Neues zur Kraftwerksstrategie: Ausschreibung neuer Kraftwerkskapazität zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit

Am 11. September 2024 hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz („BMWK“) das europarechtlich verpflichtende Konsultationsverfahren für das geplante Kraftwerkssicherheitsgesetz („KWSG“) zur Umsetzung der sog. Kraftwerksstrategie („KWS“) eröffnet.

Das BMWK hat die KWS aus beihilferechtlichen Gründen in zwei Säulen eingeteilt. Die erste Säule sieht die Ausschreibung von Kapazitäten für wasserstofffähige Gaskraftwerke, reine Wasserstoffkraftwerke sowie Langzeitstromspeichern als Dekarbonisierungsmaßnahme vor. Die zweite Säule enthält Ausschreibungen von insgesamt 5 GW an steuerbarer Erzeugungskapazität als Maßnahme zur Versorgungssicherheit im Sinne der EU-Beihilfeleitlinien. Der KWS nachgelagert sieht das BMWK als eigenständige dritte Säule zudem die Einführung eines umfassenden Kapazitätsmechanismus bis zum Jahr 2028 vor.

Zweite Säule: Förderung von steuerbaren Kapazitäten

In der zweiten Säule sind Ausschreibungen für insgesamt 5 GW an steuerbaren Kapazitäten zur Stromerzeugung vorgesehen. Die Ausschreibungen, die zwar technologieneutral erfolgen, aber vor allem auf neue Kraftwerkskapazitäten abzielen, sollen zu je 2,5 GW in den Jahren 2025 und 2026 erfolgen. Die Realisierungsfrist beträgt 6 Jahre nach Zuschlagserteilung. Die Teilnahmeberechtigung ist lediglich an die Nennung eines Standorts sowie die Hinterlegung einer Sicherheitsleistung zur Absicherung von Pönalen im Falle der Nichtrealisierung gebunden. Eine vorherige immissionsschutzrechtliche Genehmigung müssen Betreiber nicht vorlegen.

Förderfähig sind ausschließlich Neuanlagen mit einer Mindestnetto-Nennleistung von 10 MW, die für wenigstens 96 aufeinanderfolgende Stunden Strom unter Volllast erzeugen können. Auch wenn es sich nicht um eine Dekarbonisierungsmaßnahme handelt, müssen die geförderten Anlagen ebenfalls kompatibel mit den EU-Klimazielen sein. Sie müssen den Emissionsgrenzwert nach Artikel 22 der Verordnung (EU) 2019/943 einhalten und zudem gewährleisten, dass sie „im Lauf ihrer technischen Lebensdauer“ Technologien zur CO2-Einsparung umsetzen (z.B. Carbon Capture and Storage), Erdgas durch erneuerbare oder CO2-arme Gase ersetzen oder die Anlage innerhalb eines klimazielkompatiblen Zeitrahmens stilllegen. Wie auch in der ersten Säule müssen Anlagen darüber hinaus einen technischen Beitrag zur Netzsicherheit und -stabilität leisten. In diesem Kontext ist ebenfalls ein „Südbonus“ vorgesehen, der zwar die Förderung nicht erhöht, jedoch sicherstellen soll, dass zwei Drittel der in den Ausschreibungen erfolgreichen Anlagen im „netztechnischen Süden“ liegen (Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und das Saarland).

Als Förderinstrument ist eine Investitionskostenförderung über fünfzehn gleichmäßige Jahresraten für die Bereitstellung der steuerbaren Leistung vorgesehen, die über die Erhebung einer Umlage finanziert werden soll. Die Höhe der Förderung richtet sich nach dem Gebotswert in den Ausschreibungen sowie einem De-Rating-Faktor, der durch die ausschreibende Stelle für jede Anlage im Vorfeld der Auktion festgelegt wird. Zur Vermeidung von Überforderungen ist ein noch festzulegender Gebotshöchstwert sowie ein Rückforderungsmechanismus („claw-back“) vorgesehen, dessen genaue Ausgestaltung ebenfalls noch offen ist. Das BMWK stellt eine erzeugungsabhängige Variante auf Grundlage der tatsächlichen Einspeisung und eine erzeugungsunabhängige Alternative durch sog. Reliability Options zur Diskussion. Der Auslösepreis („strike price“) beträgt wie in der ersten Säule der KWS 430 EUR/MWh.

Dritte Säule: Umfassender Kapazitätsmechanismus bis 2028

Neben der KWS plant die Bundesregierung die Einführung eines Kapazitätsmechanismus, der im Jahr 2028 operativ sein soll. Hierzu hat das BMWK jüngst ein Optionenpapier veröffentlicht, in dem verschiedene Lösungsansätze zur Diskussion gestellt werden. Der vom BMWK favorisierte „kombinierte Kapazitätsmechanismus“ aus zentralen und dezentralen Elementen ist aus beihilferechtlicher Sicht kritisch zu sehen, weil die einschlägigen EU-Beihilfeleitlinien erfordern, vorrangig marktgesteuerte Lösungen wie die ebenfalls vom BMWK diskutierte Absicherungspflicht durch Spitzenpreishedging zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit zu ergreifen.

Stellungnahme zur KWS bis zum 23. Oktober 2024 möglich

Die Konsultation erstreckt sich über einen Zeitraum von sechs Wochen. Noch bis zum 23. Oktober 2024 hat die interessierte Öffentlichkeit die Gelegenheit, zum KWSG Stellung zu nehmen. Das BMWK wird die Stellungnahmen aufbereiten und in den weiteren Gesetzgebungsprozess miteinbeziehen.

(19. September 2024)