Keep Calm and Also Your Citizenship – der Brexit und die doppelte Staatsbürgerschaft

Der Brexit hat viele Folgen, die wir in Gänze erst in einigen Jahren verstehen werden. Eine der unschönsten Folgen, die aber heute schon feststeht, ist der Verlust der EU-Staatsangehörigkeit für alle Britinnen und Briten. UK-Staatsangehörige sind keine EU-Staatsangehörige mehr und verlieren damit ihre EU-Freizügigkeitsrechte.

Mit der EU-Staatsangehörigkeit geht den Inselbewohnern auch die Möglichkeit der doppelten Staatsbürgerschaft verloren. Staatsangehörige von EU-Mitgliedsstaaten dürfen neben der eigenen Staatsangehörigkeit weitere EU-Staatsangehörigkeit besitzen. EU-Staatsangehörige, die sich in Deutschland einbürgern lassen, müssen deshalb ihre bisherige Staatsangehörigkeit nicht aufgeben. Sie können mehrere EU-Staatsangehörigkeiten haben. Dieses Privileg haben UK-Staatsangehörige nach dem Brexit nicht mehr  – ab jetzt ist es entweder oder.

Doch noch nicht ganz: Obwohl Großbritannien die EU bereits Anfang des Jahres verlassen hat, gibt es noch bis Ende des Jahres die Möglichkeit für UK-Staatsangehörige, bei der Einbürgerung in Deutschland von dem Privileg der doppelten Staatsangehörigkeit Gebrauch zu machen. Das ermöglichen die Brexit-Übergangsregelungen: Nach § 3 des Brexit-Übergangsgesetz vom 27. März 2019 wird bei der Einbürgerung eines UK-Staatsangehörigen in Deutschland von der Pflicht zur Aufgabe seiner UK-Staatsangehörigkeit abgesehen, wenn der Antrag auf Einbürgerung bis zum 31. Dezember 2020 gestellt wird und wenn bis dahin die „sonstigen Einbürgerungsvoraussetzungen“ – darunter fallen etwa Einbürgerungs- und Sprachtest – erfüllt waren. Die Berliner Bezirksämter teilen hierzu mit, dass neben dem eigentlichen Antrag bis Ende des Jahres sämtliche Nachweise und Unterlagen eingereicht werden müssen. Um die Frist zu wahren muss der Antrag also voll „entscheidungsreif“ sein.

Viele in Deutschland lebende Britinnen und Briten werden von dieser Möglichkeit noch keinen Gebrauch gemacht haben. Zwar steht der Brexit seit 2016 fest, aber wer hatte nicht gehofft, dass nach langem Ringen, mehrfachen Regierungswechseln und zähen EU-Verhandlungen doch ein anderes Ergebnis gefunden werden könnte. Das ist leider nicht passiert. Während also weiter um Fischgründe gestritten wird, heißt es nun beeilen: Wer deutsch werden will und seine UK-Staatsangehörigkeit nicht verlieren möchte, muss seinen Antrag (samt Unterlagen!) bis zum 31. Dezember 2020 bei der zuständigen Staatsangehörigkeitsbehörde einreichen. Über das Antragsverfahren – meist gibt es ein gesondertes Formular und Merkblätter über die notwendigen Unterlagen – informieren die Behörden auf ihren Internetseiten.

Neben dem Erhalt des Doppelstaatlerprivilegs sollten in Deutschland lebende Britinnen und Briten sich in diesem Jahr auch noch um ihren aufenthaltsrechtlichen Status kümmern. Bis zum Ablauf des Übergangszeitraums am 31. Dezember 2020 behalten UK-Staatsangehörige zwar ihren Status als EU-Staatsangehörige (§ 1 Brexit-Übergangsgesetz) und benötigen wegen der EU-Freizügigkeit bis dahin keinen Aufenthaltstitel in Deutschland. Das ändert sich aber im neuen Jahr. Ab 2021 brauchen UK-Staatsangehörige – sofern sie nicht schon eingebürgert wurden – einen deutschen Aufenthaltstitel. Ist ein solcher noch nicht beantragt, ist unwahrscheinlich, dass die Aufenthaltsbehörden ihn noch dieses Jahr erteilen. Das Verfahren dauert regelmäßig mehrere Monate. Damit hier keine aufenthaltsrechtliche Lücke entsteht, hat das Land Berlin ein Onlineverfahren eingeführt, mit dem in Berlin lebende Britinnen und Briten sich bis Ende des Jahres registrieren lassen können, um ihren Aufenthaltsstatus ab dem 1. Januar 2021 zu sichern. Mit Registrierung gilt der Status auch dann als gesichert, wenn der Termin zur Beantragung der Aufenthaltserlaubnis erst im nächsten Jahr stattfinden kann. Nicht in Berlin lebende Britinnen und Briten sollten sich bei der für sie zuständigen Aufenthaltsbehörde informieren, wenn sie weiter in Deutschland leben und hierfür ihren Status sichern möchten.

(27. November 2020)