Wärmeplanung und Dekarbonisierung der Wärmeversorgung

Am 1. Januar 2024 sind das Wärmeplanungsgesetz (WPG) sowie die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) in Kraft getreten. Die neuen Regelungen sollen die gesetzlichen Grundlagen für eine treibhausgasneutrale Wärmeversorgung schaffen, um zur Erreichung der Klimaschutzziele der Bundesregierung beizutragen.

Hintergrund und Zielsetzung

Deutschland soll bis zum Jahr 2045 klimaneutral sein. Das Klimaschutzgesetz sieht eine schrittweise Reduktion der Treibhausgasemissionen vor, um die Netto-Treibhausgasneutralität zu erreichen (§ 3 KSG). Zur Umsetzung dieser Zielvorgabe muss auch die Wärmeversorgung vollständig auf die Nutzung erneuerbarer Energien umgestellt werden.

Die neuen Regelungen des WPG und GEG sollen zusammen die Transformation der Wärmeversorgung bewirken. Während das WPG die Dekarbonisierung der leitungsgebundenen Wärmeversorgung (Wärmenetze) im Blick hat, regelt das GEG die Reduktion der Treibhausgasemissionen in der dezentralen Wärmeversorgung in Gebäuden. Das WPG schafft außerdem einen Rahmen für eine flächendeckende Wärmeplanung. Mithilfe der Wärmeplanung sollen die Kommunen die Möglichkeiten einer Wärmeversorgung aus erneuerbaren Energien und aus Abwärme aufzeigen und die mittel- und langfristige Gestaltung der Wärmeversorgung für ihr Gebiet beschreiben.

Dekarbonisierung der Wärmeversorgung

Das WPG schreibt die vollständige Klimaneutralität in Wärmenetzen bis zum Jahr 2045 vor. Adressaten dieser Vorgabe sind die Betreiber von Wärmenetzen. Die Transformation soll schrittweise erfolgen: Wärmenetze, die nach dem 31. Dezember 2023 neu gebaut werden, müssen ab dem 1. März 2025 mit mindestens 65 % erneuerbarer Energien betrieben werden (§ 30 Abs. 1 WPG). Bei bestehenden Wärmenetzen muss der Anteil erneuerbarer Energien ab dem 1. Januar 2030 mindestens 30 % betragen (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 WPG). Ab dem 1. Januar 2040 gilt für alle Wärmenetze ein verpflichtender Anteil erneuerbarer Energien von mindestens 80 % (§ 29 Abs. 1 Nr. 2 WPG). Spätestens bis zum Jahr 2045 muss jedes Wärmenetz vollständig mit erneuerbaren Energien betrieben werden (§ 31 WPG).

Jeder Betreiber eines Wärmenetzes, das nicht bereits vollständig mit erneuerbaren Energien betrieben wird, ist verpflichtet, bis zum 1. Januar 2027 für sein Wärmenetz einen Wärmenetzausbau- und -dekarbonisierungsfahrplan zu erstellen und vorzulegen (§ 32 WPG). Mit dem Wärmenetzausbau- und -dekarbonisierungsfahrplan soll der Wärmenetzbetreiber transparent und nachvollziehbar aufzeigen, dass die Entwicklung seines bestehenden oder der Bau des neuen Wärmenetzes im Einklang mit den gesetzlichen Zielen und Vorgaben steht.

Flankierend zu den Regelungen im WPG legt das GEG die vollständige Abkehr von fossilen Brennstoffen in Heizungsanlagen ebenfalls bis zum Jahr 2045 fest (§ 72 Abs. 4 GEG). Parallel zum Reduktionspfad des WPG sieht auch das GEG eine schrittweise Reduzierung des Einsatzes fossiler Brennstoffe vor: Neue Heizungsanlagen in Neubauten in Neubaugebieten müssen seit dem 1. Januar 2024 mit mindestens 65 % erneuerbarer Energien betrieben werden (§ 71 Abs. 1 GEG). Im Gebäudebestand gilt die 65%-Regelung für neue Heizungsanlagen in Gemeinden über 100.000 Einwohner ab dem 30. Juni 2026 und in allen anderen Gemeinden ab dem 30. Juni 2028 (§ 71 Abs. 1, Abs. 8 Satz 1, 2 GEG). Wird für ein Gebiet auf Grundlage eines Wärmeplans eine Ausweisung als Gebiet zum Neu- oder Ausbau eines Wärmenetzes oder als Wasserstoffnetzausbaugebiet getroffen, müssen neue Heizungen ab diesem Zeitpunkt (1 Monat nach Bekanntgabe der Entscheidung) mit mindestens 65 % erneuerbarer Energien betrieben werden (§ 71 Abs. 1, Abs. 8 Satz 3 GEG). Heizungen, die vor den genannten Stichtagen in Betrieb genommen wurden, müssen ab dem 1. Januar 2029 zu mindestens 15 %, ab dem 1. Januar 2035 zu mindestens 30 % und ab dem 1. Januar 2040 zu mindestens 60 % erneuerbarer Energien betrieben werden (§ 71 Abs. 9 GEG).

Das GEG ist technologieoffen gestaltet. Die 65%-Regelung kann zum Beispiel mit einem Anschluss an ein Wärmenetz, mit dem Einbau einer Wärmepumpe oder der Nutzung von Solarthermie erfüllt werden (§ 71 Abs. 2, Abs. 3 GEG).

Kommunale Wärmeplanung

Die kommunale Wärmeplanung dient dazu, auf Grundlage der lokalen Gegebenheiten einen Pfad zur treibhausgasneutralen Wärmeversorgung der Kommunen zu entwickeln. Es geht auch darum, Investitions- und Planungssicherheit für alle Beteiligten zu schaffen. Die Wärmeplanung ist eine rechtlich unverbindliche, strategische Fachplanung (§ 3 Abs. 1 Nr. 20 WPG). Adressaten der kommunalen Wärmeplanung sind in erster Linie die Länder, die verpflichtet sind sicherzustellen, dass auf ihrem Hoheitsgebiet Wärmepläne nach Maßgabe des Gesetzes und bis zu den gesetzlich genannten Fristen erstellt werden (§ 4 Abs. 1 WPG). Die Länder können ihre Pflicht zur Wärmeplanung aber auf Gemeinden, Gemeindeverbände oder sonstige Rechtsträger übertragen und sie damit als planungsverantwortliche Stellen zu bestimmen (§ 33 Abs. 1 WPG). Das wird in der Praxis den Regelfall darstellen.

Umsetzungsfristen

Der zeitliche Rahmen zur Umsetzung der Wärmeplanung ist nach Gemeindegröße gestaffelt. Für Großstädte mit mehr als 100.000 Einwohner gilt eine Frist bis zum 30. Juni 2026 (§ 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WPG). Gemeinden mit 100.000 oder weniger Einwohner haben zwei Jahre länger bis zum 30. Juni 2028 Zeit (§ 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WPG). Für kleine Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohner können die Länder ein vereinfachtes Verfahren vorsehen (§ 4 Abs. 3 Satz 1 WPG), das die Länder durch Rechtsverordnung näher ausgestalten können (§ 33 Abs. 3 WPG). Als beispielhafte Vereinfachungen nennt das Gesetz eine Erleichterung bei den zu beteiligenden Akteuren sowie eine Ausweitung der Eignungsprüfung (§ 22 WPG).

Der Gesetzgeber hat berücksichtigt, dass in einigen Ländern bereits mit der Erstellung von Wärmeplänen begonnen wurde und hat aus diesem Grund eine Bestandsschutzregelung in das Wärmeplanungsgesetz aufgenommen. Danach gilt für Gemeindegebiete, für die bis zum Ablauf der jeweiligen Umsetzungsfrist auf Grundlage von Landesrecht ein damit konformer Wärmeplan erstellt und veröffentlicht wurde, die Pflicht zur Durchführung einer Wärmeplanung nicht (§ 5 Abs. 1 WPG). Für Gemeindegebiete, für die keine landesrechtliche Regelung existiert, gilt Bestandsschutz unter folgenden drei Voraussetzungen: Am 1. Januar 2024 muss ein Beschluss oder eine Entscheidung über die Durchführung der Wärmeplanung vorgelegen haben (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WPG), der Wärmeplan muss bis zum 30. Juni 2026 erstellt und veröffentlicht worden sein (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WPG) und die Wärmeplanung muss mit den Anforderungen des Wärmeplanungsgesetzes im Wesentlichen vergleichbar sein (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 WPG), wobei für die Annahme einer Vergleichbarkeit Regelbeispiele aufgestellt werden (§ 5 Abs. 2 Satz 2 WPG).

Ablauf der kommunalen Wärmeplanung

Die Wärmeplanung soll ein transparenter Beteiligungsprozess sein. Gegenstand dieses Prozesses ist die Beteiligung der Öffentlichkeit sowie aller Behörden und Träger öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereiche durch die Wärmeplanung berührt werden (§ 7 Abs. 1 WPG). Darüber hinaus müssen die (auch zukünftigen) Energieversorger und Wärmenetzbetreiber in dem Gebiet beteiligt werden (§ 7 Abs. 2 WPG). Das Recht auf Beteiligung korrespondiert mit einer grundsätzlichen Pflicht zur Mitwirkung (§ 7 Abs. 4 WPG).

Die konkreten Anforderungen an die Durchführung der Wärmeplanung sind in §§ 13 ff. WPG geregelt. Das Gesetz unterteilt den Ablauf der Wärmeplanung in mehrere Bestandteile. Nach einem initialen Beschluss oder einer sonstigen Erklärung über die Durchführung der Wärmeplanung (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 WPG) soll im Rahmen einer vorgelagerten Eignungsprüfung untersucht werden, welche Teilgebiete sich mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht für eine Versorgung durch ein Wärmenetz oder ein Wasserstoffnetz eignen (§ 14 Abs. 1 WPG). Für diese Gebiete kann eine verkürzte Wärmeplanung erfolgen.

Nach der Eignungsprüfung erfolgt die Bestandsanalyse, in dessen Rahmen der derzeitige Wärmebedarf oder -verbrauch, die vorhandenen Wärmeerzeugungsanlagen und die für die Wärmeversorgung relevanten Energieinfrastrukturanlagen ermittelt werden (§ 15 Abs. 1 WPG). Durch die Bestandsanalyse soll die planungsverantwortliche Stelle ein hinreichend genaues Bild und Verständnis der aktuellen Situation der Wärmeversorgung im beplanten Gebiet bekommen.

Im Anschluss an die Bestandsanalyse oder parallel dazu erfolgt die Potenzialanalyse. Im Rahmen der Potenzialanalyse werden die Potenziale zur Erzeugung von Wärme aus erneuerbaren Energien, zur Nutzung von unvermeidbarer Abwärme und zur zentralen Wärmespeicherung ermittelt (§ 16 Abs. 1 WPG). Die Darstellung der Potenziale dient dazu, zu erkennen und quantitativ abzuschätzen, welche Wärmequellen und Technologien in welchem Umfang und Maße für die langfristig auf erneuerbaren Energien und unvermeidbarer Abwärme basierende Wärmeversorgung genutzt werden könnten.

Auf Basis der Bestands- und Potenzialanalyse beschreibt die planungsverantwortliche Stelle in einem Zielszenario die langfristige Entwicklung der Wärmeversorgung (§ 17 WPG). Unter einem Zielszenario wird hier ein plausibler Entwicklungspfad der Wärmeversorgung von der Gegenwart bis zum Zieljahr, d. h. bis zur Treibhausgasneutralität der Wärmeversorgung im beplanten Gebiet verstanden. Als Teil der Entwicklung des Zielszenarios erfolgt eine Einteilung des Gebiets in voraussichtliche Wärmeversorgungsgebiete (§ 18 WPG). Außerdem bestimmt die planungsverantwortliche Stelle die möglichen Wärmeversorgungsarten (§ 19 WPG). Wärmeversorgungsarten sind alle in Betracht kommenden Kategorien der Versorgung mit Wärme wie beispielsweise Wärmenetze, Wasserstoffnetze oder die dezentrale Wärmeversorgung (§ 3 Abs. 1 Nr. 22 WPG). Die planungsverantwortliche Stelle prüft, wie geeignet eine bestimmte Wärmeversorgungsart für die langfristige Wärmeversorgung eines bestimmten beplanten Teilgebiets ist. Schließlich entwickelt die planungsverantwortliche Stelle eine Umsetzungsstrategie mit konkreten Umsetzungsmaßnahmen, die zur Erreichung des Zielszenarios beitragen sollen (§ 20 WPG).

Die wesentlichen Ergebnisse der Wärmeplanung werden im Wärmeplan zusammengefasst. Er stellt das zur Veröffentlichung bestimmte Ergebnis der Wärmeplanung dar (§ 3 Abs. 1 Nr. 19 WPG). Als Mindestanforderung muss der Wärmeplan die Ergebnisse der Eignungsprüfung, der Bestandsanalyse und der Potenzialanalyse, das Zielszenario, die Einteilung des beplanten Gebiets in voraussichtliche Wärmeversorgungsgebiete, die Darstellung der Wärmeversorgungsart für das Zieljahr sowie die Umsetzungsmaßnahmen enthalten (§ 23 Abs. 2 Satz 1 WPG).

(21. März 2024)