Grauer Kapitalmarkt: Gesetzentwurf zur Stärkung des Anlegerschutzes

Die Bundesregierung hat Anfang des Jahres ein weiteres Regulierungsvorhaben für den Grauen Kapitalmarkt auf den Weg gebracht. Mit dem Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Anlegerschutzrechte werden neben dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) und dem Wertpapierprospektgesetz (WpPG) insbesondere die Regelungen des Vermögensanlagengesetzes (VemAnlG) angepasst. Ziel ist die Verbesserung des Anlegerschutzes.

Öffentliches Angebot von Vermögensanlagen nur noch durch Vermittler

Vermögensanlagen, die sich an Privatanleger richten, dürfen zukünftig nur noch im Wege der Anlageberatung oder -vermittlung unter Einschaltung eines Finanzdienstleistungsinstituts oder eines Finanzanlagenvermittlers öffentlich angeboten werden (§ 5b Abs. 3 VermAnlG-E). Dadurch soll sichergestellt werden, dass in jedem Fall eine Angemessenheits- und Geeignetheitsprüfung der Vermögensanlage für den Anleger stattfindet. Es ist jedoch möglich, dass der Anlagevermittler bzw. -berater zugleich auch Anbieter der Vermögensanlage ist. Damit werden die Regelungen an die Vertriebsvorgaben des WpPG angeglichen.

Verbot von Blindpool-Konstruktionen

Neben dem Verbot von Vermögensanlagen, die eine Nachschusspflicht vorsehen, sollen künftig auch sog. Blindpool-Konstruktionen unzulässig sein (§ 5b Abs. 2 VermAnlG-E). Hierbei handelt es sich um Investitionsangebote, bei denen das konkrete Anlageobjekt zum Zeitpunkt der Prospekterstellung bzw. zum Zeitpunkt der Aufstellung des Vermögensanlagen-Informationsblattes noch nicht feststeht. Von dem Verbot werden auch die in der Praxis relevanten sog. Semi-Blindpool-Konstruktionen erfasst, bei denen zwar die Branche feststeht, in die investiert werden soll, nicht aber das konkrete Anlageobjekt. Die Gesetzesbegründung stellt klar, dass das Verbot auch auf mögliche Umgehungsversuche über sog. Mehrebenenstrukturen gerichtet ist, in denen die Anlegergelder über zwischengeschaltete Projekt- oder Betreibergesellschaften investiert werden, das konkrete Anlageobjekte aber noch ungewiss ist.

Hintergrund der Gesetzesänderung ist der Schutz der Anleger vor Vermögensanlagen, bei denen mangels feststehender Anlageobjekte die Bewertung der Vermögensanlage nahezu unmöglich ist.

Mittelverwendungskontrolle

Als Reaktion auf Betrugsskandale um sog. Container-Investments sollen Investments in Sachgüter künftig strenger reguliert werden. Der Begriff des Sachgutes wird dabei weit verstanden: Erfasst werden nicht nur körperliche Gegenstände wie z.B. Container, sondern ausdrücklich auch Grundstücke samt der mit ihnen verbundenen Gegenstände wie z.B. Gebäude und Bäume.

Bei diesen Investments sieht § 5c VermAnlG-E vor, dass zukünftig ein unabhängiger Mittelverwendungskontrolleurs eingeschaltet werden muss. Dieser soll die zweckgebundene Verwendung der Anlegergelder sicherstellen und für eine höhere Transparenz sorgen. Die eingesammelten Anlegergelder sollen dafür zunächst auf ein von dem Mittelverwendungskontrolleur eingerichtetes Konto gezahlt und erst dann freigeben werden, wenn bestimmte Kriterien durch den Anbieter erfüllt sind. Die Kontrolle über die vertragsgemäße Verwendung der Anlegergelder, etwa zum Erwerb einer bestimmten Baumplantage oder von bestimmten Containern, erfolgt spätestens sechs Monate nach Beginn des öffentlichen Angebots und dann fortlaufend mindestens alle sechs Monate. Die Ergebnisse sind in einem Bericht festzustellen. Die Prüfung wird mit einem abschließenden Bericht beendet. Die Berichte der laufenden und abschließenden Mittelverwendungskontrolle hat der Emittent unverzüglich im Bundesanzeiger zu veröffentlichen.

Die Vorgaben des § 5c VermAnlG-E gelten nicht nur für Investments, die unmittelbar den Erwerb oder die Pacht eines Sachgutes oder eines Rechts an einem Sachgut zum Gegenstand haben, sondern auch für diejenigen Fälle, in denen Anlegergelder zunächst an Zweckgesellschaften o.ä. weitergereicht werden, die dann auf einer weiteren Ebene konkrete Anlageobjekte oder Rechte daran erwerben oder diese Sachgüter pachten.

Hintergrund der Mittelverwendungskontrolle ist ein Transparenzdefizit für die Anleger. Dieses liegt darin, dass Anleger im Falle des Erwerbs von Sachgütern oder von Rechten an Sachgütern oder deren Pacht nicht dieselben Erkenntnismöglichkeiten haben, wie dies bei anderen Anlageformen, z. B. Eigenkapitalbeteiligungen, durch besondere Informations- und Kontrollrechte der Fall ist.

Weitere Transparenz- und Kontrollvorgaben

Um eine effektive Aufsicht zu gewährleisten, bekommt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht („BaFin“) in § 19 Abs. 1 VermAnlG-E die Kompetenz übertragen, Auskünfte, Unterlagen usw. auch von Dritten („jedermann“) zu verlangen.

Außerdem werden anknüpfend an die in § 5c VermAnlG-E neu vorgesehenen Pflichten des Emittenten, einen unabhängigen Mittelverwendungskontrolleur zu bestellen und einen Vertrag über die Mittelverwendungskontrolle vorzulegen, weitere Ordnungswidrigkeitentatbestände geschaffen, um entsprechende Verstöße auch bußgeldrechtlich ahnden zu können.

Zur weiteren Verbesserung der Transparenz sollen ferner auch die von der BaFin gebilligten Vermögensanlagen-Verkaufsprospekte und gestatteten Vermögensanlagen-Informationsblätter (VIB) auf der Website der BaFin zugänglich gemacht werden, § 9 Abs. 3 VermAnlG-E.

(4. Mai 2021)