Reaktionsbedarf in Architekturbüros auf die Corona-Pandemie

Architekturbüros bleiben von Auswirkungen der Corona-Pandemie natürlich nicht verschont. Wie alle Arbeitgeber müssen sie damit umgehen, dass Arbeitnehmer nicht im Büro bzw. vor Ort eingesetzt werden können, sondern von zu Hause aus arbeiten (möchten) bzw. ganz ausfallen. Das hat praktisch überall Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit des Büros, auch bei den Leistungen, die praktisch am Schreibtisch erbracht werden können. Und erst recht müssen die mit Objektüberwachungsaufgaben beauftragten Architekten damit umgehen, dass die Ausführungsleistungen der Bauunternehmen auf den Baustellen beeinträchtigt sind, und die Objektüberwachungsleistungen selbst erschwert werden, in Einzelfällen gar nicht mehr ordentlich erbracht werden können.

Wir möchten Ihnen zu den anstehenden Fragen einen kurzen Überblick geben; zu allen Konstellationen haben wir in den letzten Tagen Handlungsempfehlungen entwickelt und aktualisieren sie laufend. Auch der Handlungsbedarf selbst entwickelt sich laufend. Im Einzelfall lassen sich die allgemeinen Handlungsempfehlungen erst auf der Grundlage der konkreten Vertragsbeziehung sinnvoll anwenden und umsetzen.

Als Auftragnehmer der Planungsleistungen sind Architekten Werkunternehmer. Anders als z.B. im angelsächsischen Recht wird wohl kein einziger nach deutschem Recht geschlossener Architektenvertrag ausdrückliche Regelungen zu einer Pandemie oder allgemein zu „höherer Gewalt/force majeure“ enthalten. Im deutschen Recht gibt es vor allem zwei Rechtsinstitute, mit denen die vertraglichen Herausforderungen in einer Pandemie-Situation bewältigt werden müssen: Die Regelungen über die Anpassung von Vertragspflichten bei Änderungen der Geschäftsgrundlage und die Regelungen über das Verschulden. Die Geschäftsgrundlage ändert sich für sehr viele Vertragsverhältnisse, sicher auch die allermeisten Architektenverträge, ohne dass – wie gesehen – die Parteien im Vertrag für diese Änderung (Pandemie) eigene Regelungen getroffen haben. Und ohne Zweifel hat keiner der Vertragsparteien diese eingetretenen Umstände selbst zu vertreten, keine Vertragspartei trifft eine Schuld daran. Die Frage ist aber, zu welchen Lösungen man im Einzelfall gelangen kann; das hängt entscheidend von der Qualität und der – uns allen ja im Moment nicht bekannten – Dauer der Pandemie-Einflüsse auf die vertraglichen Leistungen ab.

Die sich sofort stellenden Fragen sind insbesondere:

  • Was ist zu veranlassen, wenn zu erkennen ist, dass Planungstermine nicht eingehalten werden können?
  • Welche Hinweispflichten haben Architekten gegenüber ihrem Auftraggeber?
  • Was ist zu tun, wenn auf den Baustellen Ausführungsleistungen verlangsamen bzw. ganz ausfallen?
  • Welche Pflichten hat der objektüberwachende Architekt vor Ort: Wer ist für besondere, Pandemie-bezogene Anweisungen auf der Baustelle verantwortlich? Was ist zu tun, wenn der Architekt die Objektüberwachung vor Ort nicht mehr sicherstellen kann, die Ausführungsleistungen aber noch (teilweise, vermindert) weitergehen?
  • Ist etwas Besonderes zu beachten, wenn jetzt neue Verträge geschlossen werden oder jetzt weitere Stufen bestehender Verträge abgerufen werden?
  • Gibt es Ansprüche des Auftragnehmers auf Anpassung der Vergütung o.ä. wegen der Veränderungen im Projektablauf Wie ist es mit der laufenden Vergütung? Was gilt für die anstehenden Abschlagsrechnungen?
  • Ist zu empfehlen, Verträge zu kündigen? Geht das überhaupt?

Das sind Fragen aus Auftragnehmersicht. Aber wer beispielsweise einzelne Leistungsphasen an einen Subunternehmer unterbeauftragt oder einen Generalplanerauftrag angenommen hat, für den er ohnehin Fachplaner als Nachunternehmer beauftragen musste, ist nicht nur Auftragnehmer eines Werkvertrages, sondern auch Auftraggeber möglicherweise mehrerer, verschiedener Nachunternehmerverträge. Das erweitert den Fragenkatalog:

  • Kann gegenüber Nachunternehmern, deren Leistungsfähigkeit noch nicht beeinträchtigt ist und die gerne uneingeschränkt weiter leisten würden, eine Verlangsamung oder Unterbrechung angeordnet werden, wenn der Projektfortschritt aus anderen Gründen verlangsamt oder unterbrochen werden muss?
  • Wie können Zahlungspläne angepasst werden?
  • Wie reagiere ich darauf, wenn Nachunternehmer anmelden, sie seien in ihrer Leistung aus Gründen der Pandemie behindert?
  • Kann ich Nachunternehmerverträge auch kündigen, wenn die Projektbearbeitung nachhaltig gestört ist?

Neben den vielen und zusätzlichen organisatorischen Aufgaben, die in Architekturbüros gerade wegen der Pandemie gelöst werden müssen, ist ein Blick über die gerade bearbeiteten Projekte und Verträge zu empfehlen um zu prüfen, ob gegenüber einem oder mehreren Vertragspartnern gegenwärtig etwas zu veranlassen ist, ob eine Erklärung abgegeben werden muss, ob der Auftraggeber trotz der Offensichtlichkeit der Lage doch einen spezifischen Hinweis verlangen kann.

Wir stehen Ihnen bei Bedarf wie stets im konkreten Fall zur Verfügung. Außerdem: Arbeitsrechtliche Fragen behandeln wir gesondert; auf unser Update zu „Kurzarbeit in Zeiten von Corona“ verweisen wir. Und es sind auch Neuerungen angekündigt, die helfen sollen, wenn durch ausbleibende Zahlungen die eigene Zahlungsfähigkeit in Gefahr kommt; auch dazu werden wir gesondert berichten.

(18. März 2020)