Dem schnellen Ausbau erneuerbarer Energien steht vielerorts mangelnde Akzeptanz der Bevölkerung entgegen. Insbesondere Windenergieanlagen werden häufig als störend empfunden. Beteiligungsmöglichkeiten im Verfahren, Transparenz und finanzielle Teilhabe tragen dazu bei, die Akzeptanz von Windenergieprojekten zu erhöhen.
Auf Bundesebene regelt § 6 Abs. 1 EEG 2023, dass Betreiber von Windenergie- und PV-Freiflächenanlagen Gemeinden, die von der Errichtung der Anlage betroffen sind, Beträge durch einseitige Zuwendungen ohne Gegenleistung anbieten dürfen. Bei Windenergieanlagen dürfen den Gemeinden höchstens 0,2 Cent pro Kilowattstunde angeboten werden. Entsprechende Vereinbarungen dürfen auch schon vor der Genehmigung der Windenergieanlage geschlossen werden. Bei § 6 EEG handelt es sich um eine Regelung, die auf Freiwilligkeit der Anlagenbetreiber beruht. Die Bürger sind hier nur indirekt beteiligt, indem die Einnahmen ihren Gemeinden zugutekommen.
Dagegen sehen landesrechtliche Regelungen Pflichten zur finanziellen Beteiligung der Gemeinden und Anwohner vor.
So regelt in Mecklenburg-Vorpommern das Bürger- und Gemeindenbeteiligungsgesetz (BüGembeteilG M-V), dass Windparks nur durch eine eigene Projektgesellschaft betrieben werden dürfen. Windparkbetreiber sind verpflichtet, der Gemeinde und den Einwohnern mindestens 20 Prozent der Anteile an dieser Gesellschaft zum Kauf anzubieten. Dabei darf ein Anteil nicht mehr als 500 Euro kosten. Alternativ kann der Windparkbetreiber eine Ausgleichsabgabe an die Gemeinde zahlen und den Einwohnern ein Sparprodukt anbieten. Schließlich kann der Betreiber die Pflicht nach dem BüGembeteilG M-V auch dadurch erfüllen, dass er der Gemeinde eine Beteiligung nach § 6 EEG anbietet.
In Brandenburg sieht das Windenergieanlagenabgabengesetz (BbgWindAbgG) vor, dass Betreiber von Windenergieanlagen eine Sonderabgabe in Höhe von 10.000 Euro pro Windenergieanlage und Jahr an die Gemeinde zahlen müssen. Die Gemeinde hat die Mittel für Maßnahmen zur Steigerung der Akzeptanz von Windenergieanlagen zu verwenden, etwa zur Aufwertung des Ortsbilds oder zur Förderung kommunaler Veranstaltungen und sozialer Aktivitäten.
Ende 2023 ist in Nordrhein-Westfalen das Bürgerenergiegesetz (BürgEnG NRW) in Kraft getreten. Danach werden Anlagenbetreiber verpflichtet, der Standortgemeinde ein Angebot zur finanziellen Beteiligung zu machen. Das BürgEnG listet als denkbare Beteiligungsmöglichkeiten etwa eine Beteiligung an der Projektgesellschaft, das Angebot über den Kauf von Windenergieanlagen, vergünstigte lokale Stromtarife und Sparprodukte sowie die Finanzierung gemeinnütziger Stiftungen oder Vereine vor. Sofern keine Beteiligungsvereinbarung geschlossen wird, muss der Betreiber ein Angebot zur jährlichen Zahlung von 0,2 Cent pro Kilowattstunde über 20 Jahr an die Gemeinde abgeben. Einwohnern ist darüber hinaus eine Eigenkapitalbeteiligung in Form eines Nachrangdarlehens anzubieten. Kommt der Vorhabenträger diesen Pflichten nicht nach, muss er eine Ausgleichsabgabe in Höhe von 0,8 Cent pro Kilowattstunde an die Gemeinde zahlen. In Nordrhein-Westfalen wird zudem eine Transparenzplattform eingeführt, die Informationen über angebotene und vereinbarte Beteiligungsmöglichkeiten sowie Übersichten und Berichte der Gemeinden über die Mittelverwendung veröffentlicht.
In Bezug auf das Verhältnis zwischen der bundesgesetzlichen Regelung in § 6 EEG und den Landesgesetzen hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 23. März 2022 (1 BvR 1187/17) entschieden, dass § 6 EEG keine Sperrwirkung gegenüber landesrechtlichen Regelungen entfaltet, da § 22b Abs. 6 EEG weitergehende landesrechtliche Regelungen zur Bürgerbeteiligung und zur Steigerung der Akzeptanz für den Bau neuer Windenergieanlagen ausdrücklich zulässt.
Neben den bereits in Kraft getretenen Landesregelungen in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen sind in Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, im Saarland und in Thüringen entsprechende Beteiligungsgesetze geplant. Eine Übersicht finden Sie hier. Hessen und Rheinland-Pfalz sehen darüber hinaus Instrumente zur Beteiligung von Gemeinden vor. So können hessische Städte und Gemeinden im Rahmen des Instruments „WindEnergieDividende“ am Ertrag aus der Verpachtung landeseigener Flächen im Staatswald für Windenergieprojekte beteiligt werden. In Rheinland-Pfalz besteht die Möglichkeit, sog. Solidarpakte abzuschließen, in deren Rahmen Gemeinden einen Teil ihrer Pachteinnahmen in einen gemeinsamen Fonds einzahlen, der wiederum an alle beteiligten Kommunen (d.h. auch solche, die nicht über geeignete Standorte verfügen), ausgeschüttet wird.
(8. Februar 2024)