BFH: Veräusserungs­gewinne aus Management­beteiligung sind kein Arbeitslohn

Mit dem jüngst veröffentlichten Urteil vom 4. Oktober 2016 hat der Bundesfinanzhof  (BFH) Klarheit zu den seit langem diskutierten steuerlichen Folgen von Managementbeteiligungsprogrammen geschaffen (BFH, Urteil vom 4. Oktober 2016, Az. IX R 43/15). Die Münchener Richter bestätigen in ihrer Entscheidung die Rechtsauffassung des Finanzgerichts Köln in der Vorinstanz und stellen klar, dass Veräußerungsgewinne aus typischen Management(kapital)beteiligungen grundsätzlich als Einkünfte aus Kapitalvermögen gelten. Die Einordnung als Einkünfte aus Kapitalvermögen führt regelmäßig zu einer geringeren  Besteuerung als lohnsteuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.  Nach Ansicht der Richter solle es sich jedenfalls dann um Einkünfte aus Kapitalvermögen handeln, wenn der Arbeitnehmer die Kapitalbeteiligung zu einem marktgerechten Preis erwirbt und auf Grund seiner Beteiligung auch ein effektives Verlustrisiko trägt (zur Vorinstanz: FG Köln, Urteil v. 20. Mai 2015, Az. 3 K 3253/11).

Die praktische Bedeutung der Entscheidung liegt vor allem in der gesellschaftsrechtlichen Ausgestaltung der zugrundeliegenden Managementbeteiligung. So hatte der BFH die Veräußerung einer in der Praxis gängigen Beteiligungsstruktur zu prüfen, deren Beteiligungsvereinbarung sowohl eine Beschränkung des Kreises der Begünstigten auf leitende Angestellte wie auch sogenannte Good- und Bad-Leaver Klauseln vorsah. Dabei vertritt der BFH die begrüßenswerte Auffassung, beide vorstehenden Aspekte seien schlicht Ausdruck und Folge einer Mitarbeiterbeteiligung und rechtfertigen für sich allein nicht die Annahme, dass dem Arbeitnehmer Arbeitslohn zugewendet werden soll, indem man ihm die Möglichkeit einer Beteiligung gibt. Vielmehr nutze der Mitarbeiter sein persönliches Kapital als eine vom Arbeitsverhältnis unabhängige und eigenständige Erwerbsgrundlage –  jedenfalls dann, wenn er die Kapitalbeteiligung zum Marktpreis erwirbt. Sowohl die daraus folgenden laufenden Dividendenerträge, wie auch Veräußerungsgewinne sind in der Folge keine durch das Arbeitsverhältnis veranlassten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG), sondern solche aus Kapitalvermögen (§ 20 bzw. gegebenenfalls § 17 EStG).

Zum Hintergrund

Die enorme steuerliche Bedeutung der Bestimmung der Einkunftsart ergibt sich aus den sehr unterschiedlichen Steuersätzen: Einkünfte aus Kapitalvermögen unterliegen nach der aktuellen Gesetzeslage dem Abgeltungssteuersatz von 25 Prozent beziehungsweise maximal bis zu 27 Prozent, wenn der Anteilseigner zu mindestens 1 Prozent an der Kapitalgesellschaft beteiligt war (sogenanntes  Teileinkünfteverfahren). Lohnsteuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit unterliegen demgegenüber dem normalen einkommensteuerlichen Tarifsteuersatz, der bis zu 42 Prozent betragen kann.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH werden Einkünfte, die ein Arbeitnehmer aus einer Beteiligung am Unternehmen seines Arbeitgebers erzielt, nach dem Veranlassungsprinzip als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit oder als Einkünfte aus Kapitalvermögen qualifiziert. Entscheidend für die Zuordnung als das eine oder das andere ist, ob die Zahlung durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers oder durch eine andere Rechtsbeziehung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber veranlasst ist und gewährt wird (sog. Sonderrechtsbeziehungen). Sonderrechtsbeziehungen zeichnen sich dadurch aus, dass diese selbständig und losgelöst vom Arbeitsverhältnis bestehen können.

Der BFH sah in seiner jüngsten Entscheidung keinen Veranlassungszusammenhang zwischen dem erzielten Veräußerungsgewinn und dem Dienstverhältnis des Klägers. Vielmehr qualifizierte er die Veräußerung der Managementbeteiligung als eigenständige Einkunftsquelle. Nach einer Gesamtschau aller Umstände ging der BFH davon aus, dass der Veräußerungsgewinn auf Grundlage einer Sonderrechtsbeziehung entstanden und durch diese im Wesentlichen geprägt worden ist.

Indizielle Bedeutung kam dabei dem Umstand zu, dass der Kläger seine Kapitalbeteiligung zu einem marktgerechten Preis erworben und auf Grund seiner Kapitalbeteiligung auch ein effektives Verlustrisiko getragen hat. Unerheblich war dabei entgegen der Auffassung des Finanzamtes, ob der Kläger aufgrund seiner Managementtätigkeit über Insiderkenntnisse verfügt habe, die das tatsächliche Verlustrisiko hätten verringern können.

(15. Februar 2017)