Bundesregierung beschließt Gasbeschaffungsumlage (Gas-Umlage) nach § 26 EnSiG

Die Bundesregierung hat am 4. August 2022 die Gaspreisanpassungsverordnung (GasPrAnpV) nach § 26 Energiesicherungsgesetz (EnSiG) beschlossen. Diese sieht eine Gasbeschaffungsumlage vor, mit der die Kosten für eine kurzfristige Gasersatzbeschaffung ausgeglichen und umgelegt werden sollen.

Anders als die Preisanpassung nach § 24 EnSiG, die eine Weitergabe der Mehrkosten entlang der Lieferkette zur Folge gehabt hätte, sollen die Mehrkosten durch die Gasbeschaffungsumlage gleichmäßig auf die in Deutschland verkauften Erdgasmengen verteilt werden. Mit Inkrafttreten der Rechtsverordnung dürfen die Preisanpassungsrechte nach § 24 EnSiG nicht mehr ausgeübt werden.

Hintergrund

Die Bundesregierung reagiert mit der Verordnung auf die reduzierten Gasimportmengen aus Russland. Um die fehlenden Mengen auszugleichen und weiterhin ihren Lieferverpflichtungen gegenüber Energieversorgern nachzukommen, müssen Gasimporteure kurzfristig Mengen zu wesentlich höheren Kosten einkaufen. Dies begründet aus Sicht der Bundesregierung die Gefahr, dass Gasimporteure in eine wirtschaftliche Schieflage geraten, so dass die Versorgungssicherheit nicht mehr gewährleistet wäre. Um dies zu verhindern, sollen die Gasimporteure einen finanziellen Ausgleich für die Kosten der Ersatzbeschaffung erhalten. Dieser Ausgleich wird über die saldierte Preisanpassung finanziert, die die Kosten für die Ersatzbeschaffung der Gasmengen auf die Bilanzkreisverantwortlichen umlegt.

Wie funktioniert die Gasbeschaffungsumlage?

Die Verordnung gewährt Gasimporteuren, die von der erheblichen Reduzierung der Gasimportmengen betroffen sind, einen Ausgleichsanspruch für die Mehrkosten der Ersatzbeschaffung. Dies gilt für Bestandsverträge, d. h. die nicht mehr erfüllten Beschaffungsverträge müssen vor dem 1. Mai 2022 abgeschlossen worden sein und Gasmengen betreffen, die bereits an Endkunden verkauft wurden. Die Rechtsverordnung soll ab dem 1. Oktober 2022 und befristet bis zum 30. September 2024 gelten. Vorher haben berechtigte Gasimporteure keinen Ausgleichsanspruch.

Gasimporteure müssen Ausgleichsansprüche beim Marktgebietsverantwortlichen Trading Hub Europe (THE) geltend machen. THE erstattet den Gasimporteuren die Ersatzbeschaffungskosten abzüglich eines Eigenanteils in Höhe von 10 %. Die konkrete Berechnung ist in der Anlage zur Verordnung geregelt. Mögliche Erstattungsansprüche müssen innerhalb von vier Werktagen nach Inkrafttreten der Rechtsverordnung (Tag nach der Verkündung) von den Importeuren gegenüber dem Marktgebietsverantwortlichen THE angezeigt werden. Importeure sind zudem verpflichtet, Ersatzansprüche aufgrund der Nichtlieferung zu prüfen und im Fall der erfolgreichen Durchsetzung den durch THE gezahlten Ausgleich zu erstatten.

Die Kosten, die dem Marktgebietsverantwortlichen THE für die Ausgleichszahlungen an Gasimporteure entstehen, darf dieser auf die Bilanzkreisverantwortlichen (diese sind verantwortlich für die ausgeglichene Bilanz zwischen Einspeisungen und Entnahmen in ihrem Bilanzkreis), beispielsweise Energieversorger, umlegen. Die Umlage wird auf die täglich aus einem Bilanzkreis physisch ausgespeisten Gasmengen erhoben. Die Höhe der Umlage wird von THE ermittelt und veröffentlicht und hängt von den geltend gemachten Ausgleichsansprüchen ab. Sie soll nach Schätzungen des BMWK zwischen 1,5 und 5 ct/kWh betragen und kann alle drei Monate angepasst werden. Die erstmalige Veröffentlichung soll am 15. August 2022 erfolgen.

Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Bilanzkreisverantwortlichen die Umlage an die Endverbraucher weitergeben können. Die Möglichkeit der Weitergabe ist allerdings abhängig von der jeweiligen vertraglichen Ausgestaltung. So ist fraglich, ob die Umlage an Kunden mit einer Festpreisgarantie weitergegeben werden kann oder ob Energieversorger einen Teil der Mehrkosten im Ergebnis selbst tragen. Es ist zu erwarten, dass die mit der Verordnung bewirkte Umverteilung von den Betroffenen auf den Prüfstand des Verfassungs- und Unionsrechts gestellt wird.

(05. August 2022)