„Aggregatoren“- Festlegung beschlossen

Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hat mit einer Festlegung vom 14. September 2017, Az. BK6-17-046 das Verfahren zur Vermarktung von Regelleistung durch Letztverbraucher nach §§ 26a, 27 Abs. 1 Nr. 23 StromNZV geregelt. Mit Einführung des Strommarktgesetzes sind Lieferanten, Bilanzkreisverantwortliche und Übertragungsnetzbetreiber verpflichtet, gegen angemessenes Entgelt Bilanzkreise für die Vermarktung von Sekundär- und Minutenreserve durch Letztverbraucher zu öffnen. Ziel ist es, dem Letztverbraucher zu ermöglichen, vorhandene Flexibilität seiner Stromverbrauchseinheiten und ggf. Erzeugungsanlagen zu vermarkten.

Branchenleitfaden

Die BNetzA hatte die Branchenteilnehmer zunächst aufgerufen, bis Ende 2016 einen eigenen Festlegungsentwurf zu entwickeln. Am 5. Dezember 2016 haben die relevanten Marktteilnehmer unter Federführung des Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) den Branchenleitfaden „Regelleistungserbringung durch Drittpartei-Aggregatoren gem. § 26 a StromNZV“ vorgelegt. Der Leitfaden wurde von vielen, jedoch nicht allen am Verfahren beteiligten Verbänden getragen. Die Bestimmungen des Leitfadens haben weitgehend Eingang in die Festlegung gefunden.

Die Festlegung

Die Festlegung der BNetzA steckt nun die Verantwortungsbereiche im Verhältnis der maßgeblichen Akteure – Lieferant, BKV, Letztverbraucher und „Aggregator“ – ab. „Aggregatoren“ vermarkten als Dienstleister die technischen Einheiten eines Letztverbrauchers zur Erbringung von Regelleistung. Die Festlegung ist anwendbar auf Stromlieferverträge für Marktlokationen, die mittels Zählerstandsgangmessung oder viertelstündiger registrierender Lastgangmessung gemessen werden. Dem Letztverbraucher steht es frei, die Vermarktung seiner Flexibilität selbst vorzunehmen oder einen sogenannten „Drittpartei-Aggregator“ zu beauftragen. Die Festlegung selbst gilt nur für Drittpartie-Aggregatoren, also solche Aggregatoren, die nicht mit dem BKV oder dem Lieferanten identisch sind.

Im Anschluss an einen Vorschlag des Branchenleitfadens hat die BNetzA in einer ersten Phase zunächst all jene Festlegungen getroffen, die für die kurzfristige Öffnung der Regelleistungsmärkte für Letztverbraucher erforderlich sind. Weitergehende Festlegungen sollen nach einer „Testphase“ folgen, eine „Ziellösung“ soll spätestens 2020 in Kraft treten.

Die Festlegung sieht ein sogenanntes „corrected model“ vor, nach welchem Letztverbraucher positive Regelleistung erbringen, indem sie den Verbrauch ihrer technischen Einheit gegenüber der im Lieferbilanzkreis vorgesehenen Energiemenge senken. Negative Regelleistung kann erbracht werden, indem der Verbrauch der technischen Einheit erhöht wird. Der Lieferant wird dabei virtuell (bilanziell) so behandelt, als ob er dem Letztverbraucher die Strommenge geliefert hätte, die erforderlich gewesen wäre, wenn kein Abruf von Regelenergie stattgefunden hätte. Zusätzlich gelieferte Energiemengen finden im Bilanzkreis keine Berücksichtigung. Die Bilanzkreiskorrektur erfolgt schließlich durch nachträgliche korrespondierende Fahrplanänderung. Zur Ermittlung des Korrekturfahrplans dient eine „baseline“, die den Verbrauch des Letztverbrauchers ohne Regelenergieerbringung abbilden soll. Die Baseline ermittelt der Letztverbraucher selbst, wird hierzu aber meist den Aggregator hinzuziehen. Sog. externe Preisbestand (Netznutzungsentgelte, Abgaben, Steuern und Umlagen) fallen nur bei negativer Regelleistung an. Für den Ausgleich der Folgen der Regelenergieerbringung ist der Lieferant nicht verantwortlich.

Der Festlegung enthält ferner konkrete Vorgaben für die Kommunikation der Marktteilnehmer und den Datenaustausch zwischen Lieferant und Letztverbraucher. Der Lieferant darf gemäß § 26 Abs. 1 Satz 3 StromNZV die Regelenergievermarktung durch den Aggregator nur dann ablehnen, wenn dies durch ausdrückliche Vereinbarung gegenüber dem Letztverbraucher ausgeschlossen ist. Schließen Letztverbraucher und Aggregator einen Vertrag über die Vermarktung von Regelenergie, ist der Lieferant hiervon wenigstens sechs Wochen vor Bereitstellung in Kenntnis zu setzen. Vertragliche Beziehungen zwischen Aggregator und Lieferant sind nach Auffassung der BNetzA nicht erforderlich. Zur Vermarktung von Regelleistung hat der Aggregator ferner einen Rahmenvertrag über die Erbringung von Regelenergie sowie einen Bilanzkreisvertrag zu schließen. Das Festlegungsverfahren zur Fortentwicklung der vertraglichen Vorgaben (BK6-14-044) ist noch nicht abgeschlossen.

Keine Preisregulierung

Kontrovers diskutiert wurde die Festlegung angemessener Entgelte für den Bilanzkreisverantwortlichen bzw. Lieferanten, vgl. § 26a Abs. 2 StromNZV. Die BNetzA erachtet eine hoheitliche Preisregulierung im Verhältnis Bilanzkreisverantwortlicher zum Aggregator oder im Verhältnis von Lieferant zum Aggregator für entbehrlich. Es sei davon auszugehen „dass sich dabei am Markt angemessene Preise bilden werden“. Mangels marktbeherrschender Stellung eines Anbieters im Stromeinzelhandel seien wettbewerbliche Entgelte zu erwarten. Bereits jetzt würde eine Vielzahl von Stromlieferanten gar kein administratives Entgelt für die Fahrplananpassungen im Rahmen der Regelenergieerbringung durch den Letztverbraucher fordern. Damit ist die Erhebung prohibitiv hoher Entgelte durch die Lieferanten allerdings nicht ausgeschlossen. Ebenso verzichtet die BNetzA auf einen bilanziellen Ausgleich für mögliche Nachholeffekte, also Auswirkungen auf das Verbrauchsverhalten nach Abschluss des Regelenergieabrufs. Mangels ausreichender Kenntnisse über solche Effekte sollen sie ggf. in der zweiten Festlegungsphase adressiert werden. Schließlich ist auch nach der Festlegung weiterhin fraglich, ob die Praxis der ÜNB, die Teilnahme an den Ausschreibungen von der Freistellungserklärung der BKV abhängig zu machen, im Einklang mit § 26a StromNZV ist. Gleichwohl trägt die Festlegung zur Rechtssicherheit bei, um Letztverbrauchern den Zugang zu den Regelleistungsmärkten zu ebnen.

(2. Oktober 2017)