Erstmals gesetzliche Regelungen zum Architekten- und Ingenieurvertrag

Es ist so weit: Mit dem „Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts“, das der Gesetzgeber voraussichtlich in Kürze beschließen wird, wird es erstmals eigene Vorschriften für Architekten- und Ingenieurverträge geben. Es handelt sich nicht um eine umfassende Regelung des Architektenvertrags, sondern lediglich um fünf Vorschriften, die in das Werkvertragsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) eingefügt werden sollen. Dennoch: Für die praktische Tätigkeit und das Vertragswesen sind sie von großer Bedeutung. Der Gesetzgeber teilt den Planungsablauf in zwei Vertragsphasen, er regelt jetzt, was der Planer schuldet, und ordnet den Planungsvertrag auf diese Weise in das BGB ein. Wir beginnen systematisch mit letzterem, auch wenn es damit etwas trocken anfängt:

Architektenvertrag bleibt Werkvertrag

Es steht jetzt im Gesetz: Der Architekten- und Ingenieurvertrag ist ein Werkvertrag. Die Rechtsprechung hat das schon vor Jahrzehnten entschieden. Richtig gepasst hat das nie. Dennoch folgt der Gesetzgeber der Rechtsprechung, obgleich er auch sieht, dass diese Zuordnung problematisch ist. Es sind vor allem drei Besonderheiten des Planungsvertrages, die im Werkvertragsrecht oft Schwierigkeiten machen: Die lange Leistungszeit, die sehr leistungsorientierte Pflichtenbeschreibung des Planungswerks und der Umstand, dass der Planer das eigentlich beabsichtigte „Werk“, das Bauwerk nämlich, ja gar nicht selbst herstellt. Daher kann er bei Lichte betrachtet für die wesentlichen Eigenschaften des Bauwerks selbst keine Herstellungsverpflichtung und auch keine Gewährleistung übernehmen; das gilt vor allem in Zeiten und Märkten, in denen die Bedingungen der Bauunternehmen während der Planung nur sehr schwer vorhersehbar sind.

Der Gesetzgeber trifft diese Einordnung – Planungsvertrag ist Werkvertrag – trotz der „teilweise unverhältnismäßig belastenden Konsequenzen“, die aus der Zuordnung zum Werkvertragsrecht folgen können. Die Begründung: Machte man es anders, führte das zu einer „nicht mehr zu beherrschenden Anwendung unterschiedlicher Regelungen“ und erheblichen Unsicherheiten. Aber die jetzt gefundenen Regelungen seien dazu geeignet, den besonderen Charakter der Architekten- und Ingenieurverträge „deutlich zu machen“.

Der Erfolg des Planungsvertrages

Zur Erinnerung: Das Grundproblem der Einordnung des Architektenvertrags als Werkvertrag ist, den Werkerfolg zu beschreiben. Für einen Entwurf oder einen Genehmigungsantrag ist das noch gut möglich. Aber z.B. bei der „Mitwirkung bei der Vergabe“? Bei der Objektüberwachung (LP 8) liegt der Werkerfolg nach der Rechtsprechung im „Entstehenlassen eines mangelfreien Bauwerks“, und da zeigt sich schon die Spannung, die darin liegt, dass der Architekt planen und in gewissen Grenzen vorbereiten und organisieren, aber nicht anordnen und nicht selbst bauen kann. Gerade in diesen Leistungsphasen stehen seine Leistungen im Vordergrund; gleichzeitig richtet sich der Blick des Bauherrn natürlich schon auf den Bau, der letztlich entstehen soll, der aber rechtlich eben nicht Erfolg des Architektenwerks sein kann: Der Architekt kann ihn nicht selbständig herbeiführen, es braucht dazu Bauunternehmen, die die Leistungen übernehmen und ausführen, und vor allem Auftraggeber, die die Bauunternehmen entsprechend beauftragen, anweisen, nicht behindern etc. Das Werkvertragskonzept ist missverständlich, es erschwert die Eingrenzung, was der Architekt genau schuldet. Die größten Schwierigkeiten liegen in dem Missverständnis, dass das „Bauwerk“ (juristisch) den „Werkerfolg“ des Planungsvertrages bestimme.

Zweiphasiger Planungsvertrag

Der Gesetzgeber will diese Spannungen und Missverständnisse überwinden. Er führt mit der neuen, zentralen Regelung in § 650o BGB-E eine sehr erfreuliche Klarstellung ein, indem er die „vertragstypischen“ Leistungspflichten beschreibt, und zwar in zwei Phasen:

  • Erste Phase: „Solange die Planungs- und Überwachungsziele nicht vereinbart sind, schuldet der Unternehmer in der Regel die zur Konkretisierung dieser Ziele notwendigen Leistungen“ (Zweiter Satz in § 650o BGB-E).
  • Zweite Phase – sobald diese Planungs- und Überwachungsziele konkretisiert sind: „Durch einen Architekten- oder Ingenieurvertrag wird der Unternehmer verpflichtet, die Leistungen zu erbringen, die nach dem jeweiligen Stand der Planung und Ausführung des Bauwerks oder der Außenanlage erforderlich sind, um die zwischen den Parteien vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele zu erreichen“ (Erster Satz in § 650o BGB-E).

Diese Regelung stellt verschiedene Dinge klar:

  • An die Stelle des Werkerfolgs des typischen Werkvertrages treten für den Architekten- oder Ingenieurvertrag „Planungs- und Überwachungsziele“.
  • Mit „Planungs- und Überwachungszielen“ führt der Gesetzgeber für die Architekten und Ingenieure einen neuen Begriff in das Werkvertragsrecht ein, der die Besonderheiten des Planungsprozesses aufnimmt. Diese Ziele können dann werkvertragliche Beschaffenheiten des Planungswerks werden, wenn die Parteien das so vereinbaren.
  • In der ersten Phase ist es zu früh, Planungs- und Überwachungsziele zu vereinbaren; der Planungsvertrag der ersten Stufe ist darauf gerichtet („Werkerfolg“), diese Planungs- und Überwachungsziele erst beschreibbar zu machen.

Damit tut der Gesetzgeber nicht weniger, als für den Architekten- oder Ingenieurvertrag ein modifiziertes Werkvertragskonzept einzuführen, das die Besonderheiten des Architekten- oder Ingenieurvertrags berücksichtigt. Für die (Vertrags-) Praxis bedeutet das aus unserer Sicht folgendes:

Ziele und vereinbarte Beschaffenheiten

Der neu eingeführte Begriff des Planungs- und Überwachungsziels beschreibt für den Architekten- und Ingenieurvertrag das „versprochene Werk“ (§ 631 Abs. 1 BGB) besser und ist etwas anderes als die für die Sachmängel im Werkvertragsrecht propagierte „vereinbarte Beschaffenheit“. Damit berücksichtigt der Gesetzgeber nämlich die eingangs beschriebene Besonderheit des Planungsvertrages. Nach der neuen Regelung gelten im Planungsvertrag „Ziele“, die erst noch von Dritten umgesetzt werden müssen. Das hat zwei hervorzuhebende Konsequenzen:

  • Ziele sind etwas anderes als Bauwerkseigenschaften. Sie können nur erreicht werden, wenn Dritte entsprechend verpflichtet werden können. Der Planer schuldet also die Verfolgung dieser Ziele; dass sie zwingend so erreicht werden können, schuldet er nicht. Das wäre nur der Fall im Rahmen ausdrücklich als solcher vereinbarter Beschaffenheiten des Planungswerks.
  • Ziele in der Planung stehen (meist) miteinander in Konflikt. Daher können sie angestrebt, aber nicht immer sämtlich erreicht werden. Vielmehr ist es Aufgabe der Planung, verschiedene, konfligierende Ziele (etwa Kosten, Raumprogramm, Qualitäten, Zertifizierungen etc.) in möglichst weitgehende, sinnvolle Übereinstimmung zu bringen und so weit wie möglich zu erreichen. Der Planungsvertrag muss daher auch vorsehen, wie mit Zielkonflikten umzugehen ist, welche Ziele Vorrang haben sollen etc.

Die neuen Begriffe des Gesetzgebers zwingen dazu, in Zukunft ganz präzise Vereinbarungen zu treffen. Die Vertragspraxis muss auf die Verwendung richtiger Begriffe achten. Es muss (wie bisher auch) klar unterschieden werden, für welche der „Ziele“ der Planer als Werkunternehmer einstehen kann und welche „Ziele“ im Verband mit anderen angestrebt werden, erst in der Planungsarbeit mit anderen „Zielen“ abgeglichen und vor allem erst durch das Hinzutreten der Werkarbeiten Dritter (Fachplaner, bauausführende Unternehmen etc.) erreicht werden können.

Es sind ausdrückliche Regelungen zu den beiden Möglichkeiten zu empfehlen; sicher falsch wäre die Erwartung, allein durch die Verwendung der Vokabel „Ziel“ klargestellt zu haben, dass der Planer dafür noch nicht verbindlich einstehen kann. Sinnvoll wären zum Beispiel spezifische Vereinbarungen zu den verschiedenen „Zielen“ je nach Beeinflussbarkeit (und übrigens auch Messbarkeit), die dann zu differenzierten Rechtsfolgen führen würden.

Erste Phase des Planungsvertrages

Für eine erste Phase des Planungsvertrages anerkennt der Gesetzgeber, dass sich bestimmte Beschaffenheiten des Leistungserfolgs, soweit das auf Eigenschaften des Bauwerks Bezug nimmt, noch gar nicht bestimmen lassen. Daher ist die erste Phase dazu da, Planungs- und Überwachungsziele erst beschreibbar zu machen. Der Planer schuldet nach dem Wortlaut der Bestimmung „Leistungen“. Die Leistungen des Planers in dieser ersten Phase sind vertragsgemäß, wenn sie sich dazu eignen, dass der Bauherr auf dieser Grundlage Planungs- und Überwachungsziele definieren kann.

Wegen des Preisrechts der HOAI wird sich dabei rasch die Frage stellen, welche Leistungsphasen dazu gehören. Der Gesetzgeber verzichtet (nach der Gesetzesbegründung absichtlich) auf eine Definition an Hand der Leistungsphasen der HOAI. Das überlässt er den Parteien des Architekten- oder Ingenieurvertrages. Und es ist ja auch richtig: Einerseits kann diese erste Stufe je nach Projekt verschieden weit gehen. Manchmal mag ein Vorentwurf ausreichen, manchmal ein abgestimmter, möglicherweise noch nicht abschließend koordinierter Entwurf benötigt werden. Auch individuelle Zwischenstände könnten vereinbart werden. Und andererseits steht es den Parteien eines Planungsvertrages frei, Vereinbarungen außerhalb der HOAI zu treffen. Selbst wenn das Preisrecht der HOAI nicht disponibel ist: Die Leistungen der HOAI muss man nicht als solche, sondern kann man vereinbaren.

Diese Zielfindungsphase ist nach der Gesetzesbegründung vor allem für solche Auftraggeber da, die sich mit nur vagen Vorstellungen an den Planer wenden, so dass noch keine „Vereinbarung über die Beschaffenheit des Erfolgs möglich ist“. Im Hinblick auf die Konkretisierbarkeit der Planungs- und Überwachungsziele für die zweite Phase wird aber künftig jeder Planungsvertrag sinnvollerweise diese beiden Phasen abbilden.

Zweite Phase des Planungsvertrages

In der zweiten Phase schuldet der Planer die Leistungen, die nach dem jeweiligen Stand der Planung und Ausführung erforderlich sind, um die vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele zu erreichen. Nach der Gesetzesbegründung ist es auch in dieser Phase notwendig, zwischen den Planungs- und Leistungsschritten einerseits und dem Planungserfolg zu unterscheiden. Man wird vermuten dürfen, dass der Gesetzgeber mit den Planungs- und Überwachungszielen, die vereinbart werden können, den Planungserfolg meint. In dieser zweiten Phase also können auch Eigenschaften des zu errichtenden Bauwerks als Planungserfolg vereinbart werden, also die funktionalen und qualitativen Kriterien ebenso wie Kosten und Errichtungszeit.

Der Gesetzgeber hat sich dabei offenbar keine differenzierten Gedanken gemacht über den Grad der Verbindlichkeit von „vereinbarten Planungszielen“ als Planungserfolg. Ob die Ziele erreicht werden, hängt von den Leistungen Dritter und der Mitwirkung des Auftraggebers ab, und bei Kosten und Zeit werden die Grenzen der planerischen Einflussmöglichkeiten besonders deutlich. Soll der Planer trotzdem unabhängig von eigenem Verschulden für das Erreichen der „vereinbarten Planungsziele“ Gewähr leisten müssen? Dann hätte er kein abnahmereifes Planungswerk erbracht, wenn in der zweiten Phase Störungen außerhalb seines Einflussbereichs (z.B. Marktentwicklung, Preisabsprachen, äußere Einflüsse auf der Baustelle) dazu führen, dass ein Ziel (z.B. Kosten, Flächeneffizienz, Termine) mit der bisherigen Planung nicht mehr oder nur noch zu Lasten eines anderen Ziels erreichbar ist. Das geht zu weit. Zu empfehlen sind daher präzise vertragliche Regelungen, die den Grad der Verbindlichkeit der Planungsziele in der zweiten Phase bestimmen.

Fazit: Das Gesetz zwingt nicht dazu, irgendwelche oder gar bestimmte Ziele mit einer bestimmten Verbindlichkeit zu vereinbaren. Es bestimmt nur, dass sich die Leistungspflichten an den Zielen orientieren, sobald sie vereinbart sind. Das ist nichts Neues gegenüber dem geltenden Recht (§§ 631 Abs. 1, 633 Abs. 2 BGB). Aber es wird die Vorstellung des Gesetzgebers deutlich, dass jedenfalls erst in der zweiten Phase des Planungsvertrages Vereinbarungen über die Beschaffenheit des Erfolgs möglich sind. Vorausgegangen sein muss eine erste Phase mit dem Ziel, die Planungsziele konkretisierbar zu machen. Und es ist die Aufgabe der Vertragsgestaltung, die Verbindlichkeit der Ziele in der zweiten Phase zu bestimmen.

Änderungen

Nach der Gesetzesbegründung soll die Leistungsdefinition auch dazu beitragen, „die im Laufe der Planentwicklung notwendige Konkretisierung des Erfolgs von der einer Mehr- oder Mindervergütung auslösenden Änderungsanordnung abzugrenzen. Änderungswünsche des Bestellers, die bereits getroffene Festlegungen betreffen, können künftig nur noch über das Anordnungsrecht nach § 650 b BGB-E geltend gemacht werden“. Das ist eine sehr erfreuliche Tendenz des Gesetzgebers.

Sonderkündigung

Der Gesetzgeber assistiert noch mit einer weiteren Regelung: Der Bauherr, der einen weitergehenden Planungsvertrag abgeschlossen hat, hat am Ende der „Zielfindungsphase“ ein Sonderkündigungsrecht. Unter der „Zielfindungsphase“ wird man wohl den Vertragsteil der oben dargestellten ersten Phase verstehen dürfen. Professionelle Auftraggeber kennen diesen stufenweisen Fortschritt der Planungsleistungen längst. Hier wäre das Sonderkündigungsrecht nicht nötig geworden. Nach der Gesetzesbegründung soll es auch insbesondere Verbraucher „vor den Rechtsfolgen eines häufig übereilt abgeschlossenen umfassenden Architektenvertrages schützen, der alle 9 Leistungsphasen des § 3 beinhaltet“.

Gesamtschuldnerische Haftung

Mit zu den übelsten Problemen gehört die von der Rechtsprechung begründete Gesamtschuld des Architekten mit dem ausführenden Unternehmen. Diese gesamtschuldnerische Haftung besteht, wenn sowohl der Architekt als auch der ausführende Unternehmer an der Entstehung eines Schadens mitgewirkt haben, also beide Fehler gemacht haben. Eine typische Konstellation: Ausführungsplanungsfehler und Ausführungsfehler; Ausführungsfehler und Objektüberwachungsfehler. Es gibt sicher zahllose Fälle, in denen das Gesamtschuldverhältnis sich systemgerecht abwickeln lässt. Denn dem Vorteil des Auftraggebers, dass er nach seiner Wahl einen von beiden Gesamtschuldnern auch auf den gesamten Schadenersatz in Anspruch nehmen kann, steht im Innenverhältnis der Gesamtschuldner ein Ausgleichsanspruch gegenüber, mit dem auf dieser Ebene die Verhältnisse wieder zurecht gerückt werden können – wenn auch mühsam und auf Kosten des Architekten. Nur: Der Ausgleichsanspruch ist nichts wert, wenn das ausführende Unternehmen insolvent ist. Darin liegt (auch volkswirtschaftlich) das Problem. Es setzt sich fort auf die Haftpflichtversicherer der Architekten, die sich auf diese Weise mit einem unkalkulierbaren – und gegenüber dem ausführenden Unternehmen auch regelmäßig nicht versicherbaren – Risiko belastet sehen.

Dieses Problem ist in vielen beschlagenen und erfahrenen Arbeitsgruppen erörtert und von allen Seiten betrachtet worden. Am Ende scheint es dem Gesetzgeber nicht wichtig genug gewesen zu sein. Er wählt aus allen Vorschlägen die allerkleinste Lösung. Sie sieht so aus: Der Architekt kann auf Schadenersatz erst in Anspruch genommen werden, wenn der Bauherr dem ausführenden Unternehmen zuvor erfolglos eine Frist zur Nachbesserung gesetzt hat. Das ist für den Architekten aber keine Hilfe: Ist der ausführende Unternehmer insolvent, erreicht diese Fristsetzung niemanden. Und selbst wenn der Unternehmer noch solvent ist: Es liegt dann in seiner Hand, ob er der Nachbesserungsaufforderung nachkommt oder nicht, also die übermäßige Haftung des Planers entstehen lässt oder nicht.

Die Gesetzesbegründung hält ausdrücklich fest: Nicht erforderlich ist, dass der Bauherr gegen das ausführende Unternehmen auch (erfolglos) geklagt hat. Es geht nur um das Nachbesserungsrecht. Begründet wird das im Wesentlichen damit, dass der solvente Unternehmer ein Interesse an der Nacherfüllung habe. Das geht wirklich am Problem vorbei. Entscheidend für den Gesetzgeber war offenbar die Überlegung, dass der Bauherr erheblich benachteiligt würde, wenn er selbst eine Schadenaufteilung zwischen den am Bau Beteiligten vorzunehmen hätte. Maßgeblich geleitet hat den Gesetzgeber offensichtlich auch die Lage des Verbrauchers.

Die Abschaffung der gesamtschuldnerischen Haftung lehnt der Gesetzgeber ab, weil der Bauherr dann eine anderweitige Absicherung seiner Ansprüche vertraglich im Zweifel nicht durchsetzen könne. Der Gesetzgeber hätte auch den Weg gehen können, diese anderweitige Absicherung tatsächlich durchzusetzen, anzuordnen oder Ähnliches. Auch hätte er dem Architekten das Insolvenzrisiko abnehmen können. Denn das ist wirklich nicht einzusehen: Der Architekt wählt den Unternehmer, neben dem er haften soll, nicht selbst aus. Er hat keine Möglichkeit, das ihm zugeordnete Risiko der Insolvenz zu beherrschen, zu gestalten oder abzusichern.

Teilleistungen und Teilabnahme

Es gibt noch zwei interessante Neuerungen:

Teilabnahme

Wenn die Leistungspflichten des Architekten weitergehen als die des Bauunternehmers, also nicht in dem Zeitpunkt schon abgeschlossen sind, in dem dieser fertig ist (und Abnahme verlangt hat), kann der Architekt jetzt nach § 650 r BGB stets eine eigene Teilabnahme verlangen. Voraussetzung ist die bauvertragliche Abnahme der letzten Leistung des bauausführenden Unternehmens. Natürlich kann man sich die Streitigkeiten um das Wort „letzte Leistung“ schon vorstellen. Trotzdem ist die Regelung insgesamt nicht nur gut gemeint, sondern wahrscheinlich auch häufig hilfreich, wenn nämlich im Vertrag übersehen sein sollte, eine Teilabnahme zwischen Leistungsphase 8 und Leistungsphase 9 zu verlangen. Außerdem liegt selbst ohne einen Auftrag mit der Leistungsphase 9 der Zeitpunkt, in dem jetzt nach dem Gesetz die Teilabnahme verlangt werden kann, vermutlich ein paar Wochen oder Monate vor dem Abschluss der Leistungsphase 8. Bei längeren Nachlaufleistungen kann sich also auch in diesem Fall lohnen, die Teilabnahme zu verlangen. Der Gesetzgeber wollte auf diese Weise die Gewährleistungsfristen des Architekten mit denen der ausführenden Unternehmen etwas besser koordinieren.

Teilleistungen

Zudem gibt es jetzt eine eigenständige Regelung der Kündigung aus wichtigem Grund. Der Gesetzgeber hielt das für nötig, weil über die Kündigungsmöglichkeit aus wichtigem Grund in der Praxis zuvor Rechtsunsicherheit bestanden habe. Dieses Kündigungsrecht basiert ja tatsächlich auf Richterrecht. Wirkliche Schwierigkeiten gab es damit dennoch nicht. Die Kündigungsregelung enthält eine Bestimmung, wonach die Parteien nach der Kündigung gemeinsam den Leistungsstand feststellen sollen. Beteiligt sich eine Partei nicht, erhält sie die Beweislast für den Leistungsstand. Auch das ist eine gut gemeinte Regelung, deren Wert sich in der Zukunft erweisen wird. Die Streitigkeiten um den Leistungsstand im Falle einer vorzeitigen Kündigung des Architektenvertrages sind Legion. Wenn die Parteien sich wirklich nicht einigen wollen, enden sie vor Gericht und in Sachverständigen-Schlachten. Ob es nutzt, wenn das Gesetz die Parteien verpflichtet, jedenfalls zu einem Termin zusammenzukommen – auch ohne Ergebnis – wird sich zeigen. Wenn der Auftraggeber zur Präsentation der Leistungsergebnisse nur erscheint, trifft ihn schon nicht mehr die vom Gesetz angeordnete Rechtsfolge. Dann bleibt es wieder beim Alten. Das ist auch eine etwas kleinmütige Regelung.

(11. Juli 2016)