Carbon Management-Strategie der Bundesregierung

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat am 26. Februar 2024 Eckpunkte einer künftigen Carbon Management-Strategie vorgestellt. Damit widmet sich das BMWK einem weiteren Baustein der Energiewende, der eine in Deutschland seit langem umstrittene Technologie betrifft: Carbon Capture and Storage (CCS) sowie Carbon Capture and Utilization (CCU).

Hintergrund

CCS/CCU bezeichnet das Einfangen von CO2 bei seiner Entstehung, um es entweder dauerhaft zu lagern (CCS) oder es in anderen industriellen Prozessen zu verwenden (CCU). Beiden Technologien ist gemein, dass die Entstehung von CO2 zwar nicht verhindert wird, das Treibhausgas jedoch nicht in die Atmosphäre gelangt.

Deutschland stand der CCS/CCU-Technologie bisher kritisch gegenüber. So sah das im Jahre 2012 erlassene Kohlendioxid-Speicherungsgesetz (KSpG) eine Errichtung von CO2-Speichern lediglich zu Erprobungszwecken vor und dies auch nur bis zu einer mittlerweile abgelaufenen Frist. Damit steht Deutschland im Gegensatz zu anderen europäischen Staaten wie Dänemark, Norwegen und den Niederlanden, welche die Nutzung der Technologie bereits weit vorangetrieben haben. CCS/CCU wird in der Forschung als unverzichtbarer Bestandteil auf dem Weg zur Klimaneutralität gesehen, weil in gewissen Branchen wie z.B. der Kalk- oder Zementindustrie oder der Abfallverbrennung CO2-Emissionen auch in der Zukunft nur schwer oder gar nicht vermeidbar sein werden. Auch die letzte UN-Klimakonferenz (COP-28) kam zum Ergebnis, dass CCS/CCU eine wichtige Rolle bei der Klimatransformation einnehmen wird.

Das nun vom BMWK veröffentliche Eckpunktepapier zur Carbon Management-Strategie enthält zentrale Aussagen zu den künftigen gesetzlichen Rahmenbedingungen der Nutzung von CCS/CCU in Deutschland. Flankiert wird das Papier von einem Gesetzentwurf, um das KSpG im Sinne der neuen strategischen Ausrichtung zu novellieren.

Zulassung von Offshore-Speicherstätten in der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ)

Der Gesetzentwurf sieht erstmals die Möglichkeit einer kommerziellen Nutzung von CO2-Speichertechnologien in Deutschland vor. Konkret wird es ermöglicht, Offshore-Speicherstätten in der deutschen AWZ zu erkunden und bei nachgewiesener Standorteignung für die industrielle Nutzung zu erschließen. Aus Naturschutzgründen ausgenommen ist dabei die Injektion von Kohlendioxid in Meeresschutzgebieten. Zudem ist eine Vorrangregelung zugunsten von Offshore-Windanlagen sowie Wasserstoffleitungen vorgesehen. Auch künftig wird es keine Möglichkeit zur Errichtung von Onshore-CO2-Speicherstätten in Deutschland geben. Komplett ausschließen möchte das BMWK den Onshore-Einsatz von CCS/CCU jedoch nicht. Das Ministerium verweist vielmehr auf die Möglichkeit, im Gesetzgebungsverfahren eine Öffnungsklausel für die Länder zu schaffen, um die Errichtung von Onshore-Speicherstätten zumindest regional zu ermöglichen.

Kohleausstieg bleibt

Das BMWK betont, dass der bereits beschlossene Kohleausstieg durch den Hochlauf von CCS/CCU nicht in Frage gestellt wird. Folgerichtig soll Kohlekraftwerken der Zugang zu CO2-Pipelines gesetzlich verboten werden. Technologieoffen zeigt sich der Gesetzentwurf hingegen für den Einsatz von CCS/CCU bei der Stromerzeugung aus Gas oder Biomasse.

Schaffung einer CO2-Transportinfrastruktur

Eine erfolgreiche Nutzung der CCS/CCU-Technologie setzt nach Auffassung des BMWK die Schaffung eines privatwirtschaftlich betriebenen CO2-Pipelinenetzes zum Transport des Gases voraus. Das KSpG in seiner jetzigen Form sei jedoch veraltet und ungeeignet, einen schnellen Hochlauf von Pipeline-Projekten zu gewährleisten. Deshalb sieht der Gesetzentwurf einen neuen Rechtsrahmen für die entsprechenden Genehmigungsverfahren vor. Des Weiteren plant die Bundesregierung die Ratifizierung einer Änderung des London-Protokolls, einem internationalen Abkommen zum Schutz der Meere, um den CO2-Export in offshore gelegene CO2-Speicher im Ausland zu ermöglichen.

Fokussierung der staatlichen Förderung auf schwer oder nicht vermeidbare Emissionen

Die staatliche Förderung von CCS/CCU wird sich nach dem Willen des BMWK auf schwer oder nicht vermeidbare Emissionen konzentrieren, also dort, wo CCS/CCU in Zukunft unverzichtbar sein wird. Auf europäischer Ebene setze der EU-Emissionshandel bereits Anreize für den Einsatz von CCS/CCU. Die genauen Förderschwerpunkte auf nationaler Ebene sind hingegen noch offen und sollen in der Carbon Management-Strategie identifiziert werden. Klar ist allerdings schon jetzt, dass es für die Anwendung von CCS/CCU bei Kraftwerken, die mit fossilen Energieträgern betrieben werden, keine Förderung geben wird. Des Weiteren stellt das BMWK die Einführung eines Fördermoduls in Aussicht, um die Bereiche der Industrie und Abfallwirtschaft beim Einsatz und der Entwicklung von CCS/CCU zu unterstützen, in denen überwiegend schwer vermeidbare CO2-Emissionen anfallen. Künftig soll auch das Instrument der Klimaschutzverträge auf den Einsatz von CCS/CCU in diesen Sektoren ausgeweitet werden.

Ausblick

Das BMWK versucht sich an einem Balanceakt. Einerseits soll der Komplettausschluss der kommerziellen Nutzung von CCS/CCU in Deutschland angesichts der wissenschaftlichen Erkenntnisse zu seiner Unverzichtbarkeit und der Entwicklungen auf internationaler Ebene aufgegeben werden. Andererseits soll den fortbestehenden Bedenken in der Bevölkerung Rechnung getragen werden. Deshalb entscheidet sich das BMWK für eine eher vorsichtige Öffnung, indem die besonders konfliktträchtige Onshore-Speicherung weiterhin grundsätzlich verboten bleibt.

(11. April 2024)