Die BNetzA hat durch Beschluss vom 29. April 2025 die von der Deutschen Post AG beantragten Briefporti für die Jahre 2025 und 2026 endgültig genehmigt. Sie hat dabei die Regelungen in § 44 Abs. 2 und 3 des Postmodernisierungsgesetzes angewendet. Diese Regelungen führen mit einigen Modifikationen die bisherige Praxis der BNetzA bei der Genehmigung der Briefporti fort. Es bestehen jedoch erhebliche Zweifel daran, ob die Genehmigung der neuen Porti rechtmäßig ist.
Das neue PostG sieht in § 44 Abs. 2 Satz 1 vor, dass der angemessene Gewinnzuschlag nach § 44 Abs. 1 Satz 1 PostG sich nach dem Durchschnitt der Umsatzrenditen von Vergleichsunternehmen bestimmt. Bereits dieser Ansatz führt dazu, dass der Deutschen Post eine weit überhöhte Eigenkapitalrendite zugestanden wird. Das Abstellen auf die Umsatzrendite führt zu einem Austausch der Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Gewinnzuschlags. An die Stelle des Werts des im Briefbereich eingesetzten Eigenkapitals tritt der im Briefbereich erzielte Umsatz. Nach Art. 12 zweiter Gedankenstrich der Postrichtlinie 97/67/EG müssen die Preise jedoch kostenorientiert sein. Abzustellen ist daher auf die Kosten des eingesetzten Eigenkapitals. Die Umsatzrendite steht in keiner Beziehung zu den Kosten des eingesetzten Eigenkapitals; auch ein ausschließlich fremdfinanziertes Unternehmen erzielt eine Umsatzrendite.
Die anders lautende Rechtsprechung des VG Köln (z.B. Urteil vom 12 Februar 2025, 21 K 2338/23) bedarf der Überprüfung. Der von ihr angenommene Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers führt im Grunde dazu, dass die Berechnung des Briefportos keiner Vorgabe durch die Postrichtlinie unterläge. Das ist nicht anzunehmen. Die Postrichtlinie enthält eine Mindestharmonisierung, zu der auch das Gebot der Kostenorientierung der Preise in Art. 12 zweiter Gedankenstrich gehört.
Wir haben für die Genehmigung der Porti 2019 in N&R 2021, 1 ff. dargelegt, dass der DHL aufgrund der Berechnung des Gewinnzuschlags anhand der EBIT-Marge von Vergleichsunternehmen im Ergebnis eine Eigenkapitalrendite von 54,4% zu-gebilligt wird. Diese Eigenkapitalrendite betrug das 2,2-fache der konzernweit erzielten Eigenkapitalrendite von 24,6% und das 3,1-fache der durchschnittlichen Eigenkapital-rendite der DAX (damals DAX 30) – Unternehmen von 17,6 % (Kleinlein/Schubert, in: N&R 2021, S. 1, 4). 2754-3206-6317v6 Seite 6 von 13
Diese Berechnung lässt sich auch für die Genehmigung des Portos anhand der EBIT-Marge der in im EuroStoxx50 enthaltenen Unternehmen (ohne Finanz-dienstleister) durchführen, wie sie die BNetzA jetzt unter Verweis auf § 44 Abs. 2 PostG vornimmt (Beschluss BK5-24-003 vom 11. November 2024, S. 76). Diese Berechnung hat zu einem Gewinnzuschlag in Höhe von 6,56 % des im Briefbereich erzielten Umsatzes geführt und liegt daher exakt auf demselben Niveau wie der zuvor angesetzte Gewinnzuschlag von ebenfalls 6,56 % des Umsatzes (siehe Beschluss BK5-21-004 vom 23. November 2021, S. 69).
Man könnte einwenden, dass DHL durch Heranziehung der EBIT-Marge von Vergleichs-unternehmen nicht bessergestellt wird als die zum Vergleich herangezogenen Unternehmen. Dieser Einwand trifft jedoch nicht zu. Die durchschnittliche Eigenkapitalrendite der Vergleichsunternehmen ist trotz im Durchschnitt gleicher EBIT-Marge wesentlich niedriger als dieder Deutschen Post im Briefbereich. Der Grund dafür liegt darin, dass aus dem EBIT (Earnings Before Interest and Tax) noch die Fremdkapitalkosten finanziert werden müssen. Die Fremdkapitalkosten sind bei der Deutschen Post weit niedriger als bei den Vergleichsunternehmen, weil der Geschäftsbetrieb dieser anderen Unternehmen sehr viel kapitalintensiver ist. Gleiches gilt für die im EuroStoxx 50 enthaltenen Unternehmen, die seit dem Inkrafttreten des Postmodernisierungsgesetzes zur Ermittlung der EBIT-Marge-herangezogen werden.
Beispielhaft lässt sich dies anhand der Zinsaufwendungen der DAX 40 Unternehmen zeigen, die auch im EuroStoxx50 enthalten sind.
Umsatz | Zinsaufwendung | ||
Volkswagen | 322 Mrd. Euro | – 3.592 Mio. Euro | |
Allianz | 161,7 Mrd. Euro | – 1.575 Mio. Euro | |
BMW | 155,5 Mrd. Euro | – 2.660 Mio. Euro | |
Mercedes-Benz-Group | 153 Mrd. Euro | -254 Mio. Euro | |
Deutsche Telekom | 112 Mrd. Euro | -6.588 Mio. Euro | |
E.ON | 93,7 Mrd. Euro | -2.385 Mio. Euro | |
DHL Group (DHL) | 81,8 Mrd. Euro | -115 Mio. Euro | |
Siemens | 77,8 Mrd. Euro | -1.373 Mio. Euro | |
BASF | 68,9 Mrd. Euro | -860 Mio. Euro | |
Airbus | 65,4 Mrd. Euro | 756 Mio. Euro |
Der Vergleich zeigt: Die Deutsche Post muss von der EBIT-Marge, die anhand des Vergleichs mit kapitalintensiven Großunternehmen ermittelt wird, nur einen weit geringeren Teil für „Interest“, also für Fremdkapitalkosten aufwenden als die anderen Unternehmen. Die Vergleichsunternehmen müssen weit höhere Fremdkapitalkosten aus der EBIT-Marge begleichen. Deshalb ist deren durchschnittliche Eigenkapitalrendite weitl niedriger als die Eigenkapitalrendite der Deutschen Post im Briefbereich.
Die Tabelle macht deutlich, dass dieser Effekt auch nicht dadurch ausgeglichen wird, dass die BNetzA nur 50 % der durchschnittlichen EBIT-Marge der EuroStoxx 50-Vergleichsunternehmen für die Berechnung des Gewinnzuschlags heranzieht (Beschluss BK5-24-003 vom 11. November 2024, S. 77). Selbst mit einem Abschlag von 50% bleibt es dabei, dass die Zinsaufwendungen von DHL viel niedriger sind, weil auch die um 50 % reduzierte EBIT-Marge – infolge der geringeren Fremdkapitalkosten – zu einer weit höheren Eigenkapitalverzinsung führt als dies bei Ermittlung der gewichteten Fremd- und Eigenkapitalkosten (Weighted Average Cost of Capital, WACC) der Fall wäre.
Die Genehmigung wurde im Amtsblatt der BNetzA vom 7 Mai 2025 öffentlich bekanntgegeben. Sie kann von jedem Postkunden hinsichtlich der von ihm genutzten Briefformate angefochten werden. Die Anfechtungsfrist läuft am 18. Juni 2025 ab.
(13. Juni 2025)