Konzessions­vergabe: envia M gewinnt mit Raue LLP vor dem OLG Dresden

Raue LLP hat die envia Mitteldeutsche Energie AG (enviaM) erfolgreich in einem Datenherausgabeprozess vor dem Oberlandesgericht (OLG) Dresden vertreten. Das Energieversorgungsunternehmen wurde von dem vermeintlichen Neukonzessionär – der Stadtwerke Finsterwalde GmbH – auf Datenherausgabe in Anspruch genommen. Hintergrund war die Stromnetzübernahme in den vier brandenburgischen Gemeinden Massen-Niederlausitz, Crinitz, Sallgast und Lichterfeld-Schacksdorf.

Das OLG Dresden hat mit seinem Urteil vom 29. November 2016 entschieden, dass die Konzessionsverträge mit der Stadtwerke Finsterwalde GmbH nichtig sind, weil das Auswahlverfahren der vier Gemeinden diskriminierend war. Außerdem stellte das OLG Dresden wegweisend klar, dass sich die enviaM auf die Nichtigkeit berufen kann und eine Präklusion ausscheidet (OLG Dresden, Urt. v. 29.11.2016, Az.: U 1/16 Kart).

Strom- und Gaskonzessionsverträge regeln das Recht, im öffentlichen Straßenland Strom- und Gasverteilungsanlagen zu verlegen, und die Pflicht, diese zu betreiben. Nach dem Energiewirtschaftsrecht müssen diese Verträge alle 20 Jahre neu ausgeschrieben werden. Im Falle eines Konzessionärswechsels hat der Neukonzessionär Ansprüche auf Daten- und Netzherausgabe. Diese Ansprüche setzen jedoch voraus, dass der neue Konzessionsvertrag wirksam ist.

Nach Auffassung des OLG Dresden war dies nicht der Fall: Das Auswahlverfahren hat die enviaM diskriminiert, weil die Auswahlkriterien nicht vorrangig an den Zielen des § 1 Abs. 1 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) ausgerichtet waren. Insbesondere die Ziele der preisgünstigen und effizienten Versorgung waren rechtsfehlerhaft untergewichtet. Aus diesem Grund wurde die enviaM im Auswahlverfahren unbillig behindert, so dass der Konzessionsvertrag nichtig ist.

Die enviaM konnte sich im Datenherausgabeprozess nach Ansicht des OLG Dresden auch auf die Nichtigkeit des Konzessionsvertrages berufen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) ist dies nicht mehr möglich, wenn ein diskriminierter Bewerber ausreichend Gelegenheit hatte, seine Rechte zu wahren, die Möglichkeit aber nicht nutzte. Das OLG Dresden hat klargestellt, das an die Verhaltenspflichten der diskriminierten Bewerber – auch aus verfassungsrechtlichen Gründen – keine überspannten Anforderungen zu stellen sind. Dem OLG Dresden genügte hier, dass die enviaM Eilrechtsschutzanträge beim Landgericht (LG) Potsdam gestellt hatte, die von diesem rechtswidrig zurückgewiesen wurden. Eine sofortige Beschwerde gegen diese Beschlüsse war nicht mehr erforderlich. Nach Auffassung des OLG Dresden wird „mit beachtlichen Argumenten“ sogar vertreten, dass ein reines Rügeschreiben ausreichend ist.

(4. Januar 2017)