Energiege­setzgebung 2019 – ein Ausblick

Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung sind zahlreiche energiepolitischen Vorhaben beschrieben. Zentrale Vorhaben, wie etwa das Klimaschutzgesetz, sind nach dem Koalitionsvertrag für das Jahr 2019 vorgesehen. Im Folgenden soll ein Überblick über die bereits erreichten Ziele und die abgeschlossenen Gesetzgebungsvorhaben sowie ein Ausblick auf ausgewählte Projekte gegeben werden, die derzeit in Planung sind.

1. Klimaschutzgesetz und Kabinettsausschuss Klimaschutz

Das Jahr 2019 steht ganz im Zeichen des Klimaschutzes. Im Koalitionsvertrag hat sich die Bundesregierung dazu verpflichtet, den Klimaschutzplan 2050 mit den für alle Sektoren vereinbarten Maßnahmenpaketen umzusetzen. Eine Verabschiedung des entsprechenden Gesetzes ist noch dieses Jahr vorgesehen. Das Bundesumweltministerium hat im Februar 2019 einen Referentenentwurf für das Bundesklimaschutzgesetz vorgelegt. Den Gesetzesentwurf hat die Bundesumweltministerin Svenja Schulze am 27. Mai 2019 selbst – und nicht wie üblich das Bundeskanzleramt – in die Ressortabstimmung eingebracht. Der Artikel 10 des Referentenentwurfs sieht ergänzende Maßnahmenprogramme vor. Ein Maßnahmenpaket soll von der Bundesregierung bis Ende des Jahres vorgelegt werden.

Im März hat die Bundesregierung den Kabinettsausschuss Klimaschutz eingerichtet, der von der Bundeskanzlerin geleitet wird. Dem Kabinettsausschuss gehören alle mit dem Thema befassten Ministerinnen und Minister an. Die Bundesumweltministerin ist beauftragte Vorsitzende. Weitere Mitglieder sind der Bundesinnenminister Horst Seehofer, der Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, die Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner, der Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer, Kanzleramtschef Helge Brauen und Regierungssprecher Steffen Seibert. In der ersten Sitzung am 10. April ging es organisatorisch zu, es wurden Termine und die Arbeitsplanung festgelegt.

Am 29. Mai hat sich das Bundeskabinett zu seiner zweiten Sitzung getroffen. Es wurde über Maßnahmen in allen Sektoren beraten, die zur Verringerung des CO2-Ausstoßes beitragen.

Hierzu wurden sowohl vom Bundeskanzleramt als auch vom Umwelt- und Wirtschaftsressort Studien in Auftrag gegeben. Vom Bundesumweltministerium wurden das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans-Böckler Stiftung (IMK) sowie das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) beauftragt. Diese haben am 5. Juli ihre Gutachten gemeinsam mit der Umweltministerin vorgestellt. Aus den Studien geht eine schrittweise Einführung des CO2-Preises in den Bereichen Verkehr und Heizwärme hervor. Am 12. Juli soll auch das Gutachten des Sachverständigenrats zur Begutachtung der wirtschaftlichen Lage, das die Bundesregierung in Auftrag gegeben hat, vorgestellt werden. Anhand der Gutachten als Diskussionsgrundlage will das sogenannte Klimakabinett bei seiner nächsten Sitzung am 18. Juli über eine CO2-Bepreisung beraten. Weitere Sitzungstermine sind im August geplant.

Die Union hat noch kein eigenes Klimakonzept, ein solches soll erst nach der Sommerpause vorgelegt werden. Die Partei will die parlamentarische Sommerpause dafür nutzen, um die eigenen Vorschläge zur Einhaltung der Klimaziele zu erarbeiten und in die politische Debatte einzubringen. Die Gremien der CDU und CSU sollen am 16. September die endgültigen Beschlüsse fassen. Die Ergebnisse aus dem Kabinettsausschuss sollen zudem in den finalen Nationalen Energie- und Klimaplan (NECP) einfließen, der bis Ende des Jahres zu erstellen ist. Viel Zeit für die Verabschiedung eines Bundesklimaschutzgesetzes und damit einhergehend das für Abwenden eines Koalitionsvertragsbruchs bleibt nicht.

2. Gebäudeenergiegesetz (GEG)

Ebenfalls im Koalitionsvertrag verankert ist das Gebäudeenergiegesetz. Einen gemeinsamen Referentenentwurf haben Ende Mai das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie zusammen mit dem Bundesministerium des Innern für Bau und Heimat vorgelegt. Bis Ende Juni hatten die Länder und Verbände Zeit, Stellung zu nehmen. Am 7. Juni forderte Nordrhein-Westfalen in der Sitzung des Bundesrates, dass die Aspekte des bezahlbaren Bauens und Wohnens in dem geplanten Gesetz Berücksichtigung finden. Die Fachausschüsse haben über den Antrag beraten und diesen am 28. Juni abgelehnt. Der Entwurf könnte frühestens im Herbst, nach der Sommerpause, verabschiedet werden und würde Ende 2019 in Kraft treten.

Das neue Gebäudeenergiegesetz soll die Vorschriften der Energieeinsparverordnung und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz zusammenführen. Damit wird ein Ziel aus dem Koalitionsvertrag – die Vereinfachung und Entbürokratisierung des Ordnungsrechts – gefördert. Die aktuellen energetischen Anforderungen sollen jedoch weiterhin beibehalten werden. Der Grund dafür findet sich ebenfalls im Koalitionsvertrag, dort ist angekündigt, dass keine weitere Verschärfung der Energieeinsparverordnung erfolgen soll. Die Konsequenz daraus ist, dass es keine Neudefinition des Niedrigstenergiegebäudenstandards geben wird.

Weiterhin sieht das Gesetz Vereinfachungen bei Bewertungsverfahren von Gebäuden vor. Der Einsatz von erneuerbaren Energien bei der Wärmeerzeugung für Neubauten soll verpflichtend sein. Die CO2-Emissionen eines Gebäudes müssen zukünftig auch in Energieausweisen ausgewiesen werden. Nach dem sogenannter Quartiersansatz sollen die Energieeinsparwerte in einem Quartier (alte und neue Gebäuden) gegeneinander aufgerechnet werden können. So soll ein neu erbautes Gebäude mit einer sehr guten Energieeffizienz sein Potential auf ein anderes eher schlecht gedämmtes Gebäude übertragen können. Eine Umstellung der Anforderungssystematik auf CO2-Emissionen soll geprüft und bis Anfang 2023 eingeführt werden.

Der Referentenentwurf ist bislang umstritten, sowohl zwischen Verbänden als auch innerhalb der Bundesregierung. Am Festhalten der Vorgaben der Energieeinsparverordnung wird aus Klimaschutzgesichtspunkten Kritik laut. Befürchtet wird, dass aufgrund der verschärften Klimavorgaben das Gesetz schnell veraltet und in wenigen Jahren reformbedürftig ist. Es bleibt abzuwarten, ob das Klimakabinett hierzu Stellung nehmen wird.

3. Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Energiedienstleistungen und andere Energieeffizienzmaßnahmen

Der Entwurf eines “Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Energiedienstleistungen und andere Energieeffizienzmaßnahmen” sieht vor, eine Verbrauchsgrenze in Höhe von 400.000 Kilowattstunden einzuführen, unterhalb derer Unternehmen von der Pflicht zu Energieaudits freigestellt werden. Mit der Novelle will die Bundesregierung bestehende Regelungen weiterentwickeln und an europäisches Recht anpassen. Der Gesetzentwurf zielt auf eine möglichst unbürokratische Ausgestaltung der, von der EU Kommission geforderten Auditpflicht ab und verpflichtet Energieberater zu Fortbildungen.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat am 31. Januar den Referentenentwurf vorgelegt. Der ressortsabgestimmte Gesetzentwurf wurde Anfang März vom Kabinett verabschiedet. Am 27. Juni hat der Bundestag den Gesetzentwurf verabschiedet. Nach der Sommerpause wird der Bundesrat am 20. September über die Änderungen abstimmen. Das Änderungsgesetz soll im Oktober in Kraft treten.

Jüngst in Kraft getretene Gesetze und Verordnungen

Bereits wirksam sind die Marktstammdatenregisterverordnung, die Verordnung zur Berechnung der Offshore Netzumlage, die Novelle zur Stromsteuerbefreiung sowie die „Flüssiggas-Verordnung“ (Verordnung zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Aufbau der LNG-Infrastruktur in Deutschland).

Die novellierte Marktstammdatenregisterverordnung ist bereits seit November 2018 in Kraft. Seit März 2019 ist die Verordnung zur Berechnung der Offshore Netzumlage sowie zur Anpassung der Stromnetzentgelte und Anreizregulierungsverordnung in Kraft.

Seit dem 1. Juli ist auch das Gesetz zur Neuregelung von Stromsteuerbefreiungen sowie zur Änderung energiesteuerrechtlicher Vorschriften in Kraft. Seitdem gilt gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG eine Steuerbefreiung für Strom aus erneuerbaren Energieträgern, der in großen Anlagen (größer als 2 Megawatt) erzeugt und am Ort der Erzeugung verbraucht wird. Eine Steuerbefreiung in kleinen Anlagen (unter 2 Megawatt) wird gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG nur noch für Strom gewährt, der in hocheffizienten Anlagen oder aus erneuerbaren Energieträgern erzeugt wird. Nach dem neuen Auffangtatbestand gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 6 StromStG gilt die Befreiung von der Stromsteuer, wenn die Anlage weder (un-)mittelbar an das Netz der allgemeinen Versorgung angeschlossen ist und der Strom am Ort der Erzeugung verbraucht wird.

Die Verordnung für den Aufbau der Flüssiggas-Infrastruktur (LNG) wurde vom Bundeskabinett bereits am 27.03.2019 beschlossen. Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 7. Juni der Regierungsverordnung zugestimmt. Die Neuregelung verpflichtet die Fernleitungsnetzbetreiber, Leitungen zwischen den LNG-Anlagen und dem Fernleitungsnetz zu errichten und die Flüssiggasanlagen an das Gasnetz anzuschließen. Hintergrund war die strittige Frage, ob eine Netzausbaupflicht der Netzbetreiber hinsichtlich der Anbindung von LNG-Anlagen besteht, oder ob der Bau der erforderlichen Leitungen in der Verantwortung des LNG-Anlagenbetreibers liegt. Die BNetzA hatte sich Ende letzten Jahres noch der letzten Auffassung angeschlossen. Durch die Verordnung ist die Kostentragung nun zu Gunsten der LNG-Anlagenbetreiber geklärt. Die Verordnung gilt seit dem 20. Juni 2019.

Fazit

Konkrete Ergebnisse wurden bisher auf die Jahresmitte aufgeschoben, jetzt muss die Bundesregierung liefern. Die Verhandlungen, insbesondere zum Bundesklimaschutzgesetz und einem Gebäudeenergiegesetz, werden innerhalb der zerstrittenen Koalition nicht einfach. Das sogenannte Klimakabinett nutzt die Sommerpause, um anhand von Studien Vorschläge für die Umsetzung der Klimaziele zu erarbeiten. Daneben müssen auch europäische Vorgaben Berücksichtigung finden. Es bleibt abzuwarten, ob die Referentenentwürfe zu gültigen Gesetzen werden.

(11. Juli 2019)