Umsatzsteuer­befreiung bei Kooperationen zwischen Krankenhäusern

Krankenhaus-Kooperationen sind inzwischen unerlässlich. Sie sind einerseits wirtschaftlich sinnvoll, da Räumlichkeiten oder teure Großgeräte auch gut gemeinsam genutzt und auf diese Weise Kosten reduziert werden können. Auch im Bereich gemeinsamer Diagnostik, des gemeinsamen Einkaufs oder Controllings kann es zu solchen Synergieeffekten kommen. Andererseits zeigt die Praxis: Kooperationen werden immer komplizierter. Ein Grund dafür sind ihre möglichen umsatzsteuerlichen Konsequenzen. Ein Blick auf die Handhabung solcher Kooperationsleistungen durch die Finanzverwaltung zeigt: Eine Faustregel gibt es nicht. Jede Leistung muss genau unter die umsatzsteuerrechtliche Lupe genommen werden.

Umsatzsteuerliche Ausgangslage

Krankenhausbehandlungen sowie ärztliche Heilbehandlungen sind in Deutschland von der Umsatzsteuer befreit, soweit es sich bei den beteiligten Kooperationspartnern um Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder zugelassene Krankenhäuser im Sinne des § 108 SGB V handelt (§ 4 Nr. 14 Buchst. b) Variante 1 und 2 UStG). Die umsatzsteuerliche Befreiung gilt jedoch nur für die Leistungen eines Krankenhauses im Verhältnis zu seinen Patienten.

Kooperationen zwischen Krankenhäusern betreffen häufig keine Krankenhausbehandlungen. Vielmehr geht es um die Nutzungsüberlassung von OP-Sälen und (Intensiv-)Stationen und die pflegerische Versorgung von Patienten. Vertragsgegenstand können auch sein die Unterbringung und Verpflegung der Patienten („Hotelleistungen“), Hol- und Bringedienste, die Reinigung von Räumen und Wäsche oder die Gestellung von Geschirr. Für diese Leistungen sehen die Kooperationsverträge häufig ein pauschales Nutzungsentgelt vor.

Eng verbundene Umsätze im Lichte der Auffassung der Finanzverwaltung

Diese Leistungen zwischen den kooperierenden Krankenhäusern können als sog. eng mit der Krankenhausbehandlung verbundene Umsätze ebenfalls von der Umsatzsteuer befreit werden.

Bei den mit der Krankenhausbehandlung eng verbundenen Umsätzen handelt es sich nach Auffassung der Finanzverwaltung um solche Leistungen, „die für diese Einrichtungen – gemeint sind zugelassene Krankenhäuser und Einrichtungen des öffentlichen Rechts – nach der Verkehrsauffassung typisch und unerlässlich sind, regelmäßig und allgemein beim laufenden Betrieb vorkommen und damit unmittelbar oder mittelbar zusammenhängen“ (Abschnitt 4.14.6 Abs. 1 S.1 des vom Bundesfinanzministerium herausgegebenen Umsatzsteueranwendungserlasses, UStAE).

Konkretisierung der Kriterien anhand der Rechtsprechung des EuGH

Die Auffassung der Finanzverwaltung orientiert sich dabei an den Kriterien, die der EuGH in mehreren Entscheidungen zu Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL entwickelt hat. Diese Norm bildet die europarechtliche Grundlage für die nationale Umsatzsteuerbefreiung in § 4 Nr. 14 Buchst. b) UStG. Nach Auffassung des EuGH handelt es sich danach bei einer Leistung um einen mit der Krankenhausbehandlung eng verbundenen Umsatz, wenn kumulativ folgende Voraussetzungen gegeben sind:

  • Die Leistung darf keinen eigenen Zweck erfüllen, sondern muss ein Mittel darstellen, um die Krankenhausbehandlung unter optimalen Bedingungen in Anspruch nehmen zu können.
  • Sowohl die Krankenhausbehandlung selbst, als auch die damit eng verbundene Leistung muss von einer der in § 4 Nr. 14 Buchst. b) UStG genannten Einrichtungen erbracht werden. D.h., bei beiden Kooperationspartnern muss es sich um eine Einrichtung des öffentlichen Rechts oder ein nach § 108 SGB V zugelassenes Krankenhaus handeln.
  • Die Krankenhausbehandlung selbst muss eine umsatzsteuerbefreite Tätigkeit darstellen.
  • Die Leistung muss zur Ausübung der umsatzsteuerbefreiten Krankenhausbehandlung unerlässlich und von solcher Art oder Qualität sein, dass ohne Rückgriff auf eine derartige Dienstleistung keine Gleichwertigkeit der Krankenhausbehandlung gegenüber den Patienten gewährleistet wäre. D.h. auch, die Leistung darf nicht allein dem Komfort und Wohlbefinden der Krankenhauspatienten dienen.
  • Die Leistung darf im Wesentlichen nicht dazu bestimmt sein, zusätzliche Einnahmen durch eine Tätigkeit zu erzielen, die in unmittelbarem Wettbewerb zu gewerblichen Unternehmen durchgeführt wird, die der Mehrwertsteuer unterliegen.

Typische eng mit der Krankenhausbehandlung verbundene Umsätze

Nach Maßgabe dieser Kriterien sind die im Rahmen einer typischen Kooperation zu erbringenden Leistungen umsatzsteuerlich wie folgt zu beurteilen:

Die Überlassung von OP-Sälen, (Intensiv-)Stationen und Pflegepersonal kann eine eng mit der eigentlichen Heilbehandlung verbundene Leistung darstellen (ebenso die Finanzverwaltung, vgl. Abschnitt 4.14.6. Abs. 2 Nr.1, 5 und 7 UStAE). Diese Leistungen sind daher von der Umsatzsteuer befreit.

Dasselbe gilt für Verpflegungsleistungen zugunsten der Patienten. Denn diese sind unerlässlich, um die therapeutischen Ziele des Krankenhauses zu erreichen, das die originäre Heilbehandlung letztlich durchführt. Sie sind deshalb typischer Bestandteil einer umfassenden Krankenhausbehandlung. Anders verhält es sich hingegen, wenn die Speisen und Getränken nicht an Patienten, sondern an Besucher abgegeben werden (Abschnitt 4.14.6. Abs. 3 Nr.1 UStAE).

Nicht zu den eng mit einer Krankenhaus- oder Heilbehandlung verbundenen Umsätzen gehören zudem die Bereitstellung von Telefonen und Fernsehgeräten. Diese dienen allein dem umsatzsteuerlich nicht begünstigten Komfort und Wohlbefinden der Krankenhauspatienten, sind für den eigentlichen Erfolg der Heilbehandlung aber nicht unerlässlich.

Umsatzsteuerbefreiung gilt im Ergebnis auch für unselbständige Nebenleistungen

Neben den vorstehend aufgezeigten eng verbundenen Umsätzen können im Rahmen eines Kooperationsvertrags zwischen Krankenhäusern auch eine Reihe von unselbständigen Nebenleistungen erbracht werden. Von einer unselbständigen Nebenleistung ist umsatzsteuerlich dann auszugehen, wenn eine Leistung für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck hat, sondern nur das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistenden unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen.

Im Rahmen der Kooperationsverträge liegen solche unselbständigen Nebenleistungen typischerweise im Hol- und Bringedienst für Patienten, in der Reinigung von Räumen und Wäsche oder in der Gestellung von Geschirr. Diese Leistungen sind für den Leistungsempfänger isoliert betrachtet ohne Bedeutung. Sie dienen vielmehr der optimalen Inanspruchnahme der entsprechenden Hauptleistungen Überlassung von Räumlichkeiten und der Unterbringung sowie Verpflegung von Patienten. Als unselbständige Nebenleistungen nehmen diese Leistungsbestandteile an der umsatzsteuerlichen Privilegierung ihrer jeweiligen umsatzsteuerbefreiten Hauptleistung teil (Abschnitt 3.10 Abs. 5 S. 1 UStAE). Sie können im Ergebnis daher ebenfalls von der Umsatzsteuer befreit sein, ohne dass es eines Rückgriffs auf die speziellen Voraussetzungen für eng verbundene Umsätze bedarf.

(14. November 2017)