklar ist, ob etwa „Urheber“ als „Schöpfer des Werkes“ im Sinne des § 7 UrhG anzusehen ist. Weil das Umsatzsteuerrecht unionsrechtlichen Vorgaben folgt, die nicht notwendigerweise dieselben Ziele verfolgen wie das (in Teilen auch unionsrechtlich geprägte) Urheberrecht, könnte überlegt werden, dass die umsatzsteuerliche Urhebereigenschaft weiter zu fassen sein könnte.

Problemaufriss

Diese Unsicherheiten bestehen zwar in den Fällen nicht, in denen Künstler ihre eigenen Werke selbst verkaufen, da sie auch unter Zugrundelegung des „engen“ Urheberbegriffs aus dem UrhG in den Anwendungsbereich des ermäßigten Steuersatzes fallen. Ebenso unproblematisch sind die Fälle, in denen nicht der Künstler, sondern sein Käufer sein Werk weiterverkauft, denn entweder ist auch hier der ermäßigte Umsatzsteuersatz anwendbar oder es finden die Regeln zur Differenzbesteuerung nach § 25a UStG Anwendung.

Problematisch sind aber die Fälle, in denen nicht die Künstler selbst das Werk herstellen, sondern den Herstellungsprozess auf einen Zusammenschluss von Künstlern und Galerien (etwa in der Form einer GbR) auslagern. Urheberrechtlich können indes nur die Künstler Urheber sein, Personenzusammenschlüsse wie eine GbR jedoch nicht. Diese sind allenfalls Inhaber von Verwertungsrechten an den Werken, die typischerweise von den Künstlern unentgeltlich als Gesellschaftereinlage in die Gesellschaft eingebracht werden. Hersteller des Werkes ist allerdings nicht der Künstler, sondern die GbR, die etwa im eigenen Namen einen Subunternehmer mit der Fertigung des Werkes nach den Vorgaben des Künstlers beauftragen kann. Hier stellt sich die Frage, ob für die Zwecke der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auch die GbR „Urheber“ oder zumindest dessen „Rechtsnachfolger“ sein kann. Das war lange Zeit im steuerlichen Schrifttum umstritten.

Nunmehr hat der Bundesfinanzhof (BFH) zu dieser Frage Stellung genommen.

BFH: „Urheber“ und „Rechtsnachfolger“ bestimmen sich nach dem UrhG

Der BFH hat entschieden, dass sich die Begriffe des „Urhebers“ und des „Rechtsnachfolgers“ nach den urheberrechtlichen Vorschriften richten: Urheber ist danach der Schöpfer des Werkes und „Rechtsnachfolger“ dessen Gesamtrechtsnachfolger im Sinne eines Erben (vgl. § 28 Abs. 1 UrhG). Damit erteilt der BFH einer weiten, autonomen Auslegung dieser Begriffe eine klare Absage.

Begründet wird die Entscheidung zum einen mit dem Verweis auf das UrhG in § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG, weshalb es nicht ersichtlich ist, warum auch sonst nicht auf das Urheberrecht zurückgegriffen werden könnte. Zum anderen ergibt sich dieses Begriffsverständnis daraus, dass der Unionsgesetzgeber um eine Harmonisierung von Teilen des Urheberrechtes bemüht ist. Diesem Zweck entspricht es, wenn zentrale Begriffe wie „Urheber“ oder „Rechtsnachfolger“ einheitlich ausgelegt werden. In Bezug auf den „Rechtsnachfolger“ lehnt der BFH schließlich eine Rechtsnachfolge im Sinne einer Einzelrechtsnachfolge ab, weil dies sonst eine Lieferkette von jeweils ermäßigt zu besteuernden Umsätzen zur Folge hätte, die mit den unionsrechtlichen Vorgaben unvereinbar sind.

Nach neuer Unionsrechtslage ab 1.1.2025 wieder generelle Steuerermäßigung für Lieferungen von Kunstwerken möglich

Die Entscheidung des BFH betraf das Streitjahr 2015, in dem aufgrund der alten unionsrechtlichen Grundlage, nämlich Art. 103 Abs. 2 Mehrwertsteuersystem-Richtlinie (MwStSystRL) alte Fassung, nach der seit dem 1.1.2014 geltenden Neufassung des § 12 Abs. 2 Nr. 13 UStG nur noch die Lieferungen von Kunstwerken des „Urhebers“ und dessen „Rechtsnachfolgers“ dem ermäßigten Steuersatz unterlagen.

Ab dem 1.1.2025 erlaubt die Neufassung von Art. 98 Abs. 1 UAbs. 2 i.V.m. Nr. 26 Anhang III MwStSystRL den Mitgliedsstaaten die generelle Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes auf Lieferungen von Kunstwerken, ohne dabei explizit darauf abzustellen, dass diese vom „Urheber“ oder von dessen „Rechtsnachfolger“ geliefert werden sollen. Insofern besteht nun die vom Kunsthandel mit Vehemenz eingeforderte Möglichkeit, dass der nationale Gesetzgeber zur Rechtslage vor 2014 zurückkehrt und dadurch wieder sämtliche Lieferungen von Kunstwerken, unabhängig von der Person des Verkäufers, unter dem ermäßigten Steuersatz fallen können.

Solange der nationale Gesetzgeber von dieser Steilvorlage zur Änderung von § 12 Abs. 2 Nr. 13 UStG aber keinen Gebrauch macht, wird das Urteil des BFH zum Begriff des “Urhebers” für die Frage der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes beim Verkauf von Kunstwerken weiterhin Relevanz haben.

(21. Februar 2024)