Netzausbaupläne und gemeinsame Internetplattform von Betreibern von Elektrizitäts­verteilernetzen

Das Bundeskabinett hat am 9. Februar 2021 den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht beschlossen. Dieser Entwurf sieht nun erstmals ein Verfahren für die Erstellung von Netzausbauplänen durch die Verteilnetzbetreiber vor. Dazu werden die Netzbetreiber zur Zusammenarbeit verpflichtet und müssen eine gemeinsame Internetplattform errichten.

Netzausbaupläne

Mit den Regelungen in §§ 14d und 14e des Gesetzentwurfs soll Artikel 32 der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie (EU) 2019/944 umgesetzt werden. Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen sollen künftig alle zwei Jahre für ihr jeweiliges Elektrizitätsverteilernetz einen Netzausbauplan vorlegen. Bisher war im EnWG nur eine Pflicht zur Übermittlung eines Netzausbauplans an die Regulierungsbehörde auf deren Verlangen vorgesehen. Nach der Gesetzesbegründung soll Grundlage der Netzausbaupläne das NOVA-Prinzip sein, also Netzoptimierung vor –verstärkung vor –ausbau. Der Netzausbauplan soll die Planungsgrundlagen insbesondere zum Anschluss neuer dezentraler Erzeugungskapazitäten sowie von Lasten und Ladepunkten für Elektrofahrzeuge in den nächsten fünf Jahren (im Hochspannungsnetz in den nächsten 10 Jahren) und die zu erwartenden Ein- und Ausspeisungen enthalten. Es sollen die geplanten Optimierungs-, Verstärkungs- und Ausbaumaßnahmen und die engpassbehafteten Leitungsabschnitte dargestellt werden. Diese Darstellung muss so ausgestaltet sein, dass ein sachkundiger Dritter nachvollziehen kann, welche Veränderungen mit den geplanten Maßnahmen einhergehen, welche Alternativen geprüft wurden, welcher Bedarf an Systemdienstleistungen und Flexibilitätsdienstleistungen nach Realisierung der Maßnahmen noch verbleibt und welche Kosten voraussichtlich entstehen.

Bildung von Planungsregionen

Die Betreiber der Elektrizitätsverteilernetze werden verpflichtet, Planungsregionen zu bilden. Das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland soll in geographisch abgrenzbare und räumlich zusammenhängende Gebiete aufgeteilt werden. Die innerhalb einer Planungsregion angesiedelten Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen haben sich zu den Grundlagen ihrer Netzausbauplanung abzustimmen. Damit sollen insbesondere im Hinblick auf eine Prognose des Zubaus von weiterer Erzeugung und Last eine Verteilung der Netzanschlusspunkte besser koordiniert und Doppelstrukturen vermieden werden können. Nach der Gesetzesbegründung soll die Anzahl der Planungsregionen fünf nicht unterschreiten und fünfzehn nicht überschreiten. Die Elektrizitätsverteilernetze einer Planungsregion stimmen untereinander ein Regionalszenario ab, welches Grundlage der jeweiligen Netzausbaupläne der Netzbetreiber in der jeweiligen Planungsregion sein soll. Dieses Regionalszenario ist unter Einbeziehung der relevanten Übertragungsnetzbetreiber zu entwickeln. Die Zuständigkeit und Verantwortlichkeit für den jeweiligen Netzausbauplan und einen bedarfsgerechten Netzausbau verbleibt jedoch beim jeweiligen Betreiber des Elektrizitätsverteilernetzes.

Gemeinsame Internetplattform

Zur Umsetzung der Konsultationspflicht nach Art. 32 Abs. 4 der Richtlinie (EU) 2019/944 sieht der Gesetzentwurf in § 14e die Verpflichtung der Netzbetreiber zur Errichtung einer gemeinsamen Internetplattform vor. Diese soll auf nationaler Ebene und nicht auf der Ebene der Planungsregion geschaffen werden. Über die Internetplattform sollen die Netznutzer Informationen übermitteln können, etwa zu geplanten Netzanschlüssen. Es soll dadurch auch die Initiative der Netznutzer gefördert werden, an einer sinnvollen regionalen Netzausbauplanung aktiv mitzuwirken. Allerdings ist eine verpflichtende Beteiligung nur für die Netznutzer der Hochspannungsebene und die Übertragungsnetzbetreiber vorgesehen (§ 14d Abs. 4 Satz 2 des Gesetzesentwurfs). Die Beteiligung von Netznutzern anderer Spannungsebenen liegt im Ermessen der Verteilnetzbetreiber.

de-minimis-Ausnahme

Der Gesetzgeber möchte von der in der Europäischen Richtlinie vorgesehenen Möglichkeit für eine Ausnahme für kleinere Netzbetreiber Gebrauch machen. Netzbetreiber mit bis zu 100.000 Netzanschlüssen sollen von den Verpflichtungen zur Erstellung der Netzausbaupläne befreit werden. Dies gilt wiederum nicht für solche Netze, in denen die technisch mögliche Stromerzeugung des Vorjahres aus Windenergie an Land oder aus solarer Strahlungsenergie um mehr als 5 % gekürzt wurde.

Befugnisse der Regulierungsbehörde

Die Regulierungsbehörde kann nicht nur weitere Vorgaben zu Frist, Form, Inhalt und Art der Übermittlung des Netzausbauplans machen. Sie kann auch Anpassungen der Netzausbaupläne verlangen sowie allgemein weitere Festlegungen zu den Grundlagen für die Erstellung der Netzausbaupläne, zur Bildung der Planungsregionen und zu den im Netzausbauplan enthaltenen Angaben machen. Aufgrund der alten und nun leicht modifizierten Regelung in § 14 Abs. 2 EnWG müssen die Netzbetreiber auf Verlangen der Regulierungsbehörde dieser einen Bericht über den Netzzustand und den Stand der Umsetzung der Netzausbauplanung vorlegen.

Bewertung und Ausblick

Mit dem Gesetzentwurf geht die Bundesregierung einen richtigen Schritt, um die auf die Verteilnetzbetreiber zukommenden Herausforderungen der Energie- und Klimawende zu meistern. Dazu ist die Einführung der Planungsregionen ein sinnvolles Instrument, um die Zersplitterung der Verteilnetzlandschaft mit in Deutschland über 870 Stromnetzbetreibern zu begegnen und die Netzbetreiber zu einer engeren Zusammenarbeit beim Netzausbau zu verpflichten. Wenig sinnvoll erscheint allerdings in diesem Zusammenhang die mittlerweile reflexartige Nutzung der de-minimis-Regelung durch die Bundesregierung. Gerade kleinere Netzbetreiber sollten in die Planungsregionen einbezogen werden, damit auch sie vom Erfahrungsaustausch der Netzbetreiber untereinander profitieren. Dabei könnten sich auch gemeinsame Organisationsstrukturen bilden, um für die Netzbetreiber die Netzausbauplanung zu koordinieren und zu organisieren. Ansonsten besteht die Gefahr, dass ähnlich wie im Breitbandausbau die kleineren Kommunen und Städte auf der Strecke bleiben und der Netzausbau dort hinter den Anforderungen der Einwohner und der ansässigen Wirtschaft zurückbleibt. Die Anforderungen aus Elektromobilität und dezentraler Einspeisung stellen sich für kleine und große Netzbetreiber und sollten deshalb auch gemeinsam bewältigt werden.

(15. Februar 2021)