Update: Initiative gegen unfaire Vertragsmuster

Unter dem Namen fairtrag hat sich ein Verein gebildet, dessen Ziel es ist, wuchernden unangemessenen Vertragsbedingungen entgegenzutreten, wie sie in den Vertragsmustern für Architekten- und Ingenieurleistungen üblich geworden sind, vor allem in jenen der öffentlichen Hand. Ein besonderes Beispiel sind die Beschaffenheitsvereinbarungen zu Kosten (Kostenobergrenzen). Sie sind gleichsam Nukleus der Vereinsgründung geworden. Raue LLP hat die Gründung begleitet und ein Memorandum zunächst zur Frage der Kostenobergrenzen verfasst. Sie finden es auf der homepage des Vereins: www.fair-trag.de.

Es ist allgemeine Erfahrung, dass über die Kostenobergrenze in den Vertragsmustern nicht verhandelt werden kann. Darin liegt ja auch ihr Sinn. Im Falle des öffentlichen Auftraggebers kommt hinzu, dass derjenige Mitarbeiter, der für den Vertragsschluss zuständig ist, nach der Lage der Dienstanweisungen meist gar nicht befugt ist, über diese Vertragsregelungen zu verhandeln. Das Ergebnis ist: Die sehr einseitigen Regelungen sind unverhandelbar und werden mit Zahlen ausgefüllt, die der Auftraggeber einseitig vorgibt. Dagegen ist auch nichts zu sagen: Natürlich ist es der Bauherr, der bestimmt, was er für sein Bauvorhaben ausgeben will. Aber es ist sein Bauvorhaben, und die damit naturgemäß verbundenen Risiken können nur insoweit auf den Architekten oder Ingenieur übertragen werden, als dieser mit den Planungsleistungen Einfluss auf diese Risiken nehmen kann. Soweit das nicht der Fall ist, gehen die Beschaffenheitsvereinbarungen zu weit.

Weil über vorformulierte Vertragsbedingungen regelmäßig nicht verhandelt wird, gibt es für ihren Inhalt rechtliche Schranken. Es gilt nicht der Grundsatz der Vertragsfreiheit, der die Vereinbarungen zwischen zwei freien Parteien grundsätzlich der juristischen Nachprüfung entzieht. Vielmehr dürfen die vorformulierten Bedingungen die andere Seite des Vertrages nicht unangemessen benachteiligen. Die Kostenobergrenze als Beschaffenheitsvereinbarung führt aber für Architekten und Ingenieure zu einem unangemessenen und im Ergebnis auch nicht akzeptablen Risiko. Denn aufgrund der Kostenobergrenze muss der Planer mit seinem Honoraranspruch und seinem Umplanungsaufwand auch für solche Kostensteigerungen einstehen, die er nicht selbst in der Hand hat (z.B. Submissionsabsprachen, unvorhergesehene Baupreisentwicklungen, Fehler der vom Bauherrn beauftragten Fachplaner, Insolvenzen usw.). Der Planer muss also mit seinem Honoraranspruch und gegebenenfalls dem Umplanungsaufwand für Kostensteigerungen aus dem Risikobereich des Bauherrn einstehen. Obendrein wird erwartet, dass der Auftragnehmer solche Risiken übernimmt, ohne dass er die Möglichkeit hat, sie entweder bei den Budgetermittlungen einzupreisen noch für die Risikoübernahme ein Entgelt zu kalkulieren. Diese einseitige und kompensationslose Risikoverlagerung ist unseres Erachtens in vorformulierten Vertragsbedingungen – und das sind die Vertragsmuster der öffentlichen Hand – rechtswidrig.