Gekürzte Förderung: Schiedsgericht weist Klage gegen Spanien ab

Die teilweise drastische Reduzierung der Förderung erneuerbarer Energien in vielen europäischen Staaten hat zu einer Welle an sogenannten Investor-Staat-Schiedsverfahren geführt. Derzeit sind nach öffentlichen Informationen 39 dieser Verfahren anhängig. Der erste Schiedsspruch wurde am 25. Januar 2016 veröffentlicht. Der Vorwurf der betroffenen Investoren lautet, dass sie auf den Fortbestand der Förderbedingungen vertraut haben, die im Zeitpunkt ihres Investments galten. Die aktuell betroffenen Staaten sind Spanien (27 Schiedsverfahren), die Tschechische Republik (7 Schiedsverfahren) und Italien (5 Schiedsverfahren).

Auch die Förderbestimmungen in anderen europäischen Staaten haben sich jedoch gravierend verändert. Der erste Schiedsspruch hat daher eine über die derzeit anhängigen Verfahren hinausgehende Bedeutung. Allein das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) in Deutschland wurde im Verlauf der letzten fünf Jahre drei Mal (EEG 2009, EEG 2012, EEG 2014) wesentlich verändert. Eine weitere Änderung erfolgt mit dem geplanten EEG 2016. Hiervon sind alle erneuerbaren Energien betroffen.

Investor-Staat-Schiedsverfahren eröffnen Unternehmen die Möglichkeit, Rechte außerhalb der staatlichen Gerichtsbarkeit in einer Instanz und an neutralem Schiedsort durchzusetzen. Rechtliche Grundlage in den anhängigen Verfahren ist der Energiecharta-Vertrag (Energy Charter Treaty, ECT), der unter anderem von allen Mitgliedsstaaten der EU (mit Ausnahme Großbritanniens) unterzeichnet worden ist.

Entscheidung in Sachen Charanne B.V. vs. Spain

In dem jüngst entschiedenen Schiedsverfahren hatte die Charanne B.V. and Construction Investments S.a.r.l., eine niederländische Gesellschaft mit Sitz in Luxemburg, auf Grundlage des ECT 2013 eine Schiedsklage gegen das Königreich Spanien bei der Stockholm Chamber of Commerce (SCC) erhoben, weil im Jahr 2010 in Spanien die zuvor geltenden gesetzlichen Förderbedingungen für bestehende PV-Anlagen geändert wurden (englische Übersetzung des Schiedsspruches hier)

Das Schiedsgericht hat die Klage abgewiesen. Von besonderem Interesse sind die Ausführungen des Schiedsgerichts zum sog. Fair and Equitable Treatment Standard, auf den sich die Schiedsklage wesentlich stützte. Dieser Standard ist Bestandteil des Energiecharta-Vertrags (Art. 10 Abs. 1) sowie der allermeisten internationalen Handelsabkommen. Danach ist der Gaststaat verpflichtet, ausländischen Investoren stets eine gerechte Behandlung zukommen zu lassen. Entsprechend ist der Gaststaat gehalten, den im Investitionszeitpunkt bestehenden Rechtsrahmen nicht in einem solchen Maß zu verändern, dass berechtigte Erwartungen des Investors verletzt werden.

Der Schiedsspruch vom 21. Januar 2016 konkretisiert nun für den Bereich der EE-Förderung, unter welchen Voraussetzungen ein Gaststaat sein grundsätzliches Recht überschreitet, Förderbedingungen anzupassen. Hierzu trifft der Schiedsspruch die folgenden Kernaussagen:

  • Grundsätzlich sind Änderungen des Förderregimes zulässig, es sei denn,die Änderungen führen zu einer unverhältnismäßigen Benachteiligung des Investors (Rn. 514).
  • Die Änderung des Förderregimes führt zu einer unverhältnismäßigen Benachteiligung, wenn die grundlegenden Vorgaben des ursprünglichen Förderregimes aufgehoben werden (Rn. 517).

Anhand dieses Maßstabs untersuchte das Schiedsgerichte drei Gesetzesänderungen:

  • Die Begrenzung der – bisher zeitlich unbegrenzt – garantierten Einspeisevergütung auf 25 Jahre (RD 1565/2010)
  • Die Deckelung der – bisher unbeschränkt – geförderten Produktionsstunden (RD 14/2010)
  • Die Einführung einer Netzdurchleitungsgebühr in Höhe von 0,5 EUR/MWh (RD 14/2010)

Im Ergebnis sah das Schiedsgericht in diesen Änderungen des Förderregimes keine unverhältnismäßige Benachteiligung.

Folgen der Entscheidung für die Erfolgsaussichten zukünftiger Verfahren

Damit stellt der Schiedsspruch einen ersten Orientierungspunkt für Schiedsverfahren dar, die sich gegen die Änderung des Förderregimes bei erneuerbaren Energien richten. Keineswegs sollte der Schiedsspruch jedoch als grundsätzliche Absage an die Erfolgsaussichten vergleichbarer Schiedsverfahren missverstanden werden.

Das Schiedsgericht befasste sich ausdrücklich nur mit den Änderungen der Gesetzeslage in Spanien im Jahr 2010. Die deutlich gravierenderen Veränderungen ab 2013 waren nicht Gegenstand des Verfahrens. Selbst mit dieser Einschränkung erging der Schiedsspruch nicht einstimmig. Der argentinische Schiedsrichter Dr. Guido Santiago Tawil erkannte in seinem abweichenden Votum einen Verstoß gegen den FET-Standard. Schließlich haben Schiedssprüche grundsätzlich keine Bindungswirkung für andere Schiedsverfahren.

Als Fazit ist festzuhalten: Änderungen des Förderrechtsrahmens für erneuerbare Energien können Art. 10 Abs. 1 ECT verletzen, auch wenn sich der Gaststaat durch entsprechende Regelungen Modifikationen des Rechtsrahmens vorbehalten hat. Voraussetzung ist, dass die Änderung in unvorhersehbarer Weise die bestehende Förderung grundlegend aushebelt. Dies betrifft die Förderbedingungen für alle erneuerbaren Energien (Photovoltaik, On- und Offshore Windenergie, aber auch Biomasse, Geothermie und Wasserkraft) und dabei nicht nur die Höhe der Einspeisevergütung. Erfasst sind auch Förderbestimmungen, die die sonstigen Modalitäten der Einspeisevergütung (z.B. Ausschreibungsmodell) oder den Netzanschluss regeln. In jedem Einzelfall ist zu prüfen, ob die Änderung der Förderbedingungen den FET-Standard verletzt.

(Für weitergehende Informationen zur Reichweite des FET-Standards: v. Hammerstein, Roegele, Der Fair and Equitable Treatment-Standard im Investitionsschutzrecht, SchiedsVZ 2015, Heft 6.)

(7. April 2016)