Update zu ECT-Investitions­schutzstreitig­keiten

Die Auseinandersetzung über die Zukunft möglicher EU-Investitionsschutzstreitigkeiten geht in die nächste Runde: In einer Zwischenfeststellung im Schiedsrechtsstreit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vattenfall-Konzern über die Folgen des Atomausstiegsgesetz aus dem Jahr 2011 (mehr dazu im Raue LLP-Update: „ECT: EU-Investitionsschutzstreitigkeiten vor dem aus?“ und „EU-Investitionsstreitigkeiten vor Schiedsgerichten?“) hat sich das ICSID-Schiedsgericht für zuständig erklärt. Die Bundesrepublik und die EU-Kommission in ihrer Rolle als amicus curiae hatten im Anschluss an die Achmea-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 6. März 2018 (Urt. v. 06.03.2018, Az.: C-284/16 – „Achmea-Entscheidung“) beantragt, die Schiedsklage des Vattenfall-Konzerns abzuweisen, da Schiedsklauseln zur Klärung intraeuropäischer Schiedsstreitigkeiten wegen eines Verstoßes gegen Unionsrechts unzulässig seien.

Das ICSID-Schiedsgericht hat die Einwände der Bundesrepublik und der EU-Kommission zurückgewiesen. Die Grundsätze der Achmea-Entscheidung seien nicht anwendbar, da die Vattenfall-Klage – anders als im Falle der Achmea-Entscheidung – auf den Energiecharta-Vertrag (Energy Charter Treaty „ECT“) und damit nicht auf ein bilaterales, sondern multilaterales Investitionsschutzabkommen gestützt sei. Zudem sei die Europäische Union selbst Unterzeichnerin des ECT. Entsprechend seien Kommission und EuGH an die Vertragsinhalte des völkerrechtlichen ECT-Abkommens gebunden. Anders als in der Achmea-Entscheidung sei es dem EuGH damit verwehrt, die Schiedsklauseln des Energiecharta-Vertrags für unvereinbar mit europäischem Recht zu befinden.

Damit bestätigt das Schiedsgericht seine Position in einem weiteren Schiedsverfahren auf Grundlage des ECT (Masdar ./. Königreich von Spanien, Schiedsurteil vom 16. Mai 2018), in dem Spanien zur Zahlung eines Schadensersatzes verurteilt wurde (mehr dazu im Raue LLP-Update „Gekürzte Förderung: Schiedsgericht weist Klage gegen Spanien ab“).

 Wie geht es nun weiter?

Nachdem sich das Schiedsgericht gegen die Argumentation der Bundesrepublik Deutschland und der EU-Kommission gestellt hat, ist der Weg für einen finalen Schiedsspruch bereitet. Sollte die Bundesrepublik zur Zahlung verurteilt werden, ist allerdings angesichts der Position der EU-Kommission sehr fraglich, ob der Schiedsspruch innerhalb der EU vollstreckt werden kann. Diese Problematik erkennt auch das Schiedsgericht, stellt jedoch klar, dass die Frage der Vollstreckbarkeit keinen Einfluss auf seine Entscheidung haben wird. Damit ist bereits jetzt absehbar, dass der Streit die beteiligten Parteien auch nach Ergehen des Schiedsspruchs weiter beschäftigen dürfte.

(29. Oktober 2018)