Gesetzesände­rung zur Nacherfüllung im Kaufrecht zum 1. Januar 2018

Im Rahmen einer Reform des Bauvertragsrechts hat der Gesetzgeber zum 1. Januar 2018 auch die kaufrechtliche Regelung zum Nacherfüllungsanspruch des Käufers bei Mängeln der Kaufsache (§ 439 BGB) geändert. Er reagiert damit auf die aktuelle Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs.

Bisherige Rechtslage

§ 439 BGB regelt den Anspruch des Käufers auf Nacherfüllung. Nach § 439 Abs.1 BGB kann der Käufer einer mangelhaften Sache grundsätzlich zwischen Neulieferung und Nachbesserung wählen. Die Kosten für den Ausbau der mangelhaften und den Einbau der mangelfreien Sache konnte der Käufer nach der bisherigen Gesetzeslage nur dann ersetzt verlangen, wenn dem Verkäufer nachgewiesen werden konnte, dass er den Mangel verschuldet hat. Da dieser Nachweis nicht immer leicht zu führen ist, führte die bisherige Rechtslage oft zu hohen Kosten beim Käufer, insbesondere bei Käufen von Parkett, Baustoffen oder vergleichbaren Waren, deren Ein- und Ausbau in der Regel mit einem erheblichen wirtschaftlichen Aufwand verbunden ist. Die Europäische Union erließ 1999 die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, um den Verbraucher zu schützen. Die Richtlinie legte fest, dass die Nacherfüllung für den Verbraucher unentgeltlich erfolgen muss. Auf Grund dieser Richtlinie hatte der EuGH daher dem Verbraucher in den Fällen, in denen er von einem gewerblichen Unternehmer kaufte (Verbrauchsgüterkauf), einen Anspruch auf Aus- und Einbau oder Übernahme der Kosten hierfür zugestanden, um einen angemessenen Schutz zu gewährleisten. Der EuGH stellte den Mitgliedsstaaten frei, ob es einen Anspruch auf Aus- und Einbau oder auf Wertersatz geben soll. Der BGH entschied sich für den Anspruch auf Aus- und Einbau. Für Kaufverträge zwischen zwei Unternehmern oder zwischen zwei Verbrauchern verneinte der BGH demgegenüber einen solchen Anspruch.

Die Gesetzesänderung

Seit 1. Januar 2018 umfasst der Nacherfüllungsanspruch nunmehr gemäß § 439 Abs.3 BGB für jeden Kaufvertrag (auch B2B, also zwischen zwei gewerblichen Unternehmern oder Kaufleuten) das Recht, verschuldensunabhängig Ersatz der Kosten für den Ausbau der mangelhaften und Einbau oder Anbringen der mangelfreien Sache zu verlangen. Der Aus- und Einbau selbst ist indes nicht geschuldet. Der Gesetzgeber ist mit dem Miteinbezug von Unternehmergeschäften weiter gegangen, als er nach europarechtlichen Vorgaben hätte gehen müssen. Insbesondere durch die Begriffsverwendung von „Einbau“ und „Anbringen“ hat er zudem einen weiten Tatbestand geschaffen, der beispielsweise auch das Streichen einer Wand mit Farbe oder Lack umfasst. Geschuldet werden die Kosten aber nur, wenn die mangelhafte Sache bestimmungsgemäß eingebaut oder angebracht wurde. Die Neuregelung enthält viele neue Rechtsbegriffe. Daher wird es interessant sein, in Zukunft zu sehen, wie diese Begriffe ausgelegt und konkretisiert werden.

Besonderheiten

Vor allem Werkunternehmer profitieren von der Neuregelung, da diese nicht erfordert, dass der Einbau oder das Anbringen an einer eigenen Sache erfolgt sein muss. Die Regelung dürfte vielmehr auch dann gelten, wenn ein Werkunternehmer die gekaufte Ware beim Kunden verbaut hat. Somit kann er bei Mängeln und Falschlieferungen Regress beim Lieferanten auch in Hinblick auf die Kosten für und Aus- und Einbau nehmen, die oft – Stichwort: fehlerhafter Zement im Fundament – das Vielfache des Wertes der Kaufsache selbst erreichen. Durch den Verzicht auf ein Wahlrecht zwischen Vornahme und Kostenersatz will der Gesetzgeber den Regress in derartigen Lieferketten vereinfachen. So muss der Lieferant die Sache nicht beim Endabnehmer, mit dem er selbst gar keinen Vertrag geschlossen hat, aus- und einbauen. Stattdessen muss er seinem Vertragspartner – dem Werkunternehmer – die Kosten hierfür ersetzen.

Besonders wichtig für die Rechte des Käufers bleibt aber auch nach der Neuregelung der Zeitpunkt der Kenntnisnahme vom Mangel. Kennt der Käufer den Mangel der Kaufsache bereits beim Abschluss des Vertrages, stehen ihm gemäß § 442 BGB keinerlei Rechte wegen des Mangels gegen den Verkäufer zu. Hat er nach Vertragsschluss, aber vor Einbau oder Anbringen der Kaufsache Kenntnis vom Mangel erlangt, kann er zwar Gewährleistungsrechte geltend machen, nicht aber die Kosten für den Ein- bzw. Ausbau ersetzt verlangen (§ 439 Abs.3 S. 2 BGB).

(16. Januar 2018)