BNetzA veröffentlicht erstmals Netznutzungsvertrag Elektromobilität

Im Rahmen des am heutigen Tag eröffneten „Festlegungsverfahren zur Weiterentwicklung der Netzzugangsbedingungen Strom“ hat die BNetzA erstmals den Entwurf eines Netznutzungsvertrags Elektromobilität zur Konsultation bis zum 22. Juli 2020 veröffentlicht. Die darin enthaltenen Regelungen stellen einen regulatorischen Meilenstein für die Entwicklung der Elektromobilität dar und ebnen den Weg zur Liberalisierung des Ladestrommarktes.

Worum geht es?

Als natürliche Monopolisten sind Netzbetreiber verpflichtet, jedermann zu diskriminierungsfreien Bedingungen Zugang zu ihren Netzen zu gewähren. Um dies zu gewährleisten gibt die BNetzA als zuständige Regulierungsbehörde seit dem Jahr 2015 einen Standard-Netznutzungsvertrag vor, der verpflichtend von allen Netzbetreibern zu verwenden ist. Die Regelungen des Standard-Netznutzungsvertrags gelten bisher aber nur für die Netznutzung durch Stromlieferanten (sog. Lieferantenrahmenvertrag) und für letztverbrauchende Stromabnehmer.

Betreiber von Ladepunkten sind aber weder zwangsläufig Stromlieferanten, noch verbrauchen sie den zur Betankung von E-Fahrzeugen aus dem Netz bezogenen Strom tatsächlich selbst. Der tatsächliche Letztverbrauch findet vielmehr durch den E-Fahrzeugnutzer statt. Der bisherige Standard-Netznutzungsvertrag deckt damit die spezifische Marktrolle des Ladepunktbetreibers nicht ab.

Die behelfsmäßige Lösung dieses Problems besteht darin, dass die an den Ladepunkten getankten Ladestrommengen derzeit als „Letztverbrauch des Ladepunktes“ behandelt werden. Diese Fiktion widerspricht aber nicht nur der energiewirtschaftlichen Systematik des EnWG und den europäischen Vorgaben zur Behandlung von Ladepunkten, sondern führt vor allem dazu, dass Ladestromkunden ihren Ladestromlieferanten nicht frei wählen können. Die Situation entspricht dem stationären Strommarkt vor seiner Liberalisierung mit den bekannten Nachteilen (weiterführend hierzu: https://www.ewerk.nomos.de/fileadmin/ewerk/doc/2019/Ewerk_2019_06_01.pdf ).

Der neue „Netznutzungsvertrag E-Mob“

Der neue „Netznutzungsvertrag E-Mob“ ist nun ein entscheidender Puzzlestein, der hier Abhilfe schafft: Ergänzend zum Standard-Netznutzungsvertrag sollen zukünftig spezielle Regelungen für die Netznutzung durch Ladepunkte gelten. Vertragspartner des Netzbetreibers ist der Betreiber von Ladepunkten zur Versorgung von Elektrofahrmobilen mit elektrischer Energie. Alle Ladepunkte eines Betreibers in einem Netzgebiet werden zu einem virtuellen Ladepunktnetz zusammengefasst, das dem Verteilnetz nachgelagert ist. Die Ladepunkte stellen dabei die Netzkopplungspunkte zum vorgelagerten Netz dar. Sämtliche Strommengen, die über diese Netzkopplungspunkte in das Ladepunktnetz fließen, werden zwischen dem Ladepunktnetzbetreiber und dem vorgelagerten Netzbetreiber bilanziell ausgeglichen und wirtschaftlich abgerechnet. Hierzu bildet der Ladepunktnetzbetreiber ein virtuelles Bilanzierungsgebiet. Die Rolle entspricht dem aus dem Telekommunikationsbereich bekannten Virtual Grid Operator. Die von den E-Fahrzeugnutzern getankten Strommengen können sodann letztverbraucherscharf in dem virtuellen Bilanzierungsgebiet des Ladepunktnetzbetreibers bilanziert werden. So kann jeder Ladestromkunde seinen Ladestromlieferanten frei wählen.

(11. Juni 2020)