Bundeskabinett beschließt Schnellladegesetz

Das Bundeskabinett hat am heutigen Tag den vom Bundesministerium für Verkehr und Infrastruktur (BMVI) vorgelegten Gesetzesentwurf für eine vom Bund finanzierte flächendeckende Errichtung einer Schnellladeinfrastruktur („Schnellladegesetz“) beschlossen. Damit sollen die rechtlichen Grundlagen für die geplante Ausschreibung zum Aufbau eines staatlich geförderten öffentlichen Schnellladenetzes mit 1.000 Standorten geschaffen werden.

Worum geht es?

Der Bund plant die Errichtung eines bundesweiten Schnellladenetzes an 1.000 Standorten entlang von Autobahnen und bundesweiten Fernstraßen. Dahinter steht die Auffassung, dass für die Akzeptanz der E-Mobilität ein Netz von Schnellladepunkten mit mehr als 150 kW Leistung an strategisch wichtigen Standorten erforderlich ist, über die eine Vollbeladung aktueller E-Fahrzeugmodelle mittels Gleichstrom in ca. 15 Minuten möglich ist. Hinzu kommt die Erkenntnis, dass die bestehenden Förderprogramme zum Aufbau einer Ladeinfrastruktur ihr Ziel bisher verfehlt haben. Dies gilt insbesondere für die Errichtung einer Schnellladeinfrastruktur: Schnellladepunkte machen derzeit weniger als 2 % aller Ladepunkte aus. Vor diesem Hintergrund hat der Bund entschieden, im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung den Auftrag zur Errichtung und den Betrieb eines bundesweiten Schnellladegesetzes an 1.000 Standorten zu vergeben, die rund um die Uhr öffentlich zugänglich sind.

Mit dem Schnellladegesetz soll die rechtliche Grundlage für die geplante Ausschreibung geschaffen werden. Darüber hinaus sieht das Gesetz Regelungen für die bestehende und eigenwirtschaftlich errichtete Schnellladeinfrastruktur vor, die durch die Errichtung der (geförderten) neuen Schnellladepunkte wirtschaftlich betroffen ist. Das Schnellladegesetz soll noch im Frühjahr verabschiedet werden, sodass die Ausschreibung schon im Sommer 2021 starten kann.

Eckpunkte des Ausschreibungsmodells

Unter Schnelladeinfrastruktur versteht das Schnellladegesetz Ladepunkte, an dem Strom mit einer Ladeleistung von mindestens 150 kW geladen werden kann. An jedem der zukünftigen Schnellladestandorte sollen mehrere Schnelladepunkte nebst zugehörige Nebenanlagen (Überdachung, Toiletten, gastronomische Einrichtungen) errichtet werden.

Im Rahmen eines europaweiten Vergabeverfahrens werden mehrere Auftragnehmer ausgewählt, die die Schnelladeinfrastruktur im Auftrag des BMVI planen, errichten, unterhalten und betreiben sollen. Dabei wird der Auftrag in mindestens zehn Losen ausgeschrieben, die jeweils mehrere Standorte enthalten, wobei wirtschaftlich attraktive mit weniger attraktiven Standorten in einem Los gebündelt werden.

Das BMVI wird berechtigt, die technischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen für die zukünftige Schnellladeinfrastruktur festzulegen. Hierzu zählt nach § 3 Abs. 3 Schnellladegesetz ausdrücklich, dass der Ladestrom der Schnellladeinfrastruktur aus Erneuerbaren Energien stammen und der Betreiber anderen Mobilitätsanbietern den Zugang zu diskriminierungsfreien und marktgerechneten Bedingungen anbieten muss.

Der Zuschlag wird den Betreibern erteilt, die das beste Angebot unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Aspekte abgeben. Wirtschaftlichkeitslücken werden durch den Bund ausgeglichen. Dabei rechnet der Bund mit Gesamtkosten von ca. zwei Milliarden Euro für den Aufbau der geplanten Schnellladeinfrastruktur.

Entschädigungsregelungen für Bestandsinfrastrukturanbieter

Das Schnellladegesetz enthält darüber hinaus auch Regelungen für Bestandsinfrastrukturanbieter (§ 6 Schnellladegesetz). Dies sind die Betreiber bestehender Ladepunkte mit mehr als 22 kW Leistung.

Die eigenwirtschaftliche Bereitstellung dieser Bestandsschnellladeinfrastruktur bleibt (selbstverständlich) zulässig. Angesichts der geplanten und vom Bund geförderten Schnellladeinfrastruktur zeichnet sich aber ab, dass die eigenwirtschaftlich errichtete Bestandsinfrastruktur kaum wettbewerbsfähig sein kann. Vor diesem Hintergrund sieht das Schnellladegesetz vor, dass Bestandsinfrastrukturanbieter ihre Schnellladepunkte dem Bund zum Kauf anbieten können oder bei Weiterbetrieb des Standortes eine angemessene Entschädigung verlangen können. Es liegt sodann im Ermessen des BMVI, ob die Bestandsinfrastruktur übernommen wird oder nur eine angemessene Entschädigung gezahlt wird. Eine angemessene Entschädigung steht auch den Bestandsinfrastrukturbetreibern zu, die den Betrieb ihrer Schnellladeinfrastruktur angesichts der neu errichteten Schnellladeinfrastruktur einstellen. Die Einstellung des Betriebs der Bestandsinfrastruktur ist jedoch mit einer Vorlaufzeit von sechs Monaten anzuzeigen.

Voraussetzung einer Entschädigung nach dem Schnellladegesetz ist allerdings, dass durch die neu errichtete Schnellladeinfrastruktur eine „wirtschaftlich unzumutbare Härte“ für den Bestandsinfrastrukturanbieter entsteht. Weder das Schnellladegesetz noch die Gesetzesbegründung führen aus, unter welchen Voraussetzungen eine solche „wirtschaftlich unzumutbare Härte“ anzunehmen ist. Es wird nur klargestellt, dass ein Anspruch auf Entschädigung ausgeschlossen ist, wenn kein Fall einer wirtschaftlichen Unzumutbarkeit vorliegt.

Gesetzesfolgen sind nicht abzusehen

Insgesamt bleibt das Gesetz bei den Bestimmungen zur geplanten Ausschreibung, den technischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Vorgaben für die zukünftige Schnellladeinfrastruktur und auch mit Blick auf die Entschädigung von Bestandsinfrastrukturanbietern äußerst vage. Insbesondere für Bestandsinfrastrukturanbieter dürften sich wirtschaftlich entscheidende Folgefragen stellen.

(10. Februar 2021)