BGH: Keine pauschale Mietkürzung bei coronabedingter Geschäftsschließung

Während der pandemiebedingten Lockdowns wurde die Schließung zahlreicher Geschäfte in Deutschland behördlich angeordnet. Unklar war bislang, wie sich diese Schließungen auf die Pflicht der Mieter zur Zahlung der monatlichen Geschäftsmiete auswirkt.

Der Bundesgerichtshof hat heute entschieden, dass eine pauschale Kürzung der Miete ausscheidet Pressemitteilung Nr. 004/2022 vom 12. Januar 2022. Die Vorinstanz hatte angenommen, dass im Falle einer Schließung nur noch etwa die Hälfte der Miete zu zahlen sei OLG Dresden, Urteil vom 24.02.2021 – 5 U 1782/20. Dieser Ansicht hat der Bundesgerichtshof eine Absage erteilt. Inwiefern der Mieter wegen der Schließung eine Anpassung der Miete verlangen könne, hinge vielmehr von den Umständen des Einzelfalls ab. Ein Mangel der Mietsache, der zur Minderung berechtige, liege infolge der auf Allgemeinverfügungen beruhenden Betriebsschließung nicht vor. Dem Mieter von gewerblich genutzten Räumen kann jedoch im Fall einer Geschäftsschließung, die aufgrund einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie erfolgt, grundsätzlich ein Anspruch auf Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB zustehen. Hier sei jedoch stets eine Einzelfallabwägung vorzunehmen.

Vorgaben für Einzelfallabwägung

Laut dem Bundesgerichtshof sei insbesondere von Bedeutung, welche Nachteile dem Mieter durch die Geschäftsschließung und deren Dauer entstanden seien, z.B. konkrete Umsatzrückgänge. Unter Umständen könne auch zu berücksichtigen sein, welche Maßnahmen der Mieter ergriffen habe oder hätte ergreifen können, um die drohenden Verluste während der Geschäftsschließung zu vermindern. Gleichzeitig seien auch die finanziellen Vorteile zu berücksichtigen, die der Mieter zum Ausgleich der pandemiebedingten Nachteile erlangt habe, z.B. staatliche Leistungen oder Leistungen einer einstandspflichtigen Betriebsversicherung des Mieters. Staatliche Unterstützungsmaßnahmen durch Darlehen, seien hingegen außer Acht zu lassen, weil dadurch keine endgültige Kompensation des Mieters erfolge. Für einen Mietkürzungsanspruch sei außerdem nicht erforderlich, dass eine tatsächliche Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Mieters nachgewiesen wird. Schließlich seien auch die Interessen des Vermieters in den Blick zu nehmen.

Fazit

Eine schematische Lösung für die Praxis enthält die Entscheidung des Bundesgerichtshofes nicht. Mieter und Vermieter werden sich daher auch in Zukunft im Einzelnen über etwaige Mietkürzungen wegen coronabedingten Betriebsschließungen auseinandersetzen müssen. Wie die Entscheidung aber zumindest signalisiert, dürften die Folgen solcher Betriebsschließungen regelmäßig nicht von einer Partei allein zu tragen sein.

(12. Januar 2022)