Änderung der KV-Praxis zur Vertretung von angestellten Ärzten

Bis vor kurzem hat die Verwaltungspraxis der KV Berlin dazu geführt, dass es für Gemeinschaftspraxen und Medizinische Versorgungszentren schwierig bis fast unmöglich war, Vertretungen für ausgeschiedene angestellte Ärzte ohne Honorareinbußen zu organisieren. Nicht immer gelingt es, ohne zeitliche Unterbrechung einen Nachfolger zu finden, dessen Arbeitsvertrag durch den Zulassungsausschuss genehmigt werden kann. In solchen Übergangszeiten wird die Arztstelle durch einen Vertreter besetzt.

Die KV Berlin verlangte auch für diesen Vertreter, dass er bei qualifikationsgebundenen Leistungen (z.B. Ultraschall), über eine eigene Abrechnungsgenehmigung verfügte. Diese Praxis hat der neu gewählte KV-Vorstand nunmehr durch ein vereinfachtes Verwaltungsverfahren ersetzt.

Ausgangssituation

Seit Einführung von § 32b Abs. 6 Ärzte-ZV durch das Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (BGBl. 2015 I S. 1211). zum 17. Juli 2015 ist die Vertretung von bei Vertragsärzten angestellten Ärzten explizit geregelt. Sie wird auf in MVZ angestellte Ärzte entsprechend angewendet.

Danach kommt eine Vertretung nicht nur dann in Betracht, wenn der angestellte Arzt z. B. aufgrund von Urlaub, Krankheit oder Fortbildung vorübergehend nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen kann (§ 32b Abs. 6 S. 1 i.V.m. § 32 Abs. 1 Ärzte-ZV). Vielmehr ist die Beschäftigung eines Vertreters für die Dauer von sechs Monaten auch dann möglich, wenn der angestellte Arzt freigestellt ist oder das Anstellungsverhältnis durch Tod, Kündigung oder andere Gründe beendet ist (§ 32b Abs. 6 S. 2 Ärzte-ZV).

In diesem Zusammenhang stellt sich Vertragsärzten und MVZ immer wieder die Frage, was zu beachten ist, wenn der angestellte Arzt aufgrund einer (Abrechnungs-)Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung besondere genehmigungspflichtige Leistungen i. S. v. § 135 Abs. 2 SGB V (z.B. Ultraschall, Röntgen) erbringt und abrechnet. Kann der Vertreter diese qualifikationsgebundenen Leistungen einfach abrechnen oder bedarf es hierfür ebenfalls einer besonderen KV-Genehmigung?

Bisherige Verwaltungspraxis im KV-Bezirk Berlin

Bei der Beantwortung dieser Frage unterscheidet die KV Berlin wie folgt: Bei einer Vertretung z.B. aufgrund von Urlaub, Krankheit oder Fortbildung (§ 32b Abs. 6 S. 1 Fall 2 Ärzte-ZV i.V.m. § 32 Abs. 1 Ärzte-ZV) ist ein vertretungsfähiger angestellter Arzt grundsätzlich vorhanden. Daher reichte es schon nach bisheriger Auffassung der KV Berlin für die Erbringung und Abrechnung von qualifikationsgebundenen Leistungen durch einen Vertreter des Angestellten aus, dass der vertretene Arzt über die entsprechende Befähigung zur Erbringung dieser Leistungen verfügt. Der Vertragsarzt bzw. das MVZ musste dies lediglich anhand von Zeugnissen (Approbation, Weiterbildung etc.) überprüfen. Einer eigenen Abrechnungsgenehmigung des Vertreters bedurfte und bedarf es in dieser Sachverhaltskonstellation nicht.

Anders stellt sich jedoch die Situation im Falle der in der Praxis häufig vorkommenden Vertretung aufgrund einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses etwa durch Kündigung oder Freistellung dar (§ 32b Abs. 6 S. 2 Ärzte-ZV). Hier ist an sich kein vertretungsfähiger Angestellter (mehr) vorhanden. Daher hatte die KV Berlin vor einiger Zeit beschlossen, die Erbringung und Abrechnung qualifikationsgebundener Leistungen i. S. v. § 135 Abs. 2 SGB V vom Vorliegen einer entsprechenden Abrechnungsgenehmigung des Vertreters abhängig zu machen.

Diese Verwaltungspraxis führte jedoch zu gravierenden Problemen, da die Abrechnungsgenehmigungen oftmals nur mit einer erheblichen zeitlichen Verzögerung erteilt wurden. So mussten die potentiellen Vertreter z.T. noch umfangreiche Unterlagen nachreichen oder an einem Prüfungsgespräch im Rahmen eines sog. Kolloquiums teilnehmen. Je nach beantragter Leistung finden die Kolloquiumstermine allerdings nur einmal im Monat statt oder sind über Monate hinweg ausgebucht. Die Vertreter konnten daher nicht oder nur in einem untergeordnetem Umfang vertragsärztliche Leistungen erbringen. Den betroffenen Praxen bzw. MVZ entstanden hierdurch nicht nur erhebliche finanzielle Einbußen. Auch das qualitätsgebundene Zusatzvolumen (QZV) wurde teilweise empfindlich gekürzt.

Neuerung in Berlin

Nach dem Beschluss des KV-Vorstands vom 18. Juli 2017 (Siehe hierzu KV-Blatt 09.2017, S. 9.) benötigen Praxen und MVZ, in denen Vertreter für ausgeschiedene Ärzte i. S. v. § 32b Abs. 6 S. 2 Ärzte-ZV tätig sind, für die Erbringung und Abrechnung von genehmigungspflichtigen Leistungen nun keine eigene Abrechnungsgenehmigung mehr. Voraussetzung ist jetzt lediglich eine Erklärung des Vertragsarztes bzw. Ärztlichen Leiters gegenüber der Abteilung Qualitätssicherung der KV Berlin, dass der Vertreter über die fachliche Qualifikation zur Erbringung dieser Leistung verfügt. Darüber hinaus muss der Vertreter derselben Fachgruppe angehören wie der ausgeschiedene Arzt. Für die Erklärung stellt die KV Berlin ein eigenes Formular zur Verfügung. Dieses wird zusammen mit der Vertretungsgenehmigung des Arztregisters der KV Berlin übersandt (alternativ soll das Formular künftig auf der Homepage der KV Berlin abrufbar sein).

Die Abteilung Qualitätssicherung übersendet sodann eine schriftliche Bestätigung über die auf Basis der abgegebenen Erklärung abrechnungsfähigen genehmigungspflichtigen Leistungen. Diese Bestätigung soll jedoch ausschließlich Planungs- und Rechtssicherheit bringen. Der Vertreter darf auch schon nach Abgabe der Erklärung und vor Eingang der Bestätigung die betreffenden Leistungen erbringen.

Situation in anderen KV-Bezirken

Auch andere kassenärztliche Vereinigungen wie z.B. die KV Baden-Württemberg (https://www.kvbawue.de/praxis/niederlassung/vertreter/) oder die KV Schleswig-Holstein (https://www.kvsh.de/db2b/upload/downloads/Vertretung.pdf) lassen es bei einer Vertretung nach § 32b Abs. 6 S. 2 Ärzte-ZV für die Erbringung genehmigungspflichtiger Leistungen offenbar genügen, dass der Vertreter die entsprechende Qualifikation besitzt, was vom Vertragsarzt bzw. MVZ überprüft werden muss. Vorsorglich empfehlen wir jedoch, vor Beginn der Tätigkeit eines Vertreters für einen angestellten Arzt bei den zuständigen KV-Gremien entsprechend nachzufragen.

(21. September 2017)