BMWK legt Gesetzesentwurf zum beschleunigten Ausbau von Erdwärme vor

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz („BMWK“) hat am 28. Juni 2024 seinen Referentenentwurf zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren im Bereich der Erdwärme vorgelegt. Zum dem Gesetzespaket gehören neben dem Entwurf für ein Gesetz zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren für Geothermieanlagen, Wärmepumpen und Wärmespeichern („GeoWG-E“) auch Entwürfe für Änderungen des Bundesberggesetzes („BBergG“), des Wasserhaushaltsgesetzes („WHG“) und der Verwaltungsgerichtsordnung („VwGO“). Der Gesetzesentwurf ist hier abrufbar.

Hintergrund des Gesetzgebungsvorhabens

Ein großer Teil von CO2-Emissionen entsteht in Deutschland durch das Beheizen von Gebäuden. Laut statistischem Bundesamt sind ca. 70 % des CO2-Ausstoßes im Bereich Wohnen auf das Heizen zurückzuführen. Im Jahr 2023 stammten laut Umweltbundesamt nur 18,8 % der in Deutschland produzierten Wärme aus erneuerbaren Energien. Laut Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung soll dieser Anteil bis zum Jahr 2030 bei 50 % liegen. Wie das BMWK auf seiner Website schreibt, macht Geothermie derzeit nur einen Anteil von 9 % der erneuerbar erzeugten Wärme in Deutschland aus. Laut Koalitionsvertrag soll das Potenzial der Geothermie daher stärker genutzt werden. Dies soll durch eine Entbürokratisierung und Beschleunigung von Genehmigungsverfahren erreicht werden.

Ein Großteil der geplanten Regelungen dient der Umsetzung der Europäischen Erneuerbare Energien-Richtlinie (Renewable Energies Directive – RED III). Über die wesentlichen Regelungen der RED III hatten wir bereits hier berichtet.

Status quo

Für die Gewinnung von Erdwärme sind insbesondere berg- und wasserrechtliche Vorschriften relevant. Erdwärme ist ein bergfreier Bodenschatz, sodass grundsätzlich das Bundesberggesetz („BBergG“) gilt. Für Wärmepumpen privater Haushalte greift jedoch eine Ausnahme. Erfolgt die Gewinnung von Erdwärme zur Versorgung des eigenen Grundstücks, liegt kein Gewinnen von Bodenschätzen im Sinne des Bergrechts vor. Nur wenn mehr als 100 m tief gebohrt werden soll, ist eine Anzeige des Vorhabens bei der Bergbehörde erforderlich. Bohrungen in dieser Tiefe sind jedoch bei privaten Wärmepumpen die Ausnahme. Je nach Auswirkungen der geplanten Wärmepumpe ist aber eine wasserrechtliche Erlaubnis erforderlich. Bohrungen und die Gewinnung von Erdwärme können nämlich Auswirkungen auf das Grundwasser haben.

Für die gewerbliche Nutzung von Erdwärme und zur Versorgung mehrerer Grundstücke ist hingegen grundsätzlich eine bergrechtliche Erlaubnis erforderlich. Zudem besteht für Betriebe zur Gewinnung von Erdwärme die Pflicht zur Aufstellung eines Betriebsplans, der der Zulassung durch die Bergbehörde bedarf. Ist wegen Auswirkungen auf ein Gewässer auch eine wasserrechtliche Erlaubnis erforderlich, entscheidet darüber die Bergbehörde.

Im Entwurf des vierten Bürokratieentlastungsgesetzes (hier abrufbar) ist jedoch eine Änderung des BBergG geplant. Erdwärme soll nur noch dann ein bergfreier Bodenschatz im Sinne des Bergrechts sein, wenn sie aus Bohrungen ab einer Tiefe von 400 m stammt. Tritt das Gesetz in Kraft, greifen die dargestellten bergrechtliche Genehmigungserfordernisse somit nur noch bei Tiefenbohrungen. Dadurch würden in vielen Fällen bergrechtliche Genehmigungserfordernisse entfallen, was zu einer deutlichen Erleichterung führen würde.

Wesentliche Regelungen des Gesetzesentwurfs

Das geplante Gesetzespaket soll dazu beitragen, Genehmigungserfordernisse weiter abzubauen und Genehmigungsverfahren sowie Gerichtsverfahren zu beschleunigen. Dazu ist im Wesentlichen Folgendes geplant:

Das GeoWG-E soll als Stammgesetz zentrale Fragen im Zusammenhang mit der Geothermie klären:

  • In 4 GeoWG-E wird klargestellt, dass die Errichtung und der Betrieb von Anlagen zur Gewinnung von Erdwärme im überragenden öffentlichen Interesse liegen und der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit dienen. Im Rahmen von Abwägungs- und Ermessenentscheidungen bekommt die Gewinnung von Energie aus Erdwärme somit besonderes Gewicht.
  • Seismische Explorationen können sich auf wild lebende Tiere auswirken und naturschutzrechtlichen Beschränkungen unterliegen. In § 6 GeoWG-E wird daher klargestellt, dass sie in der Regel nicht zu einer mutwilligen Beunruhigung wildlebender Tiere im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 1 des Bundesnaturschutzgesetzes führen.
  • § 8 und 9 GeoWG-E enthalten Regelungen zum Rechtsschutz. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Zulassungsentscheidungen oder gegen die Entscheidung zur Zulassung des vorzeitigen Beginns einer Maßnahme haben nach § 8 GeoWG-E keine aufschiebende Wirkung. Zudem soll ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nur innerhalb eines Monats gestellt und begründet werden können. § 9 GeoWG-E regelt die erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts für Streitigkeiten über bestimmte Anlagen zur Gewinnung von Erdwärme. Zur Klarstellung ist auch eine entsprechende Ergänzung von § 48 VwGO geplant. §§ 8 und 9 GeoWG zielen somit auf die Beschleunigung verwaltungsgerichtlicher Verfahren.

Neben der Einführung des GeoWG sind insbesondere folgende Änderungen im BBergG geplant:

  • In § 15 BBergG ist die Beteiligung anderer Behörden in bergrechtlichen Genehmigungsverfahren geregelt. Für Vorhaben zur Gewinnung von Erdwärme soll künftig eine Monatsfrist gelten. Hat die jeweilige Behörde bis dahin keine Stellungnahme abgegeben, soll davon auszugehen sein, dass sie sich nicht äußern will.
  • Nach § 51 Abs. 3 BBergG kann von der Betriebsplanpflicht abgewichen werden, wenn das Vorhaben von geringer Gefährlichkeit und Bedeutung ist. Die Wörter „und Bedeutung“ sollen gestrichen werden, um künftig mehr Betriebe von der bergrechtlichen Überwachung befreien zu können.
  • 52 Abs. 1 BBergG soll geändert werden, um die Laufzeit von Hauptbetriebsplänen zu verlängern. Die damit einhergehende Entbürokratisierung gilt nicht nur für Erdwärmevorhaben.
  • Das in § 57e BBergG geregelte Verfahren zur Zulassung von Hauptbetriebsplänen zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen soll ebenfalls geändert werden. Das Verfahren soll digitalisiert und durch die Aufnahme diverser Fristen und Fiktionen beschleunigt werden.

Für das WHG sieht der Gesetzesentwurf des BMWK nur wenige Änderungen vor. Zur Umsetzung von RED III wird es offenbar noch einen gesonderten Gesetzesentwurf des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz geben. Dieser ist jedoch noch nicht veröffentlicht. Vermutlich wird es im Wasserrecht vergleichbare Änderungen geben, sodass voraussichtlich auch wasserrechtliche Zulassungs- und damit in Zusammenhang stehende Gerichtsverfahren beschleunigt werden.

(5. Juli 2024)