Neue Regeln für das Laden von E-Fahrzeugen

Der angestrebte Markthochlauf von Elektromobilen setzt einen stetigen Aufbau einer bedarfsgerechten Anzahl von öffentlich zugänglichen Ladepunkten wie auch deren technische Interoperabilität voraus. Die EU hat hierzu im Jahr 2014 in der Richtlinie über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (RL 2014/94/EU) verbindliche technische Vorgaben für Steckdosen und (Fahrzeug-)Kupplungen für das Laden von Elektromobilen festgelegt. Die Richtlinie war bis zum 18. November 2016 umzusetzen.

Am 9. März 2016 hat das BMWi die sog. Ladensäulenverordnung (LSV) erlassen, mit der technische Mindestanforderungen an den sicheren und interoperablen Aufbau und Betrieb von öffentlich zugänglichen Ladepunkten für Elektromobile geregelt wurden.

Wie seinerzeit schon angekündigt, ist die LSV nun um eine Folgeverordnung ergänzt worden. Wurde bislang nur der Ladestecker normiert, soll künftig auch das Bezahlen vereinheitlicht werden. Am 1. Juli 2017 wurde vom BMWi die sog. Ladensäulenverordnung II (Erste Verordnung zur Änderung der Ladesäulenverordnung, BGBl I Nr. 35 vom 13. Juni 2017) erlassen und damit nun endlich auch weitere Aspekte der EU-Richtlinie 2014/94/EU umgesetzt.

Punktuelles Aufladen

Die aufgebauten Ladepunkte sehen bislang unterschiedlichste Formen der Authentifizierung von Fahrzeugnutzern vor. Dabei überwiegt das sog. „vertragsbasierte Laden“, das heißt das Laden im Rahmen einer längerfristigen Kundenbeziehung, die mehrere Ladevorgänge ermöglicht. Der Fahrzeugnutzer muss zunächst einen Stromliefervertrag abgeschlossen haben und dies vorweisen. Dabei gibt es unterschiedliche Freischaltsysteme. Neben dem Plug & Charge (basierend auf dem internationale Standard ISO 15118, der das geregelte und bargeldlose Laden an der heimischen Wallbox und an öffentlichen Ladestationen beschreibt) werden vor allem Freischaltungen mittels RFID-Karten ermöglicht. Die ungehinderte kommunen- und länderübergreifende Nutzung von Elektromobilen wird damit allerdings nicht erleichtert, sondern insoweit erschwert, als z.B. RFID-Karten in anderen Kommunen und Versorgungsgebieten nicht funktionieren. Eine einfache und bundesweit einheitliche Form der Authentifizierung fehlte bislang.

Wie in der RL 2014/94/EU vorgesehen, soll nun künftig an allen neu errichteten öffentlich zugänglichen Ladepunkten das sog. „punktuelle Aufladen“ ermöglicht werden (§ 4 LSV). Ein auf Dauer angelegter Stromliefervertrag zwischen dem Nutzer und einem EVU (Stromlieferanten) oder mit dem Betreiber des Ladepunktes muss nicht mehr geschlossen werden. Zwar bleibt das „vertragsbasierte Laden“ weiterhin möglich und wird von der Bundesregierung auch genauer beobachtet, um ggf. später gesonderte Regelung zu erlassen. Es darf bei Neuanlagen aber nicht mehr zur Bedingung des Ladens gemacht werden.

Die Verordnung definiert vier Varianten des „punktuellen Aufladens“. Die Ladepunktbetreiber sollen mindestens eine Form anbieten. Nicht genannte Zugangsformen (z.B. SMS-Zahlung) können auf freiwilliger Basis zusätzlich angeboten werden.

  • Unentgeltliche Nutzung des Ladepunktes (Stromabgabe) ohne Authentifizierung des Fahrzeugnutzers am Ladepunkt
  • Entgeltliche Nutzung des Ladepunktes (Stromabgabe) ohne Authentifizierung bei Bargeldzahlung in unmittelbarer Nähe zum Ladepunkt
  • Entgeltliche Nutzung des Ladepunktes (Stromabgabe) bei bargeldloser Zahlung mit Authentifizierung im Wege üblicher kartenbasierter Zahlungssysteme (z.B. EC-Karte, etc.) in unmittelbarer Nähe zum Ladepunkt
  • Entgeltliche Nutzung des Ladepunktes (Stromabgabe) bei bargeldloser Zahlung mit Authentifizierung im Wege eines gängigen webbasierten Systems (z.B. Handy-App, mobile Webseite für Smartphones, etc.) 

Ausnahme für Ladepunkte mit geringer Leistung

Von der Pflicht zum Angebot „punktuellen Aufladens“ wie auch den übrigen Bestimmungen der §§ 3 bis 6 LSV werden nunmehr alle Ladepunkte ausgenommen, die eine Ladeleistung von lediglich höchstens 3,7 kW besitzen. Die bisherige Ausnahmeregelung war beschränkt auf solche Ladepunkte, die in Privathaushalten installiert sind oder deren Hauptzweck nicht das Aufladen von Elektromobilen ist. Die Erleichterung soll vor allem Ladepunkten zu Gute kommen, die sich beispielsweise in geringer Anzahl auf privaten Parkplätzen von kleineren Gewerbebetrieben, Angehörigen der Freien Berufe (Arzt-/Therapeutenpraxis, Rechtsanwaltskanzlei, Steuerberaterbüro u. ä.) oder gemeinnützigen Einrichtungen befinden. Das BMWi möchte innovative Entwicklungen bei den Ladepunkten im niederschwelligen Bereich im Moment nicht durch die Vorgaben des punktuellen Aufladens und des Steckerstandards belasten.

Die allgemeinen technischen Sicherheitsvorgaben für Energieanlagen gelten allerdings für die Ladepunkte mit einer Höchstleistung von 3,7 kW selbstverständlich in gleichem Umfang wie für alle anderen Ladepunkte.

Übergangsregelung – Bestandsschutz

Weil das Implementieren des punktuellen Aufladens nicht unerhebliche Umbauten der Hardware und ggf. Neuinstallationen von Software erfordert, genießen alle Ladepunkte, die vor dem 14. Dezember 2017 aufgebaut werden, Bestandschutz und fallen nicht unter den Vorgaben des Angebots „punktuellen Aufladens“ nach § 4 LSV.

(30. Oktober 2017)