Änderungen genehmigter Onshore-Windanlagen: EEG-Clearingstelle gibt Orientierungs­hilfe

Mit einem Hinweisentwurf hat die EEG-Clearingstelle kürzlich eine erste wertvolle Orientierungshilfe veröffentlicht. Sie soll den Betreibern von Onshore-Windenergieanlagen helfen einzuschätzen, ob sie für bestimmte Anlagen mit der EEG-Förderung rechnen können, ohne an dem seit dem 1. Januar 2017 im EEG 2017 vorgesehenen Ausschreibungsverfahren zur Förderberechtigung teilnehmen zu müssen. Die EEG-Clearingstelle befasste sich mit dem Problem, dass Windanlagenbetreiber bis Ende 2016 Genehmigungen für Windenergieanlagen erhalten haben, die jedoch erst später gebaut werden und deren finale Baupläne von den ursprünglich genehmigten abweichen. Damit stellte sich die Frage, ob die ursprüngliche Genehmigung weiter trägt oder nicht. Die Antwort auf diese Frage ist für Windanlagenbetreiber von großer wirtschaftlicher Bedeutung, da die frühe Antragstellung dem Ziel diente, noch in den Genuss der Förderung ohne Teilnahme am Ausschreibungsverfahrens zu kommen.

Hintergrund: Die Änderungen in der Förderung nach dem EEG 2017

Mit Inkrafttreten des Gesetzes für den Ausbau erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz – EEG 2017) haben sich die Förderbedingungen für Onshore-Windenergieanlagen erheblich verändert: Anlagen mit einer installierten Leistung von mehr als 750 kW müssen sich in einem Ausschreibungsverfahren durchsetzen, um die Förderung in Form der Marktprämie nach § 19 Abs.1 EEG 2017 zu bekommen. Die Folge ist zum einen, dass – anders als in der Vergangenheit – nicht mehr alle Onshore-Windenergieanlagen durch das EEG gefördert werden. Das Ergebnis der ersten Ausschreibung für Onshore Windenergie spricht zudem dafür, dass selbst die geförderten Anlagen mit einer deutlich geringeren Förderung rechnen müssen, als in der Vergangenheit. So lag der durchschnittliche Zuschlagswert der ersten Ausschreibung bei 5,71 ct/kWh. Im Vergleich dazu lag der anzulegende Förderwert bei Strom aus Onshore Windenergieanlagen bei Inbetriebnahme im vierten Quartal 2016 für die ersten fünf Jahre bei 8,38 ct/kWh (§ 46 Abs. 2 EEG 2017).

Nur ausnahmsweise sind Anlagen ohne Teilnahme am Ausschreibungsverfahren förderfähig: Dies sind Anlagen, die vor dem 1. Januar 2017 nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) genehmigt wurden, deren Genehmigung vor dem 1. Februar 2017 an das Register gemeldet wurde und die vor dem 1. Januar 2019 in Betrieb genommen werden (§ 22 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EEG 2017). Vor diesem Hintergrund haben Betreiber von Onshore-Windenergieanlagen vor der Umstellung auf das Ausschreibungssystem zum 1. Januar 2017 noch eine Vielzahl von Genehmigungen nach dem BImSchG für Onshore-Windenergieanlagen beantragt und erteilt bekommen.

Wann hat die Ausnahme Bestand?

In ihrem Hinweisentwurf vom 23. Februar 2017 (2017/6) bezieht die EEG-Clearingstelle Stellung zu zwei Rechtsfragen der Ausnahmeregelung:

  • Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit die Anlage als vor dem 1. Januar 2017 nach dem BImschG als genehmigt gilt?
  • Welche Änderungen der Anlage nach Erteilung der Genehmigung führen dazu, dass die Ausnahmeregelung des § 22 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EEG 2017 unanwendbar wird?

Nach Ansicht der EEG-Clearingstelle kommt es für die Anwendbarkeit der Ausnahmeregelung des § 22 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EEG 2017 allein auf das Ausstellungsdatum der Genehmigung vor dem 1. Januar 2017 an. Zugang oder die Bekanntmachung der Genehmigung sind hingegen nicht entscheidend. Bereits vor einem Jahr hatte die EEG-Clearingstelle in einem Votum vom 10. August 2016 (Az: 2016/13) darüber hinaus erklärt, dass ein immissionsrechtlicher Vorbescheid einer endgültigen Genehmigung nach dem BImSchG nicht gleichzustellen sei (Votum vom 10. August 2016, Az. 2016/13, in der Sache ging es um die Frage der Anwendung der Übergangsbestimmung des § 100 Abs. 3 EEG 2014 zur Förderung von Onshore-Windenergiebestandsanlagen).

Zur Frage, wann die Ausnahmeregelung des § 22 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EEG 2017 ausgeschlossen ist, differenziert die EEG-Clearingstelle wie folgt:

  • Änderungen der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, welche die Anlage im Sinne des EEG-Anlagenbegriffs unverändert lassen;
  • Änderungen, die branchenüblich sind und typischerweise im Laufe der Umsetzung eines Windenergieprojekts auftreten;
  • Änderungen, die über das übliche Maß technischer Optimierungen hinausgehen.

Im Ergebnis stellt die EEG-Clearingstelle anhand dieser Differenzierung fest:

Änderungen nach dem 31. Dezember 2016, die die immissionsschutzrechtliche Genehmigung unberührt lassen oder aber branchenüblich sind, haben nicht zur Folge, dass die Anlage aus der Ausnahmeregelung des § 22 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EEG 2017 fällt. Bei Änderungen über das übliche Maß der Optimierung hinaus entfällt hingegen der Vertrauensschutz und § 22 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EEG 2017 ist unanwendbar.

Zulässige Änderungen der Anlage nach dem 31. Dezember 2016

Zulässige Änderungen der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, welche die Anlage im Sinne des EEG-Anlagenbegriffs unverändert lassen, sind Änderungen die lediglich den Anlagenbetrieb (z.B. naturschutzfachliche Stillstandzeiten) oder die nicht zur Windenergieanlage gehörende Windparkinfrastruktur (z.B. Netzanschlusseinrichtungen) betreffen.

Darüber hinaus sind auch Änderungen an der Anlage zulässig, die zwar die Anlage selbst betreffen, aber branchenüblich sind und typischerweise im Laufe der Umsetzung eines Windenergieprojekts auftreten. Hierzu liefert die EEG-Clearingstelle im Hinweisentwurf einen Katalog von Änderungsmaßnahmen:

  • Errichtung eines Nachfolgetyps der ursprünglich genehmigten Windenergieanlage, wenn der genehmigte Typ nicht mehr hergestellt wird,
  • Errichtung eines Nachfolgetyps der ursprünglich genehmigten Windenergieanlage, wenn der genehmigte Typ nicht mehr den technischen Anforderungen entspricht bzw. in absehbarer Zukunft nicht mehr entsprechen wird,
  • Errichtung eines nach Höhe und Leistung vergleichbaren Windenergieanlagen-Typs eines anderen Herstellers, wenn der genehmigte Typ nicht mehr hergestellt wird,
  • Errichtung eines nach Höhe und Leistung vergleichbaren Windenergieanlage-Typs eines anderen Herstellers, wenn der genehmigte Typ nicht mehr den technischen Anforderungen an Windenergieanlage entspricht bzw. in absehbarer Zukunft nicht mehr entsprechen wird,
  • andere technische Änderungen an Rotorkreisfläche oder Nabenhöhe, soweit sie zwingend oder in absehbarer Zukunft geboten erscheinen,
  • Leistungserhöhungen, die nicht mit physischen Änderungen an der genehmigten Anlage einhergehen, etwa bedingt durch eine Aktualisierung der Software der Anlagensteuerung,
  • Änderungen der Planung zum Fundament der genehmigten Windenergieanlage,
  • geringfügige Veränderung des genehmigten Standorts, z. B. wegen veränderter Planung der Zuwegung.

Auch wenn die EEG-Clearingstelle physische Leistungserhöhungen der Anlage grundsätzlich als wesentliche Änderungen bewertet, macht sie in den betroffenen Beispielsfällen davon eine Ausnahme, wenn ohne Leistungserhöhung das Vorhaben wirtschaftlich nicht durchführbar wäre.

Unzulässige Änderungen der Anlage nach dem 31. Dezember 2016

Ob die Änderungen – soweit sie nicht im Katalog des Hinweisentwurfes enthalten sind – über das übliche Maß technischer Optimierungen hinausgehen, muss nach dem Hinweisentwurf für jeden Einzelfall gesondert untersucht werden. Zu ermitteln ist, ob die Änderungen insgesamt so wesentlich sind, dass das Vertrauen in die Rechtsfolge des § 22 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EEG 2017 nicht mehr schützenswert ist. Ist das der Fall, findet der Ausnahmetatbestand keine Anwendung. Die Anlage unterfällt dann dem allgemeinen Ausschreibungsregime für die Förderung erneuerbarer Energien.

Weitere Entwicklung

Die Frist zur Stellungnahme zum Hinweisentwurf ist am 24. März 2017 abgelaufen. Insbesondere der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. hat in seiner Stellungnahme vom 23. März 2017 die Auslegung der EEG-Clearingstelle zur Ausnahmeregelung des § 22 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EEG 2017 als zu weit kritisiert.

In den nächsten Monaten ist ein endgültiges Votum der EEG-Clearingstelle zu erwarten. Die Voten der EEG-Clearingstelle finden im Allgemeinen weithin Beachtung, sind jedoch weder für die Betroffenen, noch die Gerichte rechtsverbindlich. Es wird daher für die betroffenen Anlagenbetreiber weiterhin notwendig sein, rechtlich sorgfältig zu prüfen, ob in ihrem konkreten Einzelfall die Rechtsfolge des § 22 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EEG 2017 auch nach der Änderung Anwendung findet.

(29. Mai 2017)