BNetzA: Marktkonsultation zur Regulierung von Wasserstoffnetzen

Die künftigen Einsatzmöglichkeiten von Wasserstoff als Schlüsselenergieträger einer dekarbonisierten Wirtschaft und die Suche nach dem passenden Marktdesign beherrschen derzeit die politische Diskussion. Nach der Veröffentlichung der Nationalen Wasserstoffstrategie (NWS) durch die Bundesregierung ließ die Wasserstoffstrategie der Europäischen Kommission nicht lange auf sich warten.

Zur Umsetzung der NWS hat die Bundesnetzagentur (BNetzA) nun eine Marktkonsultation zu Fragen der Regulierung von Wasserstoffnetzen gestartet.

Bestandsaufnahme und Präferenz für ein Wasserstoffinfrastrukturgesetz

Als Diskussionsgrundlage dient das als „Bestandsaufnahme“ bezeichnete Positionspapier, in dem sich die BNetzA – ausgehend vom Status quo der Wasserstoffnutzung und den regulatorischen Vorgaben – mit der Regulierungsbedürftigkeit künftiger Wasserstoffnetze auseinander setzt.

Der Regulierungsbedarf und Umfang hängen nach Auffassung der BNetzA vor allem von der künftigen Markt- und Netzentwicklung ab. Dabei legt die BNetzA drei verschiedene Szenarien der Netzstruktur zugrunde, die von einer lediglich lokalen Nutzung des Wasserstoffs in industriellen Inselnetzen (Szenario I) bis hin zu einem engmaschigen Verteilnetz und Transportleitungen für Wasserstoff – vergleichbar mit dem heutigen Gasnetz zur allgemeinen Versorgung – (Szenario III) reichen. Das Szenario III wäre demzufolge nur im Falle standortübergreifender Erzeugung und einem flächendeckenden Einsatz von Wasserstoff (u.a. im Verkehrssektor) denkbar.

Eine Regulierung des Netzzugangs erachtet die BNetzA in allen denkbaren Szenarien für möglich und diskussionswürdig. Derzeit fänden die Regelungen des EnWG aber nur auf „Biogas-Wasserstoffverteilnetze“ unter wasserelektrolytischer Erzeugung Anwendung. Allgemeine Wasserstoffversorgungsnetze fielen auch nach Auffassung des BMWi nicht unter die Regelungen des EnWG, sodass ein Zugang derzeit nur über das allgemeine Kartellrecht (§ 19 GWB) möglich sei. Einen privilegierten Netzzugang für aus EE-Strom hergestellten grünen Wasserstoff in Entsprechung zu Biogas (§ 36 GasNZV) sieht die BNetzA als sinnvoll an. Eine Entgeltregulierung sei dagegen nur im Szenario III notwendig.

Die von Verbandsseite vorgeschlagene Anpassung von EnWG und GasNZV sieht die BNetzA aufgrund der Komplexität der Thematik kritisch. Sie befürwortet dagegen eine umfassende Überarbeitung des Regulierungsrahmens in Form eines eigenständigen Gesetzes Wasserstoffinfrastrukturgesetz (WiG) nebst Verordnungen und die Schaffung eines im Ausgangspunkt technologieoffenen Wasserstoffbegriffs.

Fragenkatalog und Möglichkeit der Stellungnahme bis 4. September 2020

Ergänzend zur Bestandsaufnahme hat die BNetzA für die Zwecke der Konsultation einen Fragenkatalog veröffentlicht. Daran anknüpfend bietet sich den Unternehmen noch bis zum 4. September 2020 die Möglichkeit der Stellungnahme zu folgenden Themenschwerpunkten:

  • Beimischung von Wasserstoff in Erdgasnetze;
  • Ausweitung der Wasserstoffnutzung in der Wirtschaft;
  • Einführung und Umfang einer Regulierung für reine Wasserstoffnetze;
  • Regelungen zu Netzanschluss, Netzzugang und Netzausbau;
  • Finanzierungsvarianten von Wasserstoffnetzen.

Eine Beteiligung an der BNetzA-Konsultation empfiehlt sich. Denn angesichts der Ratspräsidentschaft Deutschlands ist davon auszugehen, dass die Ergebnisse der nationalen Konsultation auch auf EU-Ebene Beachtung finden werden.

Aus Unternehmenssicht ist die Initiative der BNetzA zu begrüßen. Denn Industrie und Wirtschaft stehen ihrerseits mit zahlreichen Kooperationen und Projekten in den Startlöchern und die Politik stellt weitreichende Fördermittel in Aussicht. Auch in Konzessionsverfahren für Gasversorgungsnetze werden zunehmend Angebote für die Erhöhung der Aufnahmefähigkeit der Netze für Wasserstoff abgefragt. Dem gewünschten Markthochlauf der Wassertechnologie stehen damit v.a. noch die Regulierungsdefizite im Status quo entgegen. Die Schaffung konsistenter, investitionsförderlicher und zukunftsweisender regulatorischer Rahmenbedingungen kann hier Abhilfe schaffen und die notwendige Rechtssicherheit für Investitionen in Projekte und Infrastrukturen schaffen. Ein zu restriktiver Regulierungsansatz im angeregten Wasserstoffinfrastrukturgesetz dürfte dem gewünschten Markthochlauf hingegen einen Bärendienst erweisen.

(16. Juli 2020)