Erneuerbare Energien: Das Mieterstrom­gesetz ­ist da

Kurz vor Ende der Legislaturperiode hat der Bundestag am 29. Juni 2017 in zweiter und dritter Lesung das Gesetz zur Förderung von Mieterstrom und zur Änderung weiterer Vorschriften des Erneuerbare-Energien-Gesetzes mit den Ergänzungen des Ausschusses für Wirtschaft und Energie vom 28. Juni 2017 verabschiedet (Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie, Entwurf eines Gesetzes zur Förderung von Mieterstrom und zur Änderung weiterer Vorschriften des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, 28.06.2017, BT-Drs. 18/12988).

Das Mieterstromgesetz dient dem Ausbau regenerativer Energien, indem es den weiteren  Zubau von Solaranlagen und die dezentrale Energieerzeugung fördert. Erstmals sollen Mieter als Abnehmer von Solarstrom direkt an der Energiewende beteiligt werden. Das Potential hierfür ist groß: Nach einem Gutachten im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) könnten bis zu zehn Prozent der Wohnungen in Deutschland mit Mieterstrom versorgt werden.

Mieterstrommodell – Voraussetzungen und Grenzen

Als Mieterstrom wird der Strom bezeichnet, der in einer Solaranlage auf dem Dach eines Wohngebäudes erzeugt und ohne Durchleitung durch ein Netz an den Mieter geliefert und von diesem verbraucht wird. Um als Wohngebäude zu gelten, müssen dabei mindestens 40 Prozent der Fläche dem Wohnen dienen. Auch darf die Leistung der Solargesamtanlage 100 kW nicht überschreiten.

Darüber hinaus hat sich der Gesetzgeber in letzter Minute für eine „kleine Quartierslösung” entschieden: Der Verbraucher muss sich – entgegen dem ursprünglichen Entwurf – nicht mehr zwingend in dem Gebäude befinden, an dem die Solaranlage montiert ist. Es genügt ein Wohn- oder Nebengebäude, das im „unmittelbaren räumlichen Zusammenhang“ gelegen ist. Hierdurch erweitert sich das Potential für Mieterstrommodelle unter anderem für gemeinsame Projekte nahe zusammenstehender Wohnhäuser oder durch die Nutzung für E-Mobility-Projekte. Der Anspruch auf Mieterstromzuschlag besteht dabei auch dann, wenn der Mieterstrom vor dem Verbrauch in einem reinen Grünstromspeicher zwischengespeichert wird.

Die Mieterstromförderung hat jedoch Grenzen. So werden Bestandsanlagen nicht mit dem Mieterstromzuschlag gefördert. Ein Förderungsdeckel soll ferner unvorhersehbaren Entwicklungen entgegengetreten und das Kostenrisiko minimieren: Der jährliche Ausbau im Bereich des Mieterstroms wird auf 500 MW pro Jahr beschränkt. Des Weiteren unterliegt die Höhe des Mieterstromzuschlags dem „atmenden Deckel“ des § 49 Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und damit einer kontinuierlichen Degression mit zunehmendem Zubau.

Förderungsinstrument Mieterstromzuschlag

Die Förderinstrumente des EEG in Bezug auf Solarstrom beschränkten sich bisher bei Einspeisung in das Netz der allgemeinen Versorgung auf einen Anspruch gegen den Netzbetreiber auf Zahlung einer Marktprämie oder Einspeisevergütung. Zur Förderung dezentraler Energieerzeugung gab es bisher nur das Eigenstromprivileg, d.h. Immobilienbesitzer, die sich selbst versorgen, profitieren von der Reduzierung bzw. dem Entfallen der EEG-Umlage. Mit dem Mieterstromzuschlag führt der Gesetzgeber nun ein weiteres, direktes Förderinstrument der dezentralen Energieversorgung ein: Der Mieterstromanbieter hat nun einen Anspruch gegen den Netzbetreiber auf Zahlung eines Mieterstromzuschlags pro erzeugter Kilowattstunde für den an die Mieter gelieferten Strom. Überschüssiger Strom kann ins allgemeine Versorgungsnetz eingespeist und hierfür Markprämie bzw. Einspeisevergütung beansprucht werden. Der an die Mieter gelieferte Strom bleibt dabei aber EEG-umlagepflichtig.

Die Höhe des Mieterstromzuschlags wird, ebenso wie bei der EEG-Einspeisevergütung, gesetzlich bestimmt und hängt von der Größe der Solaranlage ab. Zur Berechnung des Mieterstromzuschlags wird von der „normalen“ EEG-Vergütung bei Einspeisung des Stroms ein Abschlag von aktuell 8,5 ct/kWh abgezogen. Der Mieterstromzuschlag beträgt damit je nach Anlagengröße derzeit zwischen 2,21 Ct/kWh und 3,8 Ct/kWh. Zusätzlich ist der Mieterstrom von vielen Kostenbestandteilen befreit (Netzentgelt, Konzessionsabgabe, Stromsteuer und sonstigen netzseitigen Umlagen). Dies entspricht einer erheblichen  Abgabenreduzierung, die je nach Standort der Solaranlage variiert.

Hinter der Berechnung des Abschlags steht der Gedanke, dass der Anlagenbetreiber zusätzlich zum Mieterstromzuschlag auch den Erlös aus dem Verkauf des Stroms an den Mieter erhält.

Mieterstromvertrag

Die freie Wahl zwischen Stromanbietern als wesentliches Merkmal des liberalisierten Strommarktes soll auch durch das Mieterstromgesetz nicht geändert werden. Mieter sollen frei entscheiden können, ob sie einen Mieterstromvertrag abschließen oder nicht. In jedem Fall sollen Mieterstromvertrag und Mietvertrag getrennte Verträge sein, die unabhängig voneinander geschlossen und gekündigt werden können. Das Gesetz begrenzt die Vertragslaufzeit zudem auf ein Jahr, auch eine stillschweigende Vertragsverlängerung ist nur um ein weiteres Jahr zulässig.

Der Mieterstromvertrag muss die umfassende Versorgung des Letztverbrauchers mit Strom gewährleisten, insbesondere auch in Zeiten, in denen kein Mieterstrom geliefert werden kann. Hier bedarf es der etwaigen Versorgung mit Zusatz- und Reservestrom. Zudem treffen den Anbieter auch Pflichten der energiewirtschaftlichen Abwicklung. Die Einspeisung und Abrechnung des etwaigen Überschussstroms muss ebenfalls technisch und vertraglich mit dem Netzbetreiber koordiniert werden.

Der Mieterstrompreis darf maximal 90 Prozent des Grundversorgungstarifs betragen, der im jeweiligen Netzgebiet gilt.

Auf den ersten Blick ist es nahe liegend, dass der Immobilieneigentümer als Vermieter auch als Anbieter von Mieterstrom auftritt. Allerdings ist der Umfang der ihn treffenden regulatorischen und energiewirtschaftlichen Anforderungen nicht zu unterschätzen. In Betracht kommen daher eher Energiedienstleister, die der Immobilieneigentümer beauftragt, oder die mit der Rolle des Stromanbieters vertrauten Stromversorger: Diesen Anbietern dürfte die praktische Abwicklung der Stromlieferung deutlich leichter fallen.

Weitere Informationen auch im Hinblick auf zukünftige Marktrollen und die Frage der Wirtschaftlichkeit von Mieterstromprojekten ist in diesem Vortrag  zu finden, der sich mit dem vorangegangenen – fast vollständig inhaltsgleichen – Kabinettsentwurf des Mieterstromgesetzes befasst.

(3. Juli 2017)