Gasnetz Leipzig: MITGAS gewinnt mit Raue vor Landgericht Magdeburg

Das Landgericht Magdeburg (LG Magdeburg) hat mit Urteil vom 10. November 2021 (36 O 15/16) die Netzherausgabeklage der Stadtwerke Leipzig GmbH (SWL) gegen die MITGAS Mitteldeutsche Gasversorgung GmbH (MITGAS) abgewiesen, weil der im Jahr 2015 zwischen der Stadt Leipzig und der SWL für einen Großteil des Leipziger Stadtgebiets geschlossene Gaskonzessionsvertrag nichtig ist. Die SWL beansprucht auf Grundlage dieses Vertrages die Herausgabe der Gasverteilungsanlagen in diesen Gebieten.

Verstoß gegen das Neutralitätsgebot

Nach Auffassung des LG Magdeburg hat die Stadt Leipzig bei der Neuvergabe der Gaskonzession in den Jahren 2014/2015 nicht gegenüber allen Bewerbern die gebotene Neutralität gewahrt. Das Rechtsamt der Stadt Leipzig, das die Funktion der Vergabestelle wahrnehmen sollte, sei nicht hinreichend organisatorisch und personell von der kommunalen Eigenbewerbung der Stadtwerke getrennt gewesen. Die Beteiligung der Stadtratsgremien bei der Festlegung der Verfahrensbedingungen und der Vorberatung der Vergabeentscheidung habe es Stadträten mit Doppelmandat bei der SWL oder anderen Gesellschaften des Leipziger Stadt-konzerns LVV ermöglicht, den Ausgang des Vergabeverfahrens zu beeinflussen. Ein Interessenkonflikt bestünde nicht nur bei den Aufsichtsräten der SWL, sondern wegen der engen wirtschaftlichen Verflechtungen auch bei solchen aus dem Stadtkonzern LVV. Insbesondere an der letzten Vorberatung im Verwaltungsausschuss vor der abschließenden Vergabeentscheidung in der Ratsversammlung stimmten Aufsichtsräte der SWL für die Vergabe an ihr eigenes Unternehmen.

Prozessgeschichte

Mit der Vergabe der Gaskonzession in den eingemeindeten Ortsteilen der Stadt Leipzig haben sich bereits mehrere Gerichte befasst. Die Stadt Leipzig und die SWL haben den Gaskonzessionsvertrag im Jahr 2015 unterzeichnet. Auf dieser Grundlage hat die SWL die MITGAS im Jahr 2016 beim LG Magdeburg auf Herausgabe der Gasverteilungsanlagen in Anspruch genommen. MITGAS hat eingewandt, dass der Gaskonzessionsvertrag wegen des fehlerhaften Vergabeverfahrens nichtig ist. Während das LG Magdeburg zunächst keine Nichtigkeit angenommen hat, stellte das Oberlandesgericht Naumburg im Jahr 2018 die Nichtigkeit fest (siehe auch MITGAS siegt mit Raue vor OLG Naumburg). Der Bundesgerichtshof hat die zugrundeliegende Widerklage als unzulässig bewertet, jedoch Hinweise zur Anwendung des Neutralitätsgebots auf den Fall gegeben (siehe auch BGH zu Strom- und Gaskonzessionen: Mitwirkungsverbot für Stadträte mit Doppelmandat bei kommunalem Bieter). Diese Grundsätze hat das LG Magdeburg nun in erster Instanz auf den festgestellten Sachverhalt angewandt.

(16. November 2021)