EuGH: Wiedergabe von Musik im Reha-Zentrum ist vergütungs­pflichtig

Für die Ausstrahlung von Fernsehsendungen in Warte- und Trainingsräumen muss ein Reha-Zentrum eine Vergütung an die GEMA zahlen. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden und damit seine Rechtsprechung zur Frage, wann eine vergütungspflichtige „öffentliche Wiedergabe“ vorliegt, fortgeschrieben und teilweise adjustiert (EuGH, Urt. v. 31. Mai 2016, C-117/15, Reha Training Gesellschaft für Sport und Unfallrehabilitation mbH ./. GEMA).

An der Musik in den Sendungen bestehen unter anderem Urheberrechte von Komponisten sowie Leistungsschutzrechte der ausübenden Künstler und der Hersteller der Tonträger. Wesentliche Frage im Ausgangsverfahren vor dem Landgericht Köln war, ob die Wiedergabe in den Räumen des Reha-Zentrums eine „öffentliche Wiedergabe“ ist. Die Kölner Richter hatten daran Zweifel, da der EuGH zwar die Wiedergabe von Musik in Radio- oder Fernsehsendungen in Gastwirtschaften, Hotels und Kureinrichtungen als öffentlich beurteilt hatte, nicht aber von Radiosendungen im Wartezimmer einer Zahnarztpraxis.

Die Große Kammer des EuGH hat den Begriff der „öffentlichen Wiedergabe“ in dem aktuellen Urteil konkretisiert und zugunsten der Urheber weit ausgelegt. Anders als die Patienten in der Zahnarztpraxis befand der EuGH die Patienten im Reha-Zentrum für eine „Öffentlichkeit“, da es „recht viele“ Personen seien, die zudem gleichzeitig an mehreren Orten der Einrichtungen in den Genuss der Sendungen kämen. Außerdem ziehe die Einrichtung einen wirtschaftlichen Nutzen aus der Unterhaltung der Patienten in der Warte- oder Behandlungszeit. Dieser Wettbewerbsvorteil könne bei der Höhe der Vergütung berücksichtigt werden. Für das Wartezimmer eines Zahnarztes hatte der EuGH dies noch verneint, da die Patienten dort der Musik „im Allgemeinen keine Bedeutung beimessen“ würden.

Die Zahnarztpraxen-Entscheidung hat das Gericht zwar nicht ausdrücklich revidiert, implizit aber wesentliche Punkte korrigiert und damit für mehr Klarheit bei der Auslegung eines einheitlichen Begriffs der „öffentlichen Wiedergabe“ im europäischen Urheberrecht gesorgt.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte in Folge der Zahnarztpraxen-Entscheidung des EuGH eine „öffentliche Wiedergabe“ von Radiosendungen in Wartezimmern von Zahnarztpraxen ebenfalls abgelehnt, ebenso in einem früheren Urteil für die Kabelweitersendung innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft (Urteilskommentar hier). Unionsrechtlich ist ein derart restriktiver Ansatz jedenfalls für künftige Sachverhalte nicht (mehr) veranlasst.

(25. Juli 2016)