Crowdfunding: Wesentliche Gesetzesänderungen in Kraft

Am 16. August 2021 ist das Gesetz zur weiteren Stärkung des Anlegerschutzes in Kraft getreten. Damit ist der Regierungsentwurf von Anfang des Jahres umgesetzt worden (weiterführend zum Regierungsentwurf), mit dem neben dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) und dem Wertpapierprospektgesetz (WpPG) insbesondere die Regelungen des Vermögensanlagengesetzes (VermAnlG) angepasst werden.

Die Gesetzesänderungen betreffen insbesondere den wachsenden Markt des Crowdfundings. Sowohl Emittenten als auch Internet-Dienstleistungsplattformen, die Crowdfunding-Finanzierungen vermitteln, haben neue Pflichten zu beachten, die ohne zeitliche Übergangsregelung ab sofort gelten. Besonders betroffen sind Crowdfunding-Angebote zur Beteiligung an der Finanzierung von Immobilien-, Energieanlagen- und Waldprojekten.

Öffentliches Angebot von Vermögensanlagen nur noch durch Anlagenvermittler

Für alle Crowdfunding-Angebote gilt nunmehr, dass nach § 5b Abs. 3 VermAnlG der Eigenvertrieb von Vermögensanlagen durch den Anbieter/Emittenten untersagt ist. Damit dürfen Vermögensanlagen nur noch unter Einschaltung eines Finanzdienstleistungsinstituts oder eines Finanzanlagenvermittlers öffentlich angeboten werden. Damit werden die Regelungen des Vermögensanlagengesetzes an die Vertriebsvorgaben des WpPG angeglichen.

Verbot von Blindpool-Konstruktionen

Darüber hinaus sind zukünftig durch § 5 b Abs. 2 VermAnlG sog. Blindpool-Konstruktionen verboten. Hierbei handelt es sich um Investitionsangebote, bei dem das konkrete Anlagenobjekt zum Zeitpunkt der Prospekterstellung bzw. zum Zeitpunkt der Aufstellung des Vermögensanlagen-Informationsblattes noch nicht feststeht. Von dem Verbot werden auch Semi-Blindpool-Angebote erfasst, bei denen zwar die Branche feststeht, in die investiert werden soll, nicht aber das konkrete Anlagenobjekt.

Damit dürfen nur noch Anlageobjekte öffentlich angeboten werden, die konkret bestimmt sind und einen nachweisbaren Realisierungsgrad haben. Das Verbot betrifft auch Mehrebenenstrukturen, in denen der Emittent die eingesammelten Anlegergelder nicht unmittelbar in ein Anlageobjekt investiert, sondern sie an Zweckgesellschaften weiterleitet. Jede Ebene bis zum konkreten Anlageobjekt muss im Verkaufsprospekt bzw. dem Vermögensanlagen-Informationsblatt beschrieben werden.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat zur Konkretisierung des Blindpool-Verbots und zu den Anforderungen zur Vermeidung von Blindpool-Konstruktionen ein Merkblatt veröffentlicht. Darin finden sich konkrete Vorgaben, welcher Realisierungsgrund bzw. welche Informationen zukünftig für Immobilien-, Energieanlagen- und Waldinvestments erforderlich sind, um nicht unter das Blindpool-Verbot zu fallen.

Das Blindpool-Verbot gilt im Übrigen nur für den von als besonders gefährdet angesehenen „grauen Kapitelmarkt“ der Vermögensanlagen – Wertpapiere sind hiervon nicht erfasst. Damit sind weiterhin sowohl Finanzierungen über sog. SPAC (special purpose acquisition company), als auch über Vermögensanlagen möglich, die durch eine Tokenisierung als Wertpapier einzustufen sind.

Mittelverwendungskontrolle

Mit § 5 c VermAnlG wird zum Schutz der Anleger eine neue Regelung eingeführt, nach der ab sofort in bestimmten Crowdfunding-Konstellationen die Verwendung der eingesammelten Mittel durch einen Mittelverwendungskontrolleur geprüft wird. Mittelverwendungskontrolleure müssen nach dem VermAnlG künftig für die öffentlichen Angebote bestellt werden, die folgende Investments zum Gegenstand haben:

  • Vermögensanlagen nach § 1 Abs. 2 Nr. 7 (sonstige Anlagen) und Nr. 8 (Edelmetallinvestments) VermAnlG, soweit diese den Erwerb eines Sachgut (oder des Rechts an einem Sachgut) oder die Pacht eines Sachguts betreffen.
  • Vermögensanlagen nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 bis 8 VermAnlG (und damit auch partiarische Darlehen, Nachrangdarlehen, Genussrechte, Namensschuldverschreibungen), soweit das Investment über mehrere Ebenen (Weiterleitung von Crowdfunding-Darlehen) erfolgt und in Sachgüter investiert wird.

Die Gesetzesbegründung nennt als Sachgut ausdrücklich Container- bzw. Waldinvestments sowie Grundstücke nebst Gebäuden und Immobilien.

Der Mittelverwendungskontrolleur ist von dem Emittenten zu bestellen. In Betracht kommen ausschließlich Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer bzw. von diesen gebildeten Gesellschaften. Im Verkaufsprospekt bzw. dem Vermögensanlagen-Informationsblatt muss der Mittelverwendungskontrolleur aufgeführt werden. Der Verkaufsprospekt muss zusätzlich den Vertrag über die Mittelverwendungskontrolle enthalten. Nach zehn Jahren ist durch den Emittenten ein neuer Mittelverwendungskontrolleur zu bestellen. Laufende Emissionen können durch den Mittelverwendungskontrolleur jedoch weiter betreut werden.

Mit § 5 c Abs. 2 VermAnlG wird auch die Mittelverwendungskontrolle näher konkretisiert: Der Emittent muss ein Mittelverwendungskonto einrichten, auf das er nur mit dem Mittelverwendungskontrolleur gemeinsam zugreifen kann (sog. Und-Konto). Eine Freigabe der Gelder durch den Mittelverwendungskontrolleur darf erst erfolgen, wenn die im Vertrag über die Mittelverwendungskontrolle festgelegten Voraussetzungen vorliegen. Nach der Freigabe hat der Mittelverwendungskontrolleur zu überprüfen, ob die freigegebenen Mittel entsprechend dem im Vertrag festgelegten Zweck und den übrigen Bestimmungen verwendet werden. Die Prüfpflicht besteht fortlaufend mindestens alle sechs Monate bis zur Verwendung aller Anlegergelder und setzt spätestens sechs Monate nach dem Beginn des öffentlichen Angebots ein. Das Ergebnis der Mittelverwendungskontrolle ist in einem Bericht zusammenzufassen, der an die BaFin zu übersenden ist. In diesem Bericht sind die folgenden Punkte anzugeben:

  • Höhe der eingesammelten Anlegergelder,
  • Höhe der davon in Anlageobjekte investierten Anlegergelder,
  • Höhe der Anlegergelder, welche für sonstige Ausgaben verwendet wurden,
  • Aufzählung der sonstigen Ausgaben und Beschreibung der Verwendung der Anlegergelder für die sonstigen Ausgaben,
  • Aufzählung und Beschreibung der bereits erworbenen Anlageobjekte oder der Rechte daran oder der bereits gepachteten Anlageobjekte und
  • die Summe der nicht investierten Anlegergelder.

Darüber hinaus ist in dem Bericht darzulegen, ob die Verwendung der Anlegergelder planmäßig erfolgt ist. Die Berichte sind bis zur vollständigen Tilgung der Vermögensanlage im Bundesanzeiger zu veröffentlichen.

Veröffentlichungspflichtige Tatsachen nach Beendigung des Angebots (§ 11 a VermAnlG)

Bereits auf Grundlage des § 11 VermAnlG bestand die Pflicht des Emittenten auch nach Ende des öffentlichen Angebots jede für die Beurteilung der Vermögensanlage wichtige Umstandsänderung mitzuteilen. § 11 a VermAnlG erweitert und konkretisiert nun diese Pflichten. Danach sind auch alle Umstände mitzuteilen, die geeignet sind, die Fähigkeiten des Emittenten zur Erfüllung seiner Pflichten gegenüber dem Anleger erheblich zu beeinträchtigen. Die BaFin macht die Tatsachen spätestens am dritten Arbeitstag nach Eingang auf ihrer Internetseite bekannt.

Verzahnung von Prospektprüfung und Produktintervention

Bislang spielte es für die Prüfung und Billigung eines Vermögensanlagenverkaufsprospekts keine Rolle, ob die BaFin das Produkt, um das es darin ging, würde verbieten müssen. Erfüllte ein Prospekt die gesetzlichen Anforderungen, weil er formal kohärent, vollständig und verständlich war, war er zu billigen. Der Vertrieb konnte erst im Nachgang wieder eingeschränkt werden.

Nach § 8 Abs. 4 VermAnlagG kann die BaFin nunmehr das Prospektprüfungsverfahren so lange aussetzen, wie Anhaltspunkte dafür bestehen, das Anlegerschutzbedenken im Hinblick auf § 15 des WpHG bestehen. Damit fließen nunmehr faktisch auch materiell-rechtliche Gesichtspunkte in die Prospektprüfung ein.

(16. August 2021)