Cum-Ex: Landgericht Bonn erschwert Verteidigung von Geschäftsführern bei Pflichtverstößen

Urteil des Landgerichts Bonn

Im Cum-Ex-Steuerskandal hat das Landgericht Bonn an diesem Mittwoch ein weiteres Urteil gefällt (9. Februar 2022, Az. 62 KLs 3/20). Das Gericht verurteilte den ehemaligen Geschäftsführer der Warburg Invest, einer Tochtergesellschaft der Hamburger Privatbank M.M. Warburg, im Rahmen eines Strafprozesses wegen Steuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren. Der Geschäftsführer war in Cum-Ex-Geschäfte involviert, durch die ein Steuerschaden in Höhe von 109 Millionen Euro entstand. Das Gericht blieb mit seinem Urteil zwar hinter dem Antrag der Staatsanwaltschaft zurück, die eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren gefordert hatte, ging aber auch deutlich über den Antrag der Verteidigung auf eine Bewährungsstrafe hinaus. Erste Reaktionen sehen das Urteil nicht als bloße Fortsetzung der bereits 2019 und 2020 im Zusammenhang mit dem Cum-Ex-Skandal ergangenen Entscheidungen des Landgerichts Bonn, sondern als Verschärfung. Es ist allerdings zu beachten, dass das Urteil noch nicht rechtskräftig ist und es abzuwarten bleibt, ob es Bestand haben wird.

Die Urteilsgründe liegen zur Zeit noch nicht vor. Sie werden genau zu analysieren sein. Aus der Berichterstattung ist aber bereits bekannt, dass das Gericht die Ansätze der Verteidigung, das Verhalten des Geschäftsführers mit „Nichtwissen“, der „Sorge um den Arbeitsplatz“ oder „Störgefühlen“ zu erklären, verworfen hat. Weiter ist bekannt, dass der Geschäftsführer selbst durch die Transaktionen keinen eigenen finanziellen Vorteil gehabt haben und im Prozess umfassend ausgesagt haben soll.

Auswirkungen auf die Haftung von Geschäftsführern und Leitungsorganen

Es ist absehbar, dass das Urteil der Strafkammer des Landgerichts Bonn auch von Zivilgerichten aufmerksam gelesen werden wird. Es könnte erhebliche Auswirkungen auf die zivilrechtliche Rechtsprechung zur Haftung von Geschäftsführern haben. In der Folge könnte sich nicht nur das Haftungsrisiko für diesen Personenkreis sondern, soweit Tochtergesellschaften in Konzernen betroffen sind, auch das Haftungsrisiko für die Leitungsorgane der überwachungspflichtigen Obergesellschaften noch einmal erhöhen.

Wir werden Sie nach Veröffentlichung der Urteilsgründe auf dem Laufenden halten.

(11. Februar 2022 )