„Brexit im Markenrecht“ – Auswirkungen eines ungeregelten Brexit auf Unionsmarken

Die britische Regierung hat angekündigt, dass das Vereinigte Königreich die EU zum 31. Oktober 2019 mit oder ohne Austrittsabkommen verlassen wird. Auch einen Monat vor diesem Stichtag ist immer noch nicht absehbar, ob das tatsächlich der Fall sein wird. Insbesondere Markeninhaber müssen sich auf einen ungeregelten Austritt des Vereinigten Königreichs einstellen. Die folgende Übersicht soll dabei helfen.

Eingetragene Unionsmarken vs. anhängige Anmeldungen

Im Falle eines ungeregelten Austritts ist das Vereinigte Königreich zum 1. November 2019 nicht mehr Teil der EU. Rechtsakte der EU haben damit keine Wirkung mehr im Vereinigten Königreich. Unionsmarken (sowie Gemeinschaftsgeschmacksmuster) verlieren daher ab dem 1. November 2019 ihre Wirkung für das Gebiet des Vereinigten Königreichs.

Markenschutz im Vereinigten Königreich setzt von da an eine nationale UK-Marke bzw. eine entsprechende Markenanmeldung voraus.

Für eingetragene und angemeldete Unionsmarken sieht die britische Regierung Folgendes vor:

  • Alle am Exit-Day bestehenden eingetragenen Unionsmarken (inklusive Gewährleistungs- und Kollektivmarken) werden automatisch in das beim IPO geführte nationale Register eingetragen, ohne dass dafür Kosten für den Markeninhaber anfallen. Das nationale Register wird das Unionsmarkenregister also vollständig spiegeln. Die so eingetragenen vergleichbaren UK-Marken erhalten den Anmeldetag der korrespondierenden Unionsmarke. Sie „erben“ also deren Anmeldetag. So entstehen von der korrespondierenden Unionsmarke unabhängige, rein nationale Markenrechte. Diese können isoliert angegriffen, übertragen oder lizenziert werden und müssen getrennt von der Unionsmarke verlängert werden. Allerdings sollen etwaige vor dem Exit-Day eingeräumte Lizenzen auch für die UK-Marke gelten. Unionsmarkeninhaber, die kein Interesse an einer nationalen UK-Marke haben, können der nationalen Eintragung widersprechen. Sie müssen hierfür nach dem (ungeregelten) Brexit ein Opt-Out erklären.
  • Am Exit-Day anhängige EU-Markenanmeldungen werden dagegen nicht automatisch in das nationale UK-Markenregister übertragen. Die Inhaber der Anmeldungen müssen ihre Marken vielmehr für das Vereinigte Königreich erneut aktiv anmelden. Wenn sie eine der EU-Markenanmeldung entsprechende Anmeldung innerhalb von neun Monaten nach dem Exit-Day einreichen, erhalten solche Anmeldungen aber den Anmeldetag der EU-Markenanmeldung; auch sie „erben“ damit den wichtigen Anmeldetag.

Auswirkungen des Brexit auf den Benutzungsnachweis

Auch für den Benutzungsnachweis wird der Brexit weitreichende Folgen haben. Die Benutzung einer Unionsmarke im Vereinigten Königreich ist ab dem Exit-Day unbeachtlich. Unionsmarken, die nur im Vereinigten Königreich benutzt werden, werden daher spätestens fünf Jahre nach dem Exit-Day löschungsreif.
Die ernsthafte Benutzung der erst durch den Brexit neu entstehenden UK-Marke kann für den Zeitraum bis zum Exit-Day auch durch die Benutzung in den verbleibenden Mitgliedstaaten nachgewiesen werden. Damit wird verhindert, dass auf der Basis von Unionsmarken neu entstandene UK-Marken, die bis zum Brexit nie im Vereinigten Königreich benutzt wurden, unmittelbar nach Entstehung sofort angreifbar wären.

Auswirkungen des Brexit auf die Bekanntheit der Unionsmarke

Die Bekanntheit von UK-Marken hat für den Zeitraum ab dem Exit-Day keine Bedeutung mehr für die Bekanntheit einer Unionsmarke. Eine Unionsmarke, die nur im Vereinigten Königreich bekannt ist, ist demnach nach dem Exit-Day keine bekannte Unionsmarke mehr.

Auswirkung des Brexit auf Unterlassungstitel aus Unionsmarken

In UK laufende Gerichtsverfahren, in denen sich der Markeninhaber auf eine Unionsmarke stützt, werden nach Angaben des IPO so behandelt werden, als wäre das Ver-einigte Königreich noch Teil der EU. Auch auf die Unionsmarke gestützte Unterlassungstitel aus der Zeit vor dem Exit-Day gelten für das Vereinigte Königreich. Dagegen erfassen nach dem Exit-Day erlassene EU-weite Titel die Nutzung des Kennzeichens im Vereinigten Königreich nicht.

Fazit: Das IPO hat sich für eine für den einzelnen Rechteinhaber verhältnismäßig ein-fache und – soweit absehbar – vorteilhafte Lösung entschieden. Für Unionsmarkenanmeldungen besteht bei einem Brexit innerhalb der 9-Monatsfrist Handlungsbedarf. Vor dem Brexit sind keine Maßnahmen erforderlich.

(4. Oktober 2019)