Schenkung von Miteigentum an Kinder ohne Ergänzungspfleger

Mit der am 23. Mai 2024 veröffentlichten Entscheidung (Beschluss vom 18. April 2024, V ZB 51/23) hat der BGH klargestellt, dass der Erwerb eines Miteigentumsanteils an einem nicht vermieteten oder verpachteten Grundstück durch einen Minderjährigen lediglich rechtlich vorteilhaft ist. Infolgedessen muss kein vom Gericht bestellter Vertreter (sogenannter Ergänzungspfleger) mitwirken, wenn ein Elternteil einen Miteigentumsanteil an einem ihm gehörenden – weder vermieteten noch verpachteten – Grundstück auf sein minderjähriges Kind übertragen will.

Der Entscheidung lag eine im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge übliche Konstellation zugrunde:

Ein Elternteil war Eigentümer eines Grundstücks und hat dieses schenkweise je zu hälftigem Miteigentum auf die beiden minderjährigen Kinder übertragen. Die Kinder wurden von den Eltern vertreten, zu deren Gunsten zugleich die Eintragung eines lebenslangen Nießbrauchs bewilligt wurde.

Das Grundbuchamt hat die Eintragung der Eigentumsumschreibung von der Genehmigung der Auflassung durch einen für jedes Kind noch zu bestellenden Ergänzungspfleger abhängig gemacht – ein verkomplizierender und verteuernder Umstand, den die Eltern in der Praxis meist vermeiden wollen.

Nachdem das Kammergericht als Vorinstanz noch die Auffassung vertreten hatte, das Grundbuchamt habe zu Recht die Genehmigung der Auflassung durch einen Ergänzungspfleger verlangt, hat der BGH nun dieser Ansicht eine Absage erteilt und damit für Rechtsklarheit gesorgt.

Lange Zeit wurde die vom BGH nun bestätigte Auffassung nicht in Frage gestellt.

So ist es allgemein anerkannt, dass Eltern ihre minderjährigen Kinder gegenüber sich selbst (Insichgeschäft) vertreten können und kein Ergänzungspfleger erforderlich ist, wenn das Rechtsgeschäft für den Minderjährigen lediglich rechtlich vorteilhaft ist. Ein Ergänzungspfleger muss hingegen bestellt werden, wenn es sich bei dem Insichgeschäft um ein rechtlich nachteilhaftes Rechtsgeschäft für den Minderjährigen handelt. Denn in diesem Falle sind die Eltern von der Vertretung des Minderjährigen im Rahmen eines Insichgeschäfts ausgeschlossen.

Allgemein anerkannt ist weiterhin, dass der (unentgeltliche) Erwerb eines vermieteten oder verpachteten Grundstücks für den Minderjährigen rechtlich nachteilhaft ist, da er mit dem Eigentumserwerb in die Rechte und Pflichten des Miet- bzw. Pachtvertrages eintritt. Gleiches gilt für den Erwerb einer Eigentumswohnung, da der Minderjährige mit dem Eigentumserwerb in die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer eintritt, was ebenfalls mit zahlreichen Pflichten verbunden ist. Bei der Schenkung von Wohneigentum oder eines vermieteten oder verpachteten Grundstücks muss folglich der von den Eltern im eigenen Namen und im Namen des Minderjährigen geschlossene Übertragungsvertrag von einem Ergänzungspfleger genehmigt werden.

Handelt es sich jedoch um ein nicht vermietetes oder verpachtetes Grundstück, so wurde bislang ohne Differenzierung davon ausgegangen, dass sowohl der (unentgeltliche) Erwerb von Alleineigentum als auch der Erwerb von Miteigentum lediglich rechtlich vorteilhaft sind und folglich kein Ergänzungspfleger bestellt werden muss.

Diese Ansicht wurde jüngst durch drei obergerichtliche Entscheidungen in Frage gestellt: Sowohl das Kammergericht (Beschluss vom 2. August 2023, 1 W 93/23 und Beschluss vom 20. September 2022, 1 W 280/22) als auch das OLG München (Beschluss vom 18. Dezember 2023, 34 Wx 311/23) hatten die Auffassung vertreten, der (unentgeltliche) Erwerb von Miteigentumsanteilen sei rechtlich nachteilhaft. Dabei argumentierten die Gerichte mit den Verpflichtungen in der Miteigentumsgemeinschaft und zogen einen Vergleich zum WEG-Recht.

Dem ist der BGH nun entgegengetreten. Die in der Miteigentumsgemeinschaft zu tragenden Lasten stellten bei wertender Betrachtung keinen rechtlichen Nachteil dar. Das gelte auch für die Kosten der Erhaltung, der Verwaltung und einer gemeinschaftlichen Benutzung, die der Minderjährige als Miteigentümer zu tragen habe, da eine Verpflichtung nicht bereits mit dem Erwerb des Miteigentumsanteils eintrete, sondern weitere Voraussetzungen wie beispielsweise ein Beschluss der Miteigentümer hinzutreten müssen. Solche allenfalls mittelbaren Folgen müssten bei der Beurteilung außer Betracht bleiben. Schließlich überzeuge auch wertungsmäßig eine Differenzierung zwischen Erwerb von Alleineigentum (kein Ergänzungspfleger) und Miteigentumsanteil (Ergänzungspfleger) nicht.

Die Entscheidung des BGH – kein Ergänzungspfleger erforderlich – stellt für die Praxis eine zu begrüßende Erleichterung dar.

Da der BGH keinen Ergänzungspfleger für erforderlich hielt, konnte er die Frage offenlassen, ob für die beiden minderjährigen Kinder ein oder zwei Ergänzungspfleger hätten bestellt werden müssen. Auch dazu führt der BGH jedoch klärend aus, dass für Geschwister – wenn erforderlich – in der Regel nur ein einziger Ergänzungspfleger bestellt werden soll.

(27. Mai 2024)