Konzessionsvergabe: Anwendbarkeit von § 130 BGB auf Rügen nach § 47 EnWG

Aufgepasst: Das Oberlandesgericht Dresden hat mit Urteil vom 27. Januar 2020 (Az. U 6/20 Kart) entschieden, dass auf Rügen nach § 47 EnWG die Regelungen des § 130 BGB Anwendung findet. Danach wird eine Willenserklärung unter Abwesenden erst wirksam, wenn sie dem Adressaten zugeht. Der unterlegene Bewerber hatte am Tag des Fristablaufs (einem Freitag) per E-Mail um 17:03 Uhr eine Rüge an die Vergabestelle geschickt. Die Gemeinde hat diese Rüge wegen Verfristung zurückgewiesen und nur nachrichtlich beantwortet. Das Landgericht Leipzig hat dies nicht für richtig gehalten und die Rügen nach § 47 Abs. 5 EnWG geprüft (Urteil vom 25. August 2020, Az. 5 O 452/20).

Das Oberlandesgericht Dresden hat dem widersprochen. Die Rüge sei insgesamt nicht wirksam erhoben, weil der Zugang gemäß § 130 BGB erst am Montag nach dem Wochenende erfolgt sei. Bei der gebotenen objektiven Betrachtung sei bei einer Gemeinde bei einem Eingang am Freitag um 17:03 Uhr erst mit einem Zugang am Montag zu rechnen. Jedenfalls an einem Freitag könne nach 16:00 Uhr nicht mehr mit einer Kenntnisnahme gerechnet werden. Die Frist wurde nach Ansicht des Oberlandesgerichts Dresden auch nicht durch eine Akteneinsicht gemäß § 47 Abs. 2 Satz 2 EnWG neu in Gang gesetzt, weil auch das Akteneinsichtsgesuch verspätet war und die Gemeinde diese nur auf freiwilliger Basis gewährt hatte, um Transparenz herzustellen.

Das Oberlandesgericht Dresden hat sich zur Begründung vor allem auf Rechtsprechung und Literatur zum GWB-Vergaberecht gestützt. Im GWB-Vergaberecht findet § 130 BGB nach ganz überwiegender Auffassung auf Rügen nach § 160 GWB Anwendung. Deswegen sei auch keine unbillige Härte zu erkennen, weil diese Auffassung in Fachkreisen bekannt wäre. Weiterhin seien Rügen noch nicht Teil des gerichtlichen Rechtsschutzverfahrens, so dass auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Zugang zu Schriftstücken bei Gerichten keine Anwendung findet (24 Uhr). Ganz im Gegenteil hätte die Rüge den Zweck, unnötige gerichtliche Verfahren zu vermeiden.

Für alle Konzessionsbewerber bedeutet das künftig: Um auf der sicheren Seite zu sein, müssen Rügen am Tag des Fristablaufs so angebracht werden, dass nach den üblichen Geschäftszeiten der Vergabestelle noch mit einen Zugang gerechnet werden kann. Alternativ muss ein späterer Zugang unter Anwesenden organisiert werden.

(19. Februar 2021)