Energiesammel­gesetz verabschiedet

Nachdem das Bundeskabinett am 5. November 2018 einen Gesetzesentwurf zum sog. Energiesammelgesetz beschlossen hatte, wurde das Gesetz bereits am 30. November 2018 vom Bundestag in 2. und 3. Lesung verabschiedet.

Was steht drin?

Mit dem ursprünglich als „100-Tage-Gesetz“ betitelten Energiesammelgesetz werden insgesamt 19 energierechtliche Gesetze und Verordnungen geändert und gleich mehrere von der Bundesregierung geplante Vorhaben umgesetzt.

Zu den wesentlichen Änderungen gehören:

  • die Einführung der im Koalitionsvertrag vereinbarten Sonderausschreibungen
  • die Anpassung der Fördersätze für PV-Anlagen auf Gebäuden über 40 kW installierter Leistung
  • die Anpassung des KWK-Gesetzes aufgrund der von der Kommission zuvor genehmigten reduzierten EEG-Umlagepflicht (rückwirkend zum 1. Januar 2018)
  • weitere Änderungen des KWKG
  • Vorgaben zur Messung und Schätzung von Strommengen, die mit der EEG- (KWKG-/StromNEV-) Umlage belastet sind (RegE § 62a EEG nF).

Das im Kabinettsentwurf enthaltene Vorhaben – die Regelungen zur Abregelung von konventionellen und EE-Erzeugungsanlagen („Redispatch bzw. Einspeisemanagement“) bei Netzengpässen in einem einheitlichen Regime zusammenzuführen – ist im verabschiedeten Gesetz nicht mehr enthalten. Dies soll nun zeitlich später erfolgen. Auch die Einführung der Kapazitätsreserve wurde in letzter Sekunde um ein weiteres Jahr verschoben, statt im Winter 2019/2020 soll diese erst im Jahr 2020/2021 erfolgen (§ 13e Abs. 1 EnWG nF).

Weitere Änderungen betreffen:

  • den Anschluss an das L-Gasversorgungsnetz (grundsätzlich keine Anschlusspflicht)
  • die bedarfsgerechte Nachtkennzeichnung für Windenergieanlagen
  • Innovationsausschreibungen im EEG/KWKG
  • den Kapazitätsreservemechanismus
  • die Zulässigkeit von Windenergieanlagen auf See, die nicht an ein Netz angeschlossen sind
  • Übergangsregelungen für technischen Anschlussbedingungen von Stromerzeugungsanlagen.

EEG – Sonderausschreibungen und Umlagebefreiung

Der Entwurf sieht für die Jahre 2019, 2020 und 2021 Sonderausschreibungen für PV- und Windenergie-Anlagen vor. Die erste Ausschreibungsrunde startet im März (PV) bzw. im September 2019 (Wind). Vorgesehen ist die zusätzliche Ausschreibung von 1 GW installierter Leistung in 2019; 1,4 GW in 2020 und 1,6 GW in 2021. Das Ausschreibungsvolumen wird nicht auf den 52-GW-Deckel für Solaranlagen angerechnet. Zudem wird die mittlerweile von der Europäischen Kommission genehmigte, teilweise Befreiung von der EEG-Umlage für neue KWK-Anlagen im EEG rückwirkend zum 1. Januar 2018 umgesetzt.

Absenkung des Fördersatzes für PV-Anlagen über 40 kW

Die Fördersätze für PV-Anlagen über 40 kW installierter Leistung werden abgesenkt. Begründet wird dies damit, dass bei der gebotenen beihilferechtlichen Überprüfung der Förderung, eine Überförderung festgestellt worden sei. Nachdem es allerdings bezüglich der im Kabinettsentwurf geplanten Absenkung der Vergütungssätze Kritik gegeben hatte, ist diese etwas verringert worden. Statt wie zunächst geplant 8,3 Cent/kWh erhalten die betroffenen Anlagenbetreiber ab April 2019 nun 8,9 Cent/kWh. Für Mieterstromprojekte sieht das Gesetz statt eines pauschalen Abzugs von 8,5 Cent/kWh nunmehr einen Abzug von 8 Cent/kWh vor.

Änderungen des KWKG

Die Fördersätze für KWK-Bestandsanlagen werden abgesenkt, um bestehende Überförderungen aufgrund der niedrigen Gaspreise abzubauen. Laut Bundesregierung ist die Absenkung beihilferechtlich geboten. Zudem wird der Anlagenbegriff um die „Dampfsammelschienen-KWK-Anlagen“ erweitert, um großen Dampfsammelschienen-KWK-Anlagen eine Modernisierung – ohne Vergütungsverlust – zu ermöglichen.

Messung und Schätzung von Strommengen – § 62a EEG

Mit dem Erlass des § 62a EEG wird eine Grundnorm zur Messung und Schätzung von umlagepflichtigen Strommengen eingeführt. Nach dem Grundsatz des § 62a Abs. 1 EEG unterliegen umlagepflichtige Strommengen der grundsätzlichen Pflicht zur eichrechtskonformen Messung. Ebenso sind Strommengen, die einer solchen Pflicht nicht unterliegen, durch eichrechtskonforme Messung abzugrenzen. Abweichungen – wie bspw. Schätzungen – sollen nur noch in den gesetzlich vorgegeben Fällen zulässig sein und unterliegen strengen Nachweisanforderungen. Trotz der eher eng gefassten Ausnahmen, dürften die Regelungen in der Praxis für eine dringend benötigte Klarstellung und eine Erleichterung der Nachweisanforderungen – insbesondere auch für stromkostenintensive Unternehmen iSd. §§ 63 ff. EEG – sorgen. Durch die entsprechenden Verweise soll die Norm auch Geltung für die Messung von Strommengen erlangen, die der KWK-, Offshore- und StromNEV-Umlage unterliegen.

Weitere Änderungen

Der stetige Rückgang der heimischen L-Gasexploration wie auch des L-Gasimports (ab 2029 soll der Import aus den Niederlanden enden) führt zur Notwendigkeit der Marktraumumstellung auf H-Gas. Davon betroffen sind ca. 4,9 Mio. Gasverbrauchsgeräte (ca. 30 % der deutschen Gaskunden). Die seit 2015 laufende Marktraumumstellung und die hierfür geschaffenen Regelungen (§ 19a EnWG, §§ 8 ff. KoV X) werden nunmehr auf den Aspekt des Netzanschlusses ausgeweitet werden. Grundsätzlich soll es für die entsprechenden Netzbetreiber keine Pflicht mehr zum Anschluss an das L-Gasnetz geben (§§ 17 Abs. 1 S. 2,3 und § 18 Abs. 1 Satz 2 EnWG nF). Die Kosten für insoweit freiwillige Netzanschlüsse sollen im Rahmen der Netzentgeltbildung nicht anerkennungsfähig sein (§ 11 Abs. 1 Satz 4 EnWG nF).

Die Förderung von kennzeichnungspflichtigen Windenergieanlagen an Land und für bestimmte Windenergieanlagen auf See (vgl. § 9 Abs. 8 EEG nF) soll zukünftig nur gewährt werden, wenn die Anlagen über eine bedarfsgerechte Nachtkennzeichnung verfügen. Hierunter werden Systeme verstanden, die dafür sorgen, dass die Warnlichter an den Windrädern nur dann aufleuchten, wenn sich ein Flugobjekt nähert. Neben den bereits bestehenden Möglichkeiten, die Kennzeichnungspflicht durch Aktiv- und Passivradarsysteme zu erfüllen, sollen zukünftig auch kostengünstigere Transpondersysteme eingesetzt werden können. Die Bundesregierung plant diese Systeme 2019 luftverkehrsrechtlich zuzulassen. Die Pflicht gilt für neue und Bestandsanlagen ab dem 1. Juli 2020.

Zudem wird eine Übergangsregelung bezüglich technischer Anschlussbedingungen für Stromerzeugungsanlagen geschaffen. Damit sollen Anlagen, die nach den bisherigen Anschlussbedingungen geplant wurden, nicht aufgrund der Verordnung 2016/631 EU umgerüstet werden müssen, wenn die Umrüstung nicht der Systemstabilität dienen würde.

Nachdem die Kommission im Februar diesen Jahres den sogenannten Kapazitätsreservemechanismus im Wesentlichen genehmigt hat (KOM v. 7.2.2018, SA.45852), sollen die Bestimmungen im EnWG an den Kommissions-Beschluss angepasst werden.

Des Weiteren sieht das Energiesammelgesetz eine Anpassung der Verordnungsermächtigung zu Innovationsausschreibungen vor. Zukünftig sollen statt – wie bisher geplant – 50 Megawatt installierter Leistung pro Jahr, 250 Megawatt in 2019, 400 Megawatt in 2020 und 500 Megawatt im Jahr 2021 ausgeschrieben werden.

(11. Dezember 2018)