BMWK legt Arbeitspapier zum Industriestrompreis vor

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat ein Arbeitspapier zum Industriestrompreis vorgelegt. Darin ist ein staatlich geförderter Strompreis von 6 Cent je Kilowattstunde für energieintensive Industrieunternehmen vorgesehen, um vor dem Hintergrund gestiegener Strompreise mittelfristig den Produktionsstandort Deutschland wettbewerbsfähig zu halten (sog. „Brückenstrompreis“). Daneben sieht das Arbeitspapier eine Reihe weiterer Maßnahmen vor, um langfristig ohne Subvention günstigen Strom aus erneuerbaren Energien bereitstellen zu können (sog. „Transformationsstrompreis“).

Brückenstrompreis

Der Brückenstrompreis ist als Nachfolger der Strompreisbremse gedacht und soll energieintensive Industrieunternehmen mit subventioniertem Strom versorgen. Mit dieser Förderung soll der Zeitraum überbrückt werden, bis der Ausbau der erneuerbaren Energien soweit fortgeschritten ist, dass Strom aus erneuerbaren Energien preisgünstig für die Industrie zur Verfügung steht. Spätestens 2030 soll die Förderung automatisch auslaufen.

Als Empfänger des Brückenstrompreises sind energieintensive Industrieunternehmen etwa aus der Chemie-, Stahl-, Metall-, Glas- oder Papierindustrie vorgesehen. Konkret sollen diejenigen Unternehmen profitieren, die von der Besonderen Ausgleichsregelung (BesAR) erfasst sind. Diese Unternehmen sollen bei einem durchschnittlichen Börsenstrompreis in dem jeweiligen Jahr über 6 ct/kWh die Differenz erstattet bekommen. Durch die Orientierung an den durchschnittlichen Börsenstrompreisen ist der Fördermechanismus von dem eigentlichen Beschaffungspreis entkoppelt. Hierdurch werden Missbrauchspotentiale, etwa indem sich die Vertragsparteien auf einen künstlich überhöhten Preis einigen, von vorneherein ausgeschlossen. Damit Sparanreize erhalten bleiben, soll die Erstattung nur für 80 % des Verbrauchs greifen, wobei der Verbrauch über den europaweiten Stromeffizienzbenchmark ermittelt werden soll. Um den Brückenstrompreis in Anspruch nehmen zu dürfen, muss ein Unternehmen sich im Gegenzug verpflichten, bis 2045 klimaneutral zu sein. Es muss zudem eine langfristige Standortgarantie abgeben und sich tariftreu verhalten.

Die Finanzierung des Brückenstrompreises soll durch den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) erfolgen, der auch zur Finanzierung der derzeit geltenden Strompreisebremse dient. Das BMWK schätzt den Finanzbedarf für den Brückenstrompreis für den Zeitraum nach Aus-laufen der Strompreisbremse bis 2030 auf ca. 25-30 Mrd. EUR.

Transformationsstrompreis

Neben dem mittelfristigen Brückenstrompreis sieht das Arbeitspapier aus dem BMWK eine Reihe von langfristigen Maßnahmen vor, um den Ausbau von Erneuerbaren-Energien-Anlagen (EE-Anlagen) zu beschleunigen und in Zukunft mit einem Transformationsstrompreis Zugang für die Industrie zu preisgünstigem Strom aus erneuerbaren Energien zu ermöglichen.

Es sollen mehr Flächen für Windenergieanlagen an Land bereitgestellt und die Genehmigungsverfahren deutlich beschleunigt werden. Um Kapitalkosten für Wind- und Solarenergieerzeugung zu reduzieren, nennt das Arbeitspapier Bürgschaftsprogramme und Zinsverbilligungen der KfW als mögliche Maßnahmen.

Darüber hinaus sollen neue EE-Anlagen durch Contracts for Difference (CfD) finanziert wer-den, damit Strom aus EE-Anlagen zu einem Preis nahe den Gestehungskosten ermöglicht wird. Gleichzeitig soll der Abschluss von PPAs mit Industriepartnern durch Bürgschaften gefördert werden, um die Risikoprämien dieser Verträge zu reduzieren. Weitere Maßnahmen sollen Industrie-PPAs insgesamt attraktiver machen.

Um Strom nicht abregeln, sondern nutzen zu können, schlägt das BMWK zudem vor, dass die Bundesnetzagentur in Zeiten mit Engpässen die Netzentgelte in betroffenen Regionen reduzieren kann (zeitvariable Netzentgelte). Außerdem sollen Netzbetreiber anstelle einer Abregelung Strom günstig für die Erzeugung von Wärme durch Strom oder die Erzeugung von grünem Wasserstoff abgeben können.

Schließlich sieht das Arbeitspapier ermäßigte Netzentgelte für Industrieunternehmen vor, die über PPAs Strom von einer EE-Anlage in räumlicher Nähe beziehen.

Das BMWK hat angekündigt, sich über die Vorschläge zum Industriestrompreis nun mit verschiedenen Akteuren austauschen zu wollen. Angesichts der vorläufigen Ablehnung des Industriestromkonzepts durch das Bundesfinanzministerium ist das Ergebnis der Abstimmung innerhalb der Bundesregierung völlig offen.

(12. Mai 2023)